Berlin. Deutschlands Arbeitswelt wird offenbar immer toleranter. Das führt dazu, dass sich mehr Schwule und Lesben auf der Arbeit outen wollen.

Die Zahl der homosexuellen Beschäftigten, die am Arbeitsplatz offen mit ihrer sexuellen Identität umgehen, hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Das ergab eine Befragung, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes am Mittwoch in Berlin vorstellte. Danach reden knapp 30 Prozent der Befragten mit allen Kollegen offen über dieses Thema. 2007 waren es nur knapp 13 Prozent.

Ebenfalls rund 30 Prozent sprechen indes mit niemandem oder nur sehr wenigen Kollegen am Arbeitsplatz über ihre sexuelle Identität. Gegenüber 2007 sind es aber deutlich weniger. Vor zehn Jahren hatten mehr als die Hälfte (52 Prozent) das Thema komplett gemieden. Das restliche Drittel der Beschäftigten wählt aus, mit wem es über seine sexuelle Identität spricht. Auch die Offenheit gegenüber Führungskräften nimmt zu.

Erfahrung mit Diskriminierung haben dennoch die meisten

Trotz der größeren Offenheit hat sich hingegen beim Thema Diskriminierung fast nichts verändert. Wie schon vor zehn Jahren gaben immer noch Dreiviertel der Befragten an, schon Diskriminierungserfahrungen gemacht zu haben. Knapp 40 Prozent berichteten von sexueller Belästigung, 43 Prozent fühlten sich durch das Verhalten ihrer Kollegen ausgeschlossen.

