Nikosia. Zyperns Regierung will mit dem größtem Spielkasino Europas für Wachstum sorgen. Aus der Pleite-Insel soll ein neues Las Vegas werden.

Die Finanzkrise hat Zypern erstaunlich schnell gemeistert. Jetzt will die konservative Regierung mit Europas größtem Spielkasino für nachhaltiges Wachstum sorgen. Im Frühjahr 2013 stürzte der griechische Süden Zyperns in die schwerste Krise seit der Inselteilung 1974. Das Bankensystem stand vor dem Zusammenbruch. Erstmals in einem Euro-Land mussten die Einleger bluten: Guthaben von mehr als 100.000 Euro wurden zu 47,5 Prozent in nahezu wertlose Aktien umgewandelt.

Vier Jahre später scheint die Krise fast vergessen. Die Banken sind stabilisiert, die Kapitalkontrollen aufgehoben. Die Touristenzahlen stiegen in den ersten sechs Monaten um 17 Prozent. Im ersten Quartal 2017 wuchs die zyprische Wirtschaft um 3,3 Prozent, die Beschäftigung nahm gegenüber dem Vorjahr sogar um 3,4 Prozent zu. Finanzminister Harris Georgiades erwartet für dieses Jahr ein Plus von rund drei Prozent. „Am wichtigsten ist, dass dieses Wachstum so nachhaltig ist wie nie zuvor“, unterstreicht der Minister.

Kasino soll über 136 Spieltische und 1200 Automaten anbieten

Manche sprechen schon von einem „Wunder von Zypern“. Es manifestiert sich vor allem in der Hafenstadt Limassol. Millionenschwere Jachten liegen in der neu gebauten Marina. In den Cafés und Restaurants pulsiert das Leben. 36 Stockwerke wird der im Bau befindliche Wohnturm „One“ aufragen, das höchste Gebäude der Insel. Die 84 Luxus-Apartments werden zu Quadratmeterpreisen von rund 15.000 Euro angeboten.

In Kürze kann Limassol mit einer neuen Attraktion aufwarten: Ende Juni erhielt ein chinesisch-amerikanisches Konsortium die Konzession zum Bau und Betrieb des größten integrierten Kasino-Resorts in Europa. Die Investitionssumme wird sich auf rund 500 Millionen Euro belaufen.

Das Kasino soll über 136 Spieltische und 1200 Automaten verfügen. Zu dem Komplex gehören auch ein Fünf-Sterne-Hotel mit 500 Zimmern, eine Konferenz- und Konzerthalle für 1500 Menschen, eine 4000 Quadratmeter große Wellness-Oase sowie ein Shopping Center mit Luxus-Boutiquen. Ein Außenbereich mit einer Pool-Landschaft, Wasserspielen und Palmen soll für einen Hauch von Las Vegas im östlichen Mittelmeer sorgen.

Für Zypern ist der Kasino-Bau ein Meilenstein

Luxusjachten und ein Porsche: In Limassol ist nichts mehr zu sehen von der zyprischen Finanzkrise.
Luxusjachten und ein Porsche: In Limassol ist nichts mehr zu sehen von der zyprischen Finanzkrise. © imago stock&people | imago stock&people

„Es ist das bedeutendste Projekt, das Zypern in den zurückliegenden Jahrzehnten gesehen hat“, sagt Handels- und Tourismusminister Yiorgos Lakkotrypis. Er verspricht sich von dem Kasino-Resort pro Jahr 300.000 bis 500.000 zusätzliche ausländische Touristen und eine bessere Auslastung der Hotelkapazitäten in den Wintermonaten. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr kamen 3,2 Millionen Urlauber auf die Insel.

Neben dem Tourismus, der etwa ein Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Zyperns beiträgt, sind Finanzdienstleistungen eine wichtige Säule der zyprischen Wirtschaft. Vor der Krise galt Zypern als Steueroase und Schwarzgeld-Waschsalon. Solchen zwielichtigen Geschäften hat die Regierung abgeschworen. Das war die Bedingung für das 2013 geschnürte Rettungspaket, das die Insel vor dem Untergang bewahrte.

Geldwäsche soll weiter bekämpft werden

Auch nach Abarbeitung der Reform-Auflagen und erfolgreichem Abschluss des Anpassungsprogramms bleibt Zypern unter Aufsicht der Euro-Partner. Die Sorge, mit dem Kasino-Projekt falle Zypern in alte, schlechte Angewohnheiten zurück, sei deshalb unbegründet, heißt es in Regierungskreisen. Die Regeln zur Bekämpfung der Geldwäsche würden auch im Kasino-Betrieb streng eingehalten.

Der Staat lässt sich die Konzession in den ersten vier Jahren mit 2,5 Millionen Euro, danach mit fünf Millionen pro Jahr bezahlen. Sie läuft über 30 Jahre, für die ersten 15 Jahre haben die Betreiber ein Monopol. Der Bruttospielertrag wird mit 15 Prozent besteuert, was sehr wenig ist. In europäischen Ländern sind Sätze von 35 bis 80 Prozent üblich. Finanzminister Georgiades erwartet Steuer-Mehreinnahmen von rund 100 Millionen Euro im Jahr. Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte könnten die Einnahmen aus dem Tourismus dank des Glücksspiels um 450 Millionen Euro im Jahr steigen.

700 Millionen Dollar Glücksspiel-Umsatz pro Jahr

Dass Glücksspiel auf Zypern ein lohnendes Geschäft sein kann, zeigt ein Blick in den Inselnorden, der seit 1974 von der Türkei besetzt ist. In der international geächteten „Türkischen Republik Nordzypern“ gibt es etwa zwei Dutzend Spielbanken. Die Branche setzt Schätzungen zufolge pro Jahr mindestens 700 Millionen Dollar um. Sogar Chinesen, die weltweit als die besten Kasino-Kunden gelten, sowie Spieler aus den Golfstaaten und dem Libanon sind in Nordzypern häufig gesehene Gäste.

Auch viele griechische Zyprer zieht es abends zu den Kasinos jenseits der Demarkationslinie. Künftig können sie ihrer Leidenschaft auch im Süden frönen. Neben dem Komplex in Limassol hat der Betreiber Konzessionen zum Betrieb von „Satelliten“-Kasinos in der Hauptstadt Nikosia sowie den Küstenorten Larnaca und Paphos. Hotel, Konferenzzentrum und Spielbank in Limassol sollen Anfang 2020 fertig werden, aber noch vor Ende dieses Jahres soll der Spielbetrieb in Nikosia beginnen.