Berlin. Eine Studie zeigt: Die Vergütung der Auszubildenden unterscheidet sich je nach Branche und Bundesland um bis zu 299 Euro im Monat.

Wer die Weichen für seine Zukunft stellt, sollte nicht nur auf die richtige Berufswahl achten. Auch die Region ist entscheidend dafür, wie hoch die erste Bezahlung ausfällt. Denn die Vergütung der Auszubildenden unterscheidet sich je nach Branche und Bundesland zum Teil deutlich. „In der Regel wird in Westdeutschland besser bezahlt als im Osten, zudem ist ein Süd-Nord-Gefälle feststellbar. Die finanziellen Unterschiede betragen bis zu 299 Euro im Monat.“ Dies hat eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ergeben.

„Die Spannbreite reicht von 570 Euro im Kfz-Handwerk Thüringen im ersten Ausbildungsjahr bis zu 1580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe im vierten Ausbildungsjahr“, berichtet der WSI-Tarifexperte Thorsten Schulten dieser Zeitung. „Insgesamt zeigen die aktuellen Ausbildungsvergütungen ähnliche Differenzierungen wie die Tariflöhne“, so Schulten. Nur wenige Branchen – wie die Banken, Versicherungen, der öffentliche Dienst, die Druckindustrie oder die Deutsche Bahn – bezahlen ihre Auszubildenden bundesweit gleich.

Beliebteste Männerdomäne

Den größten regionalen Unterschied bei der Bezahlung von monatlich 299 Euro gibt es in der beliebtesten Männerdomäne – dem Kfz-Gewerbe. Dort erhalten Azubis im dritten Ausbildungsjahr in Baden-Württemberg 929 Euro im Monat, während es in Brandenburg nur 630 Euro sind. Zum Vergleich: In Berlin erhalten sie 660 Euro.

Aber auch im Einzelhandel, einer beliebten Frauendomäne, variieren die Vergütungen im dritten Ausbildungsjahr um bis zu 205 Euro. Sie bewegen sich zwischen 790 Euro in Mecklenburg-Vorpommern und 995 Euro in Hamburg – in Berlin gibt es 885 Euro. Im Hotel- und Gaststättengewerbe klafft eine Distanz von 270 Euro: So werden in Mecklenburg-Vorpommern nur 680 Euro bezahlt und in Bayern 950 Euro – in Berlin sind es 850 Euro.

Klarer Spitzenreiter

Die höchsten Zahlungen erhalten die Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie, der Chemischen Industrie, dem Bank- und Versicherungsgewerbe, der Druckindustrie sowie im öffentlichen Dienst. Klarer Spitzenreiter im ersten Ausbildungsjahr ist die Metall- und Elektroindustrie in Hamburg und Schleswig-Holstein mit 1004 Euro. Im dritten Ausbildungsjahr sind wiederum die Metall-Betriebe in Baden-Württemberg mit 1150 Euro am großzügigsten. Wer den gleichen Platz in Berlin hat, erhält 938 Euro im ersten, 1059 im dritten Ausbildungsjahr.

Gleich darauf folgen Banken, die ihre Azubis im ersten Jahr mit 976 Euro im Monat entlohnen, was sich bis zum dritten Azubi-Jahr auf 1100 Euro erhöht – und zwar bundesweit einheitlich. Versicherungen bezahlen 928 Euro (im dritten Jahr: 1087 Euro) pro Monat, der öffentliche Dienst 918 Euro (1014 Euro), die Druckindustrie 912 Euro (1014 Euro) und die Deutsche Bahn 881 Euro (1014 Euro).

Geringstes Entgelt

Ausbildungsvergütungen zwischen 700 und 900 Euro im ersten Jahr gibt es unter anderem in der Textilindustrie, im Verkehrsgewerbe sowie der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie. Das geringste Entgelt mit weniger als 700 Euro gibt es laut Studie hauptsächlich in einigen Branchen in Ostdeutschland.

Auch das Gebäudereinigerhandwerk zahlt sowohl im Osten wie im Westen nur ein kleines Geld – und zwar 605 Euro in den neuen und 670 Euro in den alten Bundesländern. „Die Ausbildungsvergütungen sind in einigen Branchen deutlich zu gering“, kritisiert Simon Habermaaß, Bundesjugendsekretär von Verdi. So müssten im Friseurhandwerk in Brandenburg Auszubildende mit 185 Euro im Monat über die Runden kommen. „Das ist ein Skandal.“ Der Gewerkschafter fordert deshalb „eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung als Haltelinie“, sagte Habermaaß dieser Zeitung.

Beliebteste Ausbildung

Diese sollte mindestens der relativen Armutsgrenze entsprechen, also bei 60 Prozent des Medianeinkommens liegen. „Für das Jahr 2015 beträgt dieser Wert 1033 Euro monatlich“, so Habermaaß. „Damit wird Ausbildung in Armut verhindert.“ Zugleich bleibt die Lehre aber ein zentrales Element der Berufsausbildung. Rund 520.000 junge Leute starteten 2016 eine Ausbildung, wobei die kaufmännische Ausbildung zum Büromanagement derzeit die beliebteste ist.

Rund 28.700 Jugendliche haben in diesem Beruf einen Vertrag unterschrieben, berichtet das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Bei Frauen sind kaufmännische Berufe – wie im Büromanagement, Einzelhandel, Groß- und Außenhandel – am begehrtesten. Bei jungen Männern nimmt die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker mit großem Vorsprung eine Spitzenposition ein. Stark im Kommen bei allen ist zudem die Ausbildung zu Fachinformatikern, während die klassische Banklehre immer mehr an Attraktivität verliert.