Frankfurt/Main. Deutschland ist in Kauflaune: Der Konsumklima-Index befindet sich auf höchstem Stand seit 16 Jahren. Möbel und Reisen sind gefragt.

Die Bürger sind vor der Bundestagswahl in so guter Konsumstimmung wie seit rund 16 Jahren nicht mehr. Der von den GfK-Experten ermittelte Konsumklima-Index für September stieg überraschend um 0,1 auf 10,9 Punkte, wie die Nürnberger Marktforscher am Dienstag mitteilten.

Demnach geben die Deutschen vor allem Geld für Reisen aus. Die Zahl der „Kreuzfahrer“ etwa ist voriges Jahr um 11,8 Prozent auf 2,02 Millionen in Deutschland gestiegen. Auch Möbel und Haushaltsgeräte sind gefragt, so das Statistische Bundesamt. Und der Automarkt verunsichert zwar mit der Dieseldebatte, führt aber nicht zu Kaufzurückhaltung: Im ersten Halbjahr zählte das Kraftfahrt-Bundesamt 2,9 Prozent mehr Neuzulassungen, eben mehr Benziner als Diesel.

Grund für die Entwicklung sind die Einkommenserwartungen der Deutschen. „Noch nie seit der Wiedervereinigung waren die Einkommenserwartungen so gut wie im Moment“, sagt GfK-Volkswirt Rolf Bürkl: „Das hängt in erster Linie mit der Arbeitsmarktlage zusammen.“ Arbeitslosigkeit als Angstfaktor hat seinen Schrecken verloren, seit die Beschäftigung steigt und steigt. Auch die Einkommenszuwächse seien „immer noch relativ gut“, meint Bürkl.

„Eine nach wie vor sehr schwache Sparneigung“

Einen kleinen Dämpfer im neuesten Zahlenwerk der GfK aber gibt es doch. Seit April zeigten sich die Verbraucher optimistisch, dass die Konjunktur für weiteres Wachstum sorgen werde. Im August drehten die Konjunkturerwartungen, der entsprechende Teilindex sank sichtbar.

Wenn eine wichtige Branche wie die Autoindustrie unter dem Dieselskandal dauerhaft leiden sollte, „dann ist das etwas, was eine Konjunktureinschätzung eintrüben kann“, sagt Holger Bahr von der Deka-Bank. Und natürlich dämpften auch geopolitische Risiken, „sei es über Nordkorea, sei es über den amerikanischen Präsidenten und seine Amtsführung“, die Lagebeurteilung.

Doch hat das die Anschaffungsneigung, den dritten Faktor, den die GfK abfragt, nicht beeinträchtigt. „Trotz gemäßigter Konjunkturaussichten bleiben die Bundesbürger auch im August in bester Kauflaune“, zeigen die Daten der GfK. Dazu trage auch „eine nach wie vor sehr schwache Sparneigung“ bei. Sie verharre auch in diesem Sommer „weiter tief im Keller“. Das Statistische Bundesamt hatte für das zweite Quartal 2017 eine Sparquote von 9,4 Prozent gemessen. Im ganzen Jahr 2016 hatten die Deutschen 9,6 Prozent ihres verfügbaren Einkommens zur Seite gelegt.

Volkswirte bleiben optimistisch

Obwohl die gesamtwirtschaftliche Leistung schon das achte Jahr in Folge wächst, bleiben die Volkswirte optimistisch, dass es so weiter geht. „Das ändert nichts daran, dass wir sowohl für dieses als auch für nächstes Jahr eine fortgesetzte Erholung erwarten“, sagt Holger Bahr von der Deka-Bank. Ein anhaltend hoher privater Konsum ist dabei fest einkalkuliert.

So schätzt das auch Stefan Schneider, Chefvolkswirt Deutschland der Deutschen Bank, ein. Er setzt unter anderem auf die großen Lohnrunden, die zur kommenden Jahreswende etwa in der Metall- und Elektroindustrie sowie im öffentlichen Dienst anstehen und die vermutlich mit „recht ordentlichen Lohnzuwächsen“ enden werden. „Damit dürfte auch der private Verbrauch weiter eine Stütze des konjunkturellen Aufschwungs bleiben.“

Auf die Stimmung drücken könnte, dass die Zahl der Jobsucher nicht mehr sinken wird. Das berichtete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Hintergrund sei die wachsende Zahl von Flüchtlingen, die ihre Integrations- und Sprachkurse beendet hätten und nun auf den Arbeitsmarkt drängten.