Berlin. Der Sportwagenbauer gerät ebenfalls unter Verdacht der Abgasmanipulation. Die Anwälte von VW-Kunden in Europa schließen sich zusammen.

Der Druck auf den Volkswagen-Konzern steigt weiter. Wegen möglicher Manipulationen bei Dieselabgasen ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nun auch gegen unbekannte Mitarbeiter von Porsche. „Es besteht der Anfangsverdacht des Betrugs und der strafbaren Werbung“, so die Staatsanwaltschaft. Nähere Angaben machten die Ermittler zunächst nicht.

Auch Porsche-Modelle waren unter den Fahrzeugen in den USA, zu denen der VW-Konzern die Manipulation von Abgaswerten zugegeben hatte. Allerdings blieb der Sportwagenbauer bisher bei Ermittlungen außen vor, da die Motoren von der Konzernschwester Audi gebaut wurden.

Der inhaftierte Audi-Manager will sich zur Sache äußern

Zugleich will ein seit vergangener Woche wegen der Abgasaffäre inhaftierter Audi-Manager mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten und sich zum Sachverhalt äußern. Bis zu seiner Beurlaubung 2015 war dieser einer der führenden Motorenentwickler bei der VW-Tochter. Angeblich ist er stark in die Abgasaffäre verwickelt.

Auch bei den betroffenen VW-Kunden formiert sich der Widerstand. Erstmals schließen sich europaweit Anwälte im Zuge der Dieselaffäre zusammen. Sie wollen vom Konzern bisher verweigerte Schadenersatzansprüche durchsetzen. Dabei lässt der Anwalt und frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) am Umgang der Bundesregierung mit dem VW-Skandal kein gutes Haar. „Die Politik hat versagt, aus Rücksicht auf die Automobilindustrie und deren Zulieferern“, kritisiert Baum, dessen Kanzlei rund 2000 VW-Kunden vertritt.

Justizminister Heiko Maas steht in der Kritik

Insbesondere Justizminister Heiko Maas (SPD) verärgert Baum. In dessen Haus liegt ein Gesetzentwurf zur Musterfeststellungsklage, der nicht mehr ins Parlament eingebracht wird. Dieses Klagerecht hätte dafür sorgen können, dass auch geschädigte deutsche VW-Kunden leicht ihr Recht durchsetzen könnten. Eine einzige Gerichtsentscheidung genügt dafür. So müsste jeder der rund 2,8 Millionen Besitzer eines Fahrzeugs mit manipulierter Abgasreinigung einzeln vor Gericht ziehen.

Freiwillig lenke das Unternehmen nicht ein. „Volkswagen hat seine Strategie nicht verändert und spielt auf Zeit“, sagt Baum. Ende dieses Jahres läuft die Verjährungsfrist für Forderungen gegen die Händler aus, Ende des nächsten Jahres die Frist für Klagen gegen den Hersteller.

Der Verbund der Anwälte will eine Entschädigung für US- und EU-Kunden erreichen

Baums Düsseldorfer Kanzlei „Reiter & Collegen“ hat sich mit den Berliner Rechtsanwälten Gansel, der österreichischen Plattform für Massenschäden, Cobin Claims, sowie der niederländischen Stiftung „Stichting Volkswagen Car Claim“ zusammengetan. Gemeinsam wollen sie VW dazu bringen, US-Kunden und Käufer in der EU zu entschädigen.

Die Rechtslage in den europäischen Ländern ist sehr unterschiedlich. So beträgt die Verjährungsfrist in Spanien beispielsweise 15 Jahre, in Deutschland nur drei. Große Hoffnungen setzen die Anwälte auf die Niederlande, wo sie im September eine Feststellungsklage für rund 180.000 Betroffene einreichen wollen. Sie richtet sich gegen VW, Händler, Importeure und den Zulieferer Bosch.

Eine neue Plattform für geschädigte Verbraucher wurde freigeschaltet

„Es geht jetzt darum, Ansprüche zu sichern“, sagt Eric Breiteneder von der Stiftung Car Claim. Das Besondere: In Holland können betroffene Kunden aus anderen Ländern Ansprüche geltend machen. Rund 20.000 aus Deutschland haben sich bereits bei der Stiftung gemeldet. Auf über vier Milliarden Euro taxieren die Anwälte ihre Gesamtforderung.

Darüber hinaus will sich das Juristennetzwerk über die Landesgrenzen hinweg über neue Urteile oder Entwicklungen informieren oder Sachverständigengutachten austauschen. Eine neue Plattform für geschädigte Verbraucher wurde unter der Adresse www.vw-verhandlung.de freigeschaltet. Auf der Webseite wurde ein Zugang für Tippgeber eingerichtet. Die so genannten Whistleblower können hier anonym vertrauliche Unterlagen zum Abgasskandal hochladen.