Sie standen für Rechte Homosexueller ein

Der deutsche Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld (rechts), hier im Bild mit einem chinesischen Mediziner im Jahr 1929, lebte von 1868 bis 1935 und gilt als Mitbegründer der ersten Homosexuellen-Bewegung. Er war Vorsitzender des von ihm mitgegründeten „Wissenschaftlich-humanitäre Komitees“, das sich zum Ziel gesetzt hatte, sexuelle Handlungen zwischen Männern zu entkriminalisieren.
Der deutsche Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld (rechts), hier im Bild mit einem chinesischen Mediziner im Jahr 1929, lebte von 1868 bis 1935 und gilt als Mitbegründer der ersten Homosexuellen-Bewegung. Er war Vorsitzender des von ihm mitgegründeten „Wissenschaftlich-humanitäre Komitees“, das sich zum Ziel gesetzt hatte, sexuelle Handlungen zwischen Männern zu entkriminalisieren. © CC By JonnyNord | CC By JonnyNord
Noch ein wenig früher kämpfte Karl Heinrich Ulrichs (1825-1895) für die Rechte von Homosexuellen. Der deutsche Jurist, Journalist und Schriftsteller bekannte sich selbst öffentlich zu seiner Homosexualität – damals ein unerhörter Vorgang. Er forschte und publizierte zu gleichgeschlechtlicher Liebe und propagierte die Ehe zwischen Männern.
Noch ein wenig früher kämpfte Karl Heinrich Ulrichs (1825-1895) für die Rechte von Homosexuellen. Der deutsche Jurist, Journalist und Schriftsteller bekannte sich selbst öffentlich zu seiner Homosexualität – damals ein unerhörter Vorgang. Er forschte und publizierte zu gleichgeschlechtlicher Liebe und propagierte die Ehe zwischen Männern. © Gemeinfrei | Wikipedia
Harvey Milk (1930-1978) war der erste US-Politiker, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Homosexuelle Handlungen standen damals in fast allen US-Bundesstaaten noch unter Strafe. Der Bürgerrechtler engagierte sich in der Schwulen- und Lesbenbewegung. Im Jahr 1978 wurden Harvey Milk und der damalige Bürgermeister George Moscone im Rathaus von San Francisco von einem Stadtrat erschossen. Im Mai 2014 wurde ihm zu Ehren eine Briefmarke veröffentlicht.
Harvey Milk (1930-1978) war der erste US-Politiker, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Homosexuelle Handlungen standen damals in fast allen US-Bundesstaaten noch unter Strafe. Der Bürgerrechtler engagierte sich in der Schwulen- und Lesbenbewegung. Im Jahr 1978 wurden Harvey Milk und der damalige Bürgermeister George Moscone im Rathaus von San Francisco von einem Stadtrat erschossen. Im Mai 2014 wurde ihm zu Ehren eine Briefmarke veröffentlicht. © imago/UPI Photo | imago stock&people
Am 35. Todestag von Harvey Milk feierten die Menschen in San Francisco eine Gedenkfeier zu Ehren des ermordeten Bürgerrechtlers und des ebenfalls getöteten  Bürgermeisters von San Francisco. Sie hielten Regenschirme in Regenbogenfarben und Milk-Plakate in die Luft.
Am 35. Todestag von Harvey Milk feierten die Menschen in San Francisco eine Gedenkfeier zu Ehren des ermordeten Bürgerrechtlers und des ebenfalls getöteten Bürgermeisters von San Francisco. Sie hielten Regenschirme in Regenbogenfarben und Milk-Plakate in die Luft. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Rosa von Praunheim (rechts), geboren als Holger Radtke, hier in Begleitung seines Lebensgefährten Oliver Sechting: Bis in die 1990er Jahre hinein galt der Regisseur als einer der entscheidenden Köpfe der deutschen Schwulenbewegung. Sein Dokumentarfilm „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (1971) ebnete der Homosexuellenbewegung den Weg.
Rosa von Praunheim (rechts), geboren als Holger Radtke, hier in Begleitung seines Lebensgefährten Oliver Sechting: Bis in die 1990er Jahre hinein galt der Regisseur als einer der entscheidenden Köpfe der deutschen Schwulenbewegung. Sein Dokumentarfilm „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (1971) ebnete der Homosexuellenbewegung den Weg. © imago/Seeliger | imago stock&people
1995 erschien der Film „Neurosia – 50 Jahre pervers“, von Praunheims Autobiografie.
1995 erschien der Film „Neurosia – 50 Jahre pervers“, von Praunheims Autobiografie. © imago/United Archives | imago stock&people
Im NDR-Talk sprach von Praunheim 1992 auch mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder über die Ziele der Homosexuellen-Bewegung.
Im NDR-Talk sprach von Praunheim 1992 auch mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder über die Ziele der Homosexuellen-Bewegung. © imago stock&people | imago stock&people
Als eine Identifikationsfigur der Homosexuellen galt in den 1970er und 1980er Jahren auch der britische Schauspieler und Exzentriker Quentin Crisp. Crisp trat stets geschminkt und weiblich gestylt auf. Im Film „Orlando“ (1992) spielte er die Rolle der Queen Elizabeth.
Als eine Identifikationsfigur der Homosexuellen galt in den 1970er und 1980er Jahren auch der britische Schauspieler und Exzentriker Quentin Crisp. Crisp trat stets geschminkt und weiblich gestylt auf. Im Film „Orlando“ (1992) spielte er die Rolle der Queen Elizabeth. © imago stock&people | imago stock&people
Die Komikerin und Moderatorin Hella von Sinnen trat vor allem in den 1990er Jahren für Rechte von Homosexuellen ein. Sie und ihre Ex-Partnerin Cornelia Scheel nahmen unter anderem 1992 an der „Aktion Standesamt“ des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD)teil, bei der Hunderte gleichgeschlechtliche Paare bei Standesämtern das Aufgebot bestellten.
Die Komikerin und Moderatorin Hella von Sinnen trat vor allem in den 1990er Jahren für Rechte von Homosexuellen ein. Sie und ihre Ex-Partnerin Cornelia Scheel nahmen unter anderem 1992 an der „Aktion Standesamt“ des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD)teil, bei der Hunderte gleichgeschlechtliche Paare bei Standesämtern das Aufgebot bestellten. © imago stock&people | imago stock&people
Wie Hella von Sinnen engagierte sich auch der Komiker, Schauspieler und Moderator Dirk Bach für den Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland. 1999 ehelichte in den USA seinen langjährigen Lebensgefährten, auch wenn die Ehe in Deutschland keine Gültigkeit besaß. Ebenso setzte er sich für den Kampf gegen Aids ein. Unter anderem war er Ehren- und Beiratsmitglied der AIDS-Hilfe Köln.
Wie Hella von Sinnen engagierte sich auch der Komiker, Schauspieler und Moderator Dirk Bach für den Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland. 1999 ehelichte in den USA seinen langjährigen Lebensgefährten, auch wenn die Ehe in Deutschland keine Gültigkeit besaß. Ebenso setzte er sich für den Kampf gegen Aids ein. Unter anderem war er Ehren- und Beiratsmitglied der AIDS-Hilfe Köln. © imago | imago
Dirk Bach wurde am 1. Oktober 2012 tot in einem Berliner Hotel aufgefunden, er war an Herzversagen gestorben. Seine Urne liegt in Köln begraben.
Dirk Bach wurde am 1. Oktober 2012 tot in einem Berliner Hotel aufgefunden, er war an Herzversagen gestorben. Seine Urne liegt in Köln begraben. © imago stock&people | imago stock&people
Die Schauspielerinnen Ellen DeGeneres und Portia de Rossi, hier beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon 2016, sind seit 2004 ein Paar und seit August 2008 verheiratet. Einen Tag, nachdem das in Kalifornien das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen aufgehoben wurde, machte DeGeneres ihren Heiratswunsch in ihrer TV-Sendung bekannt. Schon mit ihrem Coming-Out hatte sie das Thema in die Öffentlichkeit gerückt. In der Sitcom „Ellen“, in der sie die gleichnamige Hauptrolle spielte, bekannte sie sich zu ihrer Homosexualität.
Die Schauspielerinnen Ellen DeGeneres und Portia de Rossi, hier beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon 2016, sind seit 2004 ein Paar und seit August 2008 verheiratet. Einen Tag, nachdem das in Kalifornien das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen aufgehoben wurde, machte DeGeneres ihren Heiratswunsch in ihrer TV-Sendung bekannt. Schon mit ihrem Coming-Out hatte sie das Thema in die Öffentlichkeit gerückt. In der Sitcom „Ellen“, in der sie die gleichnamige Hauptrolle spielte, bekannte sie sich zu ihrer Homosexualität. © imago/i Images | imago stock&people
Oscarpreisträgerin Jodie Foster bekannte sich Ende 2007 zu ihrer langjährigen Lebensgefährtin Cydney Bernard. Die beiden trennten sich 2008. Seit 2013 ist Foster mit der Schauspielerin Alexandra Hedison liiert, die sie im April 2014 dann auch heiratete.
Oscarpreisträgerin Jodie Foster bekannte sich Ende 2007 zu ihrer langjährigen Lebensgefährtin Cydney Bernard. Die beiden trennten sich 2008. Seit 2013 ist Foster mit der Schauspielerin Alexandra Hedison liiert, die sie im April 2014 dann auch heiratete. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (rechts), war 2001 der erste Spitzenpolitiker, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte. Sein Coming-Out kurz vor dem Wahlkampf um das Bürgermeisteramt wurde bundesweit wahrgenommen und als „Befreiungsschlag“ gefeiert. „Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“, hatte Wowereit auf dem SPD-Sonderparteitag am 10. Juni 2001 gesagt. Seit 1993 ist Wowereit mit dem Neurochirurgen Jörn Kubicki (links) liiert.
Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (rechts), war 2001 der erste Spitzenpolitiker, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte. Sein Coming-Out kurz vor dem Wahlkampf um das Bürgermeisteramt wurde bundesweit wahrgenommen und als „Befreiungsschlag“ gefeiert. „Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“, hatte Wowereit auf dem SPD-Sonderparteitag am 10. Juni 2001 gesagt. Seit 1993 ist Wowereit mit dem Neurochirurgen Jörn Kubicki (links) liiert. © imago/pixelpress | imago stock&people
Der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle (rechts) machte seine Homosexualität öffentlich, als er 2004 mit seinem langjährigen Partner Michael Mronz (links) zur Feier des 50. Geburtstags von Angela Merkel erschien. Allerdings hatte der im März 2016 verstorbene FDP-Politiker auch zuvor kein Geheimnis daraus gemacht. Er war damit nach Klaus Wowereit und Ole von Beust der dritte Spitzenpolitiker, der seine Homosexualität bekannt machte. Mit Michael Mronz lebte Westerwelle seit 2003 zusammen, 2010 gingen die beiden eine Lebenspartnerschaft ein.
Der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle (rechts) machte seine Homosexualität öffentlich, als er 2004 mit seinem langjährigen Partner Michael Mronz (links) zur Feier des 50. Geburtstags von Angela Merkel erschien. Allerdings hatte der im März 2016 verstorbene FDP-Politiker auch zuvor kein Geheimnis daraus gemacht. Er war damit nach Klaus Wowereit und Ole von Beust der dritte Spitzenpolitiker, der seine Homosexualität bekannt machte. Mit Michael Mronz lebte Westerwelle seit 2003 zusammen, 2010 gingen die beiden eine Lebenspartnerschaft ein. © dpa | Jörg Carstensen
Der frühere Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger war 2014 der erste prominente deutsche Fußballprofi, der sich zu seiner Homosexualität bekannte. In einem Interview mit der „Zeit“ ließ er sich damals mit den Worten zitieren: „Ich äußere mich zu meiner Homosexualität. Ich möchte gern eine öffentliche Diskussion voranbringen – die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern.“ Hitzlsperger hatte zuvor seine aktive Karriere beendet. Seitdem gab es allerdings kein Coming-Out eines Profifußballers, obwohl Hitzlsperger für sein Coming-Out viel Zuspruch erfuhr.
Der frühere Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger war 2014 der erste prominente deutsche Fußballprofi, der sich zu seiner Homosexualität bekannte. In einem Interview mit der „Zeit“ ließ er sich damals mit den Worten zitieren: „Ich äußere mich zu meiner Homosexualität. Ich möchte gern eine öffentliche Diskussion voranbringen – die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern.“ Hitzlsperger hatte zuvor seine aktive Karriere beendet. Seitdem gab es allerdings kein Coming-Out eines Profifußballers, obwohl Hitzlsperger für sein Coming-Out viel Zuspruch erfuhr. © imago/Sven Simon | imago stock&people
Der Bundestag beschließt am 30. Juni 2017 ein Gesetz zur völligen Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Es ist eine historische Entscheidung. Grünen-Politiker Volker Beck hatte sich seit den 80er Jahren für die Rechte von Homosexuellen eingesetzt. 1992 wurde Beck bundesweit für seine Kampagne zur Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule bekannt. Die Einführung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft war nur ein Schritt zu seinem Ziel. Beck wird bei der Bundestagswahl 2017 nicht kandidieren. An seinem allerletzten Tag im Bundestag als Parlamentarier ist für ihn der Traum von der „Ehe für alle“ in Erfüllung gegangen.
Der Bundestag beschließt am 30. Juni 2017 ein Gesetz zur völligen Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Es ist eine historische Entscheidung. Grünen-Politiker Volker Beck hatte sich seit den 80er Jahren für die Rechte von Homosexuellen eingesetzt. 1992 wurde Beck bundesweit für seine Kampagne zur Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule bekannt. Die Einführung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft war nur ein Schritt zu seinem Ziel. Beck wird bei der Bundestagswahl 2017 nicht kandidieren. An seinem allerletzten Tag im Bundestag als Parlamentarier ist für ihn der Traum von der „Ehe für alle“ in Erfüllung gegangen. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
1/17

Für die Studie waren im Frühjahr 2884 lesbische, schwule, bisexuelle und Transgender-Personen befragt worden. Sie wurde vom Kölner Institut für Diversitiy- und Antidiskriminierungsforschung in Kooperation mit der Hochschule Fresenius erstellt und von der Antidiskriminierungsstelle gefördert. Die Erhebung ist die Neuauflage einer gleichnamigen Untersuchung aus dem Jahr 2007. (epd)