Berlin. Industrie und Verband dementieren Ablösegerüchte um den VDA-Präsidenten Wissmann. Sie stellen sich sogar hinter den Autolobbyisten.

Wie immer ist sein Auftritt selbstbewusst. Zwei Wochen vor der Internationalen Automobilausstellung preist Matthias Wissmann am Donnerstag in einer Pressekonferenz im Internet die Besonderheiten der 67. IAA, die am 14. September in Frankfurt eröffnet wird. 15 Minuten lang zählt der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA) die Höhepunkte der Messe auf.

Wissmann verspricht mindestens 300 Welt- und Europapremieren, die von rund 1000 Ausstellern – darunter mehr als 50 Autobauern – vorgestellt werden sollen. Dass einige renommierte Hersteller fehlen, lässt den Präsidenten nicht bange werden. Vielmehr gehe er davon aus, dass einige von ihnen das nächste Mal wieder an Bord sein dürften, so Wissmann: „Es wird eine tolle und spannende IAA.“

Diesel-Affäre sorgte für Unstimmigkeiten

Die Journalisten reichen ihre Fragen bei der Web-Konferenz, die ins Chinesische und Englische simultan übersetzt wird, per E-Mail ein. Offenbar werden aber nicht alle Fragen vorgelesen. Nachfragen zu seiner Person, die an diesem Tag besonders interessierten, werden gar nicht erst vorgetragen. So hatte am Vormittag ein Gerücht die Runde gemacht, der 68-Jährige stehe vor der Ablösung als VDA-Präsident. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland berief sich dabei auf Industriekreise und meldete, dass Daimler-Chef Dieter Zetsche bereits die Suche nach einer neuen Verbandsspitze koordiniere.

Der Wechsel werde nach der Bundestagswahl erfolgen. Mit einer personellen und inhaltlichen Neuaufstellung beim VDA solle die weitere Debatte um Verbrennungsmotoren und Fahrverbote bestritten werden. Im Zuge der Diesel-Affäre war es zu internen und teils auch öffentlich gewordenen Unstimmigkeiten gekommen.

Kartellverdacht zu Absprachen gegen die deutschen Autohersteller

Tatsächlich reagierte Zetsche jüngst verärgert über die Kommunikation des VDA, als ein Kartellverdacht zu Absprachen gegen die deutschen Autohersteller auftauchte. Der VDA hatte hier eine konsequente Aufklärung und einen Kulturwandel gefordert. Ein „Surfen in rechtlichen Grauzonen“ sei inakzeptabel. Zetsche zeigte sich über Wissmanns damalige Äußerungen überrascht.

Doch schon kurz nach der Veröffentlichung der angeblichen Ablösung hagelte es Dementis. „Wir stehen hinter Matthias Wissmann und unterstützen voll seinen Kurs“, sagte VDA-Vizepräsident Arndt G. Kirchhoff dieser Redaktion. „Als Vizepräsident des VDA bin ich für rund 600 Zulieferunternehmen zuständig. Wenn an den falschen Gerüchten etwas dran wäre, würde ich es wissen. Das ist frei erfunden.“ Auch BMW, Daimler und Volkswagen stellten sich voll hinter Wissmann. „Wir haben volles Vertrauen in Herrn Wissmann. Alles Weitere ist für uns kein Thema“, sagte BMW-Vorstandschef Harald Krüger.

Wissmanns Vertrag läuft im Jahr 2018 aus

Nicht ausgeschlossen ist, dass hinter den Kulissen tatsächlich bereits ein Nachfolger für Wissmann gesucht wird. Dies wäre üblich und an der Zeit, zumal Wissmanns Vertrag 2018 ausläuft und er mit dann 69 Jahren durchaus an ein Ende seiner Amtszeit denken könnte. Der Jurist und CDU-Politiker war von 1993 bis 1998 Bundesverkehrsminister, hat gute Kontakte in die Politik und leitet den Verband seit zehn Jahren.

Zugleich ist der Wirbel um Wissmann aber auch ein Zeichen für „die große Unruhe“ in der Branche, meint der Autoexperte Stefan Bratzel. „Die Schuld für den Glaubwürdigkeitsverlust der Branche jedoch auf Herrn Wissmann oder den VDA zu schieben, ist zu kurz gegriffen. Die Autoindustrie bestimmt die Spielregeln, sie hat die Abgasmanipulationen zu verantworten.“ So braucht die Autoindustrie Bratzel zufolge einen Kulturwandel, wie ihn Wissmann gefordert hat. „Dass dies möglicherweise nicht so gut bei einigen Herstellern angekommen ist, zeigt, dass bei ihnen die Notwendigkeit für mehr Transparenz und Offenheit als Konsequenz aus der Diesel-Affäre noch immer nicht angekommen ist.“