Berlin. Deutschland schneidet in einer Befragung unter internationalen Mitarbeitern nur mittelmäßig ab. Überraschend sind die Spitzenplätze.

Wieder einmal typisch, dieser deutsche Sommer, zumindest aus Sicht von ausländischen Fachkräften. Viel mehr als das Wetter an sich stört internationale Mitarbeiter, sogenannte Expats, in der Bundesrepublik jedoch, wie sehr sich die nasskalte Witterung auf das Gemüt der Einwohner überträgt: Die Deutschen, so ihre Wahrnehmung, sind unterkühlt und reserviert – und machen Deutschland für Expats zu einem der eher weniger gastfreundlichen Länder, wie eine Studie des Unternehmens InterNations ergab.

InterNations ist nach eigenen Angaben das größte soziale Netzwerk für Expats und befragte mehr als 12.500 Mitglieder in 65 Ländern, darunter rund 800 in Deutschland. Die Bundesrepu­blik schneidet dabei unter ausländischen Fachkräften vor allem in Sachen Gastlichkeit schlecht ab. In Bezug auf die Eingewöhnung im Gastland liegt Deutschland auf Platz 56 von 65 Nationen.

Sprachbarriere ist ein Problem

Fast sieben von zehn Expats beschreiben Deutsche als reserviert, 58 Prozent von ihnen fällt es schwer, deutsche Freunde zu finden (Platz 59). Jeder Dritte fühlt sich überhaupt nicht zu Hause. „Deutschland kämpft sehr damit, dass es nicht leicht ist, sich hierzulande einzuleben“, sagt der InterNations-Gründer und Chef Malte Zeeck.

Die Schuld dafür geben viele der befragten Ausländer der Sprache, fast sieben von zehn sagen, Deutsch sei schwer zu lernen. Mehr als ein Drittel gibt daher an, vor allem mit anderen Expats befreundet zu sein.

US-Amerikaner und Briten zieht es nach Deutschland

Expats, die aus dem Englischen übernommene Kurzform von „expatriate“, bezeichnete ursprünglich Angestellte, die von ihrem Unternehmen ins Ausland entsandt wurden. Mittlerweile hat sich die Bedeutung des Begriffs stark gewandelt, viele Expats wurden nicht von ihrer Firma geschickt, sondern gehen zum Studium, der Liebe oder Karriere wegen auf eigene Faust ins Ausland. Gemeinsam ist ihnen ihre gute Ausbildung.

Das zeigt sich auch bei den befragten Expats in Deutschland: Rund drei von vier Befragten verfügen über einen Hochschulabschluss. 15 Prozent sind Ingenieure, 14 Prozent arbeiten als IT-Fachkräfte, im Bildungsbereich verdienen elf Prozent ihr Einkommen, jeder Zehnte arbeitet im Marketing. Unter den 800 Studienteilnehmern in Deutschland bilden Amerikaner mit 20 Prozent die größte Gruppe, elf Prozent sind Briten, aus Indien und Italien stammen je fünf Prozent.

Bahrain überraschend an der Spitze

Die drei am besten bewerteten Länder der Studie sind Bahrain, Costa Rica und Mexiko. Deutschland fällt im internationalen Vergleich zurück. Bei der ersten Erhebung 2014 landete die Bundesrepublik noch auf Rang zwölf, nach Platz 17 im vergangenen Jahr reichte es 2017 nur noch zu Platz 23 von 65 Gastgeberländern.

Grund seien vor allem die verschlechterten Bedingungen für Familien, sagt Zeeck. „Die Leute sind unzufrieden mit der Kinderbetreuung.“ Wie ihren deutschen Mitbürgern falle es auch ihnen immer schwerer, einen Kitaplatz zu finden.

Trump-Wahl und Brexit machen sich bemerkbar

Ein weiteres Manko aus Sicht der Befragten: die Lebenshaltungskosten. „Hier hat sich Deutschland kontinuierlich verschlechtert“, sagt Zeeck. Besonders die stark gestiegenen Mietpreise in den Großstädten, wo die meisten Expats wohnten, hätten die Ausgaben in die Höhe getrieben.

Dass die Bundesrepublik im Ranking dennoch im oberen Mittelfeld landet, liegt vor allem an ihrer wirtschaftlichen Stärke. Die Wirtschaft in Deutschland brummt unvermindert und schafft gut bezahlte, sichere Arbeitsplätze. Auch die stabile politische Lage stimmt sie positiv. Davon kann in anderen westlichen Ländern keine Rede sein: Die USA fallen nach der Trump-Wahl in diesem Jahr um 17 Plätze auf Rang 43, die Folgen des Brexit lassen Großbritannien um 21 Ränge auf Platz 54 abstürzen.