Berlin. Laut einer Studie steigt der Umsatz mit Schwarzarbeit 2017 auf rund 330 Milliarden Euro. Jeder zehnte Euro geht an der Steuer vorbei.

Die gute Lage am Arbeitsmarkt drängt die Schwarzarbeit in Deutschland weiter zurück. 2017 wird der Umsatz in der Schattenwirtschaft rund 330 Milliarden Euro betragen. Das geht aus der jüngsten Prognose des Linzer Wirtschaftsprofessors Friedrich Schneider hervor. Im vergangenen Jahr summierten sich die illegal erbrachten Leistungen noch auf 336 Milliarden Euro. „Die Schwarzarbeit ist im Sinken, aber es gibt auch gegenläufige Entwicklungen durch die Möglichkeit der Scheinselbstständigkeit“, sagte Schneider unserer Redaktion.

Gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung wird jeder zehnte Euro an der Steuer und den Sozialversicherungen vorbei verdient. Deutschland liegt Schneider zufolge damit im internationalen Vergleich im unteren Mittelfeld. Spitzenreiter ist hier Griechenland mit einer Schattenwirtschaft, die 22 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht. Am besten stehen die USA mit nur 5,6 Prozent Schwarzarbeit da.

„Ein Krebsgeschwür in der Baubranche“

Obwohl die Schwarzarbeit schon seit Jahren auf dem Rückzug ist, bereitet das Phänomen einzelnen Branchen große Probleme. Schwarzarbeit sei ein Krebsgeschwür in der Baubranche, stellt der Vorsitzende der Bundesvereinigung Bauwirtschaft, Karl-Heinz Schneider, fest: „Sie belastet all jene Betriebe, die ihre Mitarbeiter legal beschäftigen“. Ein Problem für die ehrlichen Firmen ist die verbreitete Scheinselbstständigkeit. „Es gibt hier organisierte Truppen“, sagt Schneider.

Die laut Verband häufig aus anderen Ländern kommenden Bauleute melden zum Beispiel einen Fliesenlegerbetrieb an. Wie in einigen anderen Gewerken auch besteht hier weder der Zwang, eine Ausbildung nachzuweisen noch eine Qualitätskontrolle. Diese würden auch andere Arbeiten auf dem Bau erledigen. „Sie lassen bei einer Kontrolle die Maurerkelle fallen und machen einen auf Fliesenleger, erläutert Schneider. Seit der Beruf vom Meisterzwang befreit ist, habe sich die Zahl der Betriebsanmeldungen verhundertfacht.

Der Bau ist Forscher Schneider zufolge am stärksten von Schwarzarbeit betroffen. Vier von zehn illegal erwirtschafteten Euro entfallen auf das Handwerk und das Baugewerbe. Je 17 Prozent erreichen die Dienstleistungs- und die Industriebetriebe. Der Rest entfällt auf die privaten Haushalte und die Unterhaltungsbranche.

Schwarzarbeit gilt in der Gesellschaft oft als Kavaliersdelikt

Unter Schattenwirtschaft subsumieren sich jene Tätigkeiten, bei denen die Zahlung von direkten oder indirekten Steuern sowie von Sozialabgaben vermieden wird. Auch wenn Mindeststandards am Arbeitsmarkt, etwa die Zahlung des Mindestlohnes, Arbeitszeitregelungen oder Arbeitsschutzbedingungen verletzt werden, spricht Schneider von Schwarzarbeit. Nicht enthalten sind in seinen Berechnungen die kostenlose Nachbarschaftshilfe und Do-it-yourself-Arbeiten. Auch kriminelle Erträge wie Gewinne aus dem Drogenhandel oder Bestechungsgelder fallen nicht unter den Begriff. Es gibt aber Überschneidungen zwischen diesen drei Feldern, was eine exakte Schätzung des Ausmaßes unmöglich macht.

Vielfach gilt Schwarzarbeit in der Gesellschaft als Kavaliersdelikt. Handwerksleistungen, die am Wochenende eben mal ein paar Stunden bei der Renovierung erbracht, und ohne Rechnung entlohnt werden, sind verbreitet. Von den 3,8 Millionen Haushaltshilfen in Deutschland arbeiten einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft aus dem vergangenen Jahr zufolge 80 Prozent schwarz, obwohl sie leicht bei der Minijobzentrale legal angemeldet werden könnten. „Es wird nicht tiefgründig genug kontrolliert“, kritisiert der Verbandschef. Selbst die öffentliche Hand schaue sich bei der Auftragsvergabe die Firmen häufig nicht genau an, vor allem, wenn sie Etatprobleme hätten. Die europaweite Verfolgung von Schwarzarbeit sei auch nicht gewährleistet. Die Erscheinungsformen der Schattenwirtschaft am Bau sind mittlerweile vielfältig. Mal wird der Mindestlohn nicht eingehalten, mal ohne Rechnung gearbeitet, mal der Staat organisiert betrogen.

Steuer-Erleichterungen haben Schattenwirtschaft zurückgedrängt

Forscher Schneider hält der Politik zugute, dass Instrumente wie die steuerliche Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen schon positiv gewirkt hätten. Doch der Ökonom hält weitere Schritte für angebracht, um die Schattenwirtschaft weiter zurückzudrängen. Er fordert eine Anhebung der Beträge, die Privatleute für Handwerkerleistungen von der Steuer absetzen können, von derzeit 1200 Euro auf 2000 Euro.

Zwei andere Instrumente haben sich in anderen Ländern als wirkungsvoll erwiesen. In Frankreich erstattet der Staat die Umsatzsteuer bei einer Altbausanierung. So sinkt der Anreiz, schwarz arbeiten zu lassen, deutlich ab. Eine zweite Waffe gegen kriminelle Unternehmen ist die in den skandinavischen Ländern praktizierte Sperre von drei bis fünf Jahren bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Beide Instrumente würde der Forscher auch gerne in Deutschland sehen.