Berlin. Zum 1. Juli muss beim Kauf einer Prepaid-Karte der Ausweis vorgelegt werden. Die Regel gehört zum Anti-Terror-Paket der Regierung.

Prepaid-Karten für das Smartphone sind in Deutschland sehr beliebt. Vom 1. Juli an wird der Kauf aufwendiger – wegen der verschärften Anti-Terror-Gesetze in Deutschland. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was sind Prepaid-Karten?

Es gibt zwei Arten von Sim-Karten für Mobiltelefone – eine mit Festvertrag und eine sogenannte Prepaid-Karte. Beide sind jeweils mit einer Telefonnummer verknüpft unterscheiden sich aber durch die Art der Bezahlung. Bei Prepaid-Karten lädt der Nutzer ein Guthaben auf, dass er dann abtelefonieren oder für Daten – etwa Internetzugang nutzen kann.

Eltern kaufen solche Karten gern für die Kinder, weil sie im Vergleich zu Festverträgen oft günstiger sind und um die Kosten besser im Griff zu haben. In den vergangenen Jahren wurden im Schnitt acht bis neun Millionen Prepaid-Karten jährlich neu verkauft – allerdings werden nicht alle dauerhaft genutzt. Manch Urlauber aus dem Ausland kauft sich eine Karte, um günstiger als mit seinem heimischen Tarif telefonieren zu können und nutzt sie nach dem Urlaub nicht mehr.

Worum geht es bei der neuen Regelung?

Prepaid-Karten sind bisher unkompliziert zu erhalten – und können anonym genutzt werden. Vor allem deshalb sind sie auch bei Kriminellen und Terroristen beliebt. Darum haben die Politiker im Zusammenhang mit den Anti-Terror-Gesetzen auch das Telekommunikationsgesetz verschärft. Die neuen Regeln stehen in Paragraf 111. Prepaid-Karten anonym zu nutzen, soll vom 1. Juli an nicht mehr möglich.

Was geschieht mit bereits gekauften und genutzten Prepaid-Karten?

Wer bereits eine Prepaid-Karte nutzt, muss nichts tun. Die neue Regelung betrifft ausschließlich neue Karten. Auch für das Aufladen einer Prepaid-Karte ändert sich nichts.

Was wird abgefragt und welche Daten werden registriert?

Erfasst werden neben Namen und Anschrift das Geburtsdatum, ob es sich um Pass oder Personalausweis handelt, die Nummer des Dokuