Berlin. Es gibt Streit über den Überbrückungskredit für Air Berlin. Andere Fluggesellschaften ärgern sich über die Hilfe. Nicht ohne Grund.

Es ist Urlaubszeit, es ist Bundestagswahlkampf: Zwei Gründe, die sicherlich dazu geführt haben, dass die schwarz-rote Bundesregierung innerhalb weniger Tage eine erste Lösung für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin gefunden hat. Am Freitag hatte Etihad, der Großaktionär von Air Berlin, entschieden, die Airline aufzugeben, am Dienstag präsentierte die Bundesregierung mit der Insolvenz-Mitteilung den Überbrückungskredit in Höhe von 150 Millionen Euro. Dieser soll Air Berlin helfen, die nächsten drei Monate zu überstehen. Alle Flüge sollen weiter stattfinden, kein Urlauber mitten in der Sommerzeit in der Ferne festhängen, keiner der rund 8500 Mitarbeiter wenige Wochen vor der Bundestagswahl seinen Job verlieren.

So weit, so richtig, denn es hätte wohl keiner verstanden, wenn Zehntausende Reisende im Stich gelassen worden wären, weil das Benzin der Air-Berlin-Maschinen nicht mehr bezahlt werden kann. Auch wenn es verständlich ist, dass sich die irische Fluggesellschaft Ryanair über diese staatliche Millionen-Hilfe ärgert. Der Billigflieger hat noch große Pläne für Deutschland und Europa. Er drängt aggressiv auf den deutschen Markt und hat beispielsweise in Frankfurt am Main, dem Hub der Lufthansa, schon Slots – sehr zum Ärger der Lufthansa – bekommen.

Chance für die britische Fluggesellschaft EasyJet

Und Ryanair weiß auch, dass die deutschen Gewerkschaften und Politiker die Fluglinie wegen ihrer niedrigeren Sozialstandards lieber außen vor sähen. Dann, so das Kalkül der Bundesregierung, besser die Lufthansa stärken. Auch Easyjet ist offensichtlich in den Verhandlungen um Air Berlin dabei, denn die Lufthansa wird aus kartellrechtlichen Gründen nicht alle Strecken von Air Berlin übernehmen können, wird das auch gar nicht wollen. Das wiederum ist die Chance für die britische Fluggesellschaft, die zudem nach der Brexit-Entscheidung in Österreich schon eine EU-Lizenz bekommen hat. Sollte Easyjet künftig Wien zum neuen Drehkreuz machen, wäre Deutschland nach Einschätzung von Experten für sie sehr wichtig.

So ist das Geschacher um Air Berlin schon in vollem Gang, offensichtlich, glaubt man den Worten von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), schon seit Längerem. Lufthansa hat, so hieß es am Mittwoch, besonders großes Interesse an Düsseldorf, dem zweiten Standort von Air Berlin – neben Tegel in Berlin. Nordrhein-Westfalen mit mehr als 17 Millionen Einwohnern ist für die Airlines ein überaus interessantes Einzugsgebiet. Sollte es also tatsächlich zu einer Übernahme der Routen durch die Lufthansa beziehungsweise durch deren Tochter Eurowings und Easyjet kommen, dann wäre Ryanair erst einmal der große Verlierer.

Lufthansa wollte noch nie ein Drehkreuz in Berlin einrichten

Die Bundesregierung wies die Vorwürfe von Ryanair am Mittwoch zurück – und erklärte zu Recht: Ein Kredit ist ein Kredit. Der muss einmal zurückbezahlt werden, von welcher Nachfolge-Airline auch immer. Auch wenn einige Politiker zu wissen meinen, dass es dazu nie kommen werde. Viel berechtigter scheinen die Zweifel, ob 150 Millionen Euro wirklich für drei lange Monate ausreichen werden. Oder doch nur für ein paar Wochen Übergangszeit? Dann müsste es jetzt ganz schön schnell gehen mit der Aufteilung von Air Berlin.

Und was bedeutet das alles für den Hauptstadflughafen BER? Lufthansa hatte noch nie ein Interesse, in Berlin ein Drehkreuz einzurichten. Glaubt man den Experten, hat das Aus von Air Berlin aber keine Auswirkungen. Das Wachstum in Berlin werde weitergehen, die Zahl der Passagiere auch ohne Air Berlin weiter steigen, hieß es. Kein Grund zur Sorge also? Nun ja: Der BER ist immer noch nicht eröffnet.