Peking. Apple will in China expandieren – mit einer asiatischen Managerin an der Spitze. Das Land ist nach den USA der größte Absatzmarkt.

Vor fünf Jahren war China für Apple noch ein Nischenmarkt. Der US-Konzern ließ damals zwar seine iPhones, iPads und Macs von Zuliefererfirmen in der Volksrepublik zusammensetzen. Doch neue Geräte kamen im Reich der Mitte erst viele Monate später auf den Markt als etwa in den USA, Japan oder Europa. Die Chinesen waren für den Tech-Konzern aus Cupertino damals einfach noch nicht wichtig.

Doch diese Praxis ist Vergangenheit. Wenn Apple heute ein neues Produkt vorstellt, dann zählt China zu den ersten Ländern, in denen die Geräte zu erhalten sind. Seit 2015 ist das bevölkerungsreichste Land Apples größter Absatzmarkt nach den USA. Rund ein Fünftel seiner Gewinne generiert Apple in der Volksrepublik. Und um zu betonen, wie wichtig der Konzern die chinesische Kundschaft nimmt, hat Apple erstmals eine China-Chefin ernannt.

Bisher nur wenige Chinesen in hohen Positionen

Die bisherige Vizepräsidentin des Konzerns, Isabel Ge Mahe, wird ab sofort von Shanghai aus alle Geschäfte im Großraum China leiten – inklusive Hongkong und Taiwan. Die 43-Jährige ist unmittelbar Apple-Chef Tim Cook unterstellt. „Apple will weiterhin intensiv in China investieren und wachsen. Wir sind daher voller Vorfreude, dass Isabel ihre Erfahrung und Führungsqualitäten in unser China-Team bringen wird“, sagte Cook.

Apple beschäftigt bislang in seiner Firmenzentrale im kalifornischen Cupertino zwar viele Chinesen. Doch zumeist besetzen diese Jobs in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Ge ist eine der wenigen Chinesinnen, die es im Silicon Valley auf eine so hohe Position geschafft hat. Geboren in der nordostchinesischen Stadt Shenyang – in der von Schwerindustrie belasteten Provinz Liaoning – gelang es ihr als Jahrgangsbeste in den 1990er-Jahren ein Auslandsstudium in Kanada aufzunehmen.

China gilt als besonders schwieriger Markt

Damals schafften dies nur wenige Chinesinnen. Später wechselte sie zur Promotion an die renommierte University of California nach Berkeley. Dort knüpfte sie Kontakt zur Szene im Silicon Valley. 2014 wurde Ge vom Techmagazin „Paste“ zur vierteinflussreichsten Frau in der Tech-Szene gekürt. Seit neun Jahren ist Ge für den für Apple wichtigen Bereich „Drahtlose Technologie“ zuständig, seit einiger Zeit ist sie dort auch Leiterin. Ihr Team entwickelt unter anderem die Mobilfunk-Technologie, WiFi, Bluetooth und andere drahtlose Technologien. Diese spielen in nahezu jedem Apple-Produkt eine relevante Rolle.

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    Auch Apple Pay, CarPlay und HomeKit geht auf die Entwicklung von Ge und ihrem Team zurück. China gilt als ein besonders schwieriger Markt. Denn die Konkurrenz ist dort groß. Binnen wenigen Jahren haben sich Bezahlsysteme übers Smartphone etabliert. Mehr als drei Viertel der chinesischen Smartphone-Nutzer bezahlen weitgehend über Barcode-Scanner auf ihren Smartphones. WeChat Pay und Alipay dominieren mit großem Abstand diesen Markt. Apple hinkt in dem Bereich massiv hinterher. Ge war zuletzt dafür zuständig, Apple Pay im Reich der Mitte zu etablieren.

    Verkauf von iPhones ist in China zurückgegangen

    Ges Ernennung zu Apples neuer China-Chefin dürfte deshalb auch aus der Not geboren sein. Der Umsatz in China sank im dritten Quartal auf acht Milliarden US-Dollar. Dies bedeutet einen Rückgang von rund zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Marktanteil des iPhone in China sank zudem zuletzt auf unter zehn Prozent. Bereits in den letzten Quartalen ist der Verkauf von iPhones und iPads im Reich der Mitte deutlich zurückgegangen. Einen wesentlichen Grund dafür sehen Experten darin, dass Apple sein Angebot bislang vor allem im Software-Bereich nicht ausreichend auf die chinesische Kundschaft ausgerichtet hat.

    Isabel Ge hat mit ihrem Team an der Entwicklung von speziellen Funktionen für China gearbeitet. Auch an dem neuen QR-Code-Scanner, den es nun mit dem Update IOS 11 auf iPhones gibt, war sie maßgeblich beteiligt. Nun muss sie sich um den gesamten chinesischen Markt kümmern. Sie spricht fließend Chinesisch und dürfte die meisten Besonderheiten der chinesischen Konsumenten kennen. Und doch könnte die neue Aufgabe auch für sie schwierig werden.

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      Chinesische Marken stehen nicht für Billigprodukte

      Denn chinesische Hersteller wie Xiaomi oder Huawei können längst konkurrieren. Technisch bringen sie ausgereifte Geräte auf den Markt und auch beim Design gibt es große Fortschritte. Das jüngste Xiaomi-Smartphone hat mit seinem schlichten bruchsicheren dunklen Glas aus einem Guss einen Meilenstein gesetzt. Und Huawei punktet bei seinen Geräten mit Kameras, die vom deutschen Hersteller Leica mitentwickelt wurden. Chinesische Marken stehen auch im Ausland nicht mehr nur für Billigprodukte. Apple hat erkannt, dass neue Technologie-Trends zunehmend aus dem Reich der Mitte kommen.

      Beim chinesischen App-basierten Leihrädergeschäft hat sich Apple schon eingekauft, ebenso wie in einer Reihe von weiteren chinesischen Tech-Unternehmen. Zudem kündigte Apple im Juli den Bau seines ersten Datenzentrums in der südchinesischen Provinz Guizhou an, um Chinas neuem Datensicherheitsgesetz zu genügen, das Speicherung im Ausland künftig untersagt. Denn auch das gehört zum China-Geschäft: Ein gutes Verhältnis zur autoritären chinesischen Führung. Eine Chinesin an der Spitze eines Weltkonzerns, die sich ausschließlich um die China-Belange kümmert – das sieht Peking gern.