Frankfurt/main. Der Verkauf deutscher Unternehmen an ausländische Investoren soll künftig untersagt werden, wenn dadurch Wissen verloren gehen könnte.

Die Bundesregierung will künftig Übernahmen sicherheitsrelevanter deutscher Unternehmen stärker prüfen. Nach einer neuen Verordnung kann der Bund künftig Übernahmen aus dem Ausland untersagen, wenn dadurch wichtiges Know-how ins Ausland wandern könnte. Das soll gelten, wenn die öffentliche Ordnung durch eine Übernahme gefährdet ist, etwa bei „kritischer Infrastruktur“.

Darunter fasst die Bundesregierung Betreiber von Krankenhäusern bis hin zu Stromnetzen oder Wasserversorgern, aber auch Softwarefirmen, die Programme für solche Unternehmen entwickeln oder für Flughäfen, Bahnhöfe, Telekommunikationsnetze sowie deren Betreiber. Auch geplante Übernahmen von Cloud-Dienstleistern, den Herstellern von Computerprogrammen für Finanz- und Versicherungsleistungen sowie für die Bargeldversorgung sollen in Zukunft streng geprüft werden. Rüstungsunternehmen wurden bisher schon als kritisch erachtet.

Die Veto-Regelung gilt nur für Investoren von außerhalb der EU

Nun sollen auch solche Rüstungsfirmen, „die bekannte Schlüsseltechnologien im Bereich der Verteidigung entwickeln oder herstellen“, dazu gezählt werden. Das betrifft etwa die elektronische Kriegsführung. Die Veto-Regelung gilt jedoch nur für Investoren von außerhalb der Europäischen Union. Die Regierung kann sich für die Überprüfung der Verkaufspläne künftig vier Monate Zeit nehmen, doppelt so lange wie bisher.

Damit reagiert die Bundesregierung etwa auf die Übernahme des Roboter- und Anlagenbauers Kuka durch den chinesischen Haushaltsgerätehersteller Midea im vergangenen Jahr. Die hatte sie verhindern wollen, aber kein Mittel dazu gesehen. Die Sorge: Die Chinesen könnten wertvolles Know-how in diesem Bereich aus Deutschland abziehen. Auch der Kauf des Chipherstellers Aixtron durch einen chinesischen Investor war schon vereinbart, wurde aber im Dezember abgesagt, nachdem die US-Regierung die Übernahme von Aixtrons US-Geschäft wegen Sicherheitsbedenken blockiert hatte.

Es geht darum, ein Instrument gegen Chinas Übernahmegelüste zu haben

„Das ist eine Lex Kuka“, sagt Gabriel Felbermayr, Leiter des Zentrums Außenwirtschaft des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in München. Damit versuche die Bundesregierung gegenüber China eine Verhandlungsmacht aufzubauen und das Land so zu kooperativerem Verhalten zu bringen. „Man hofft mit solchen Regeln auf Abschreckung“, glaubt der Ökonom, ähnlich wie das bei der Welthandelsorganisation WTO sei: Wer sich nicht an die Regeln halte, werde sanktioniert.

Denn umgekehrt können auch deutsche Investoren in China nicht ungehindert Firmen übernehmen oder neu aufbauen, sagt Christian Rusche, Außenhandelsexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Es gebe 5000 deutsche Firmen in China. Allerdings dürfen die nicht in bestimmten Sektoren aktiv sein. Nur mit chinesischer Beteiligung, also als Gemeinschaftsunternehmen, ist das bei Personenbeförderung oder Eisenbahn möglich – bekanntes Beispiel ist der Transrapid in Schanghai. Auch bei den deutschen Firmen nehme der Einfluss des chinesischen Staates zu, beobachtet Gabriel Felbermayr vom Ifo-Institut. Deshalb wachse durch die neue Verordnung die Verhandlungsmacht Deutschlands gegenüber China.

Ist die Neuregelung ein Investitionshindernis?

„Man muss auf eine klare und gerichtsfeste Abgrenzung und Definition dieser Bereiche achten“, meint Rusche vom IW. Schwierig auch der verlängerte Prüfungszeitraum von vier Monaten: Das erschwere für beide Seiten die Planungssicherheit, meint Ifo-Volkswirt Felbermayr. Ein weiterer Nebeneffekt: Direktinvestitionen aus dem außereuropäischen Ausland könnten nun schnell unter Generalverdacht gestellt werden, argwöhnt er.

Auch die Wirtschaft fürchtet, die Neuregelung könne sich als Investitionshindernis erweisen. „Wir fordern, dass Deutschland sich klar als ein für ausländische Investoren offenes Land präsentiert“, hieß es beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Wenn „kritische Infrastruktur“ zu breit definiert werde, mache das den Standort Deutschland weniger attraktiv. Deutschland mache sich unglaubwürdig, kritisierte der CDU-Wirtschaftsrat. Erst habe man für Freihandel geworben, jetzt baue man Schranken auf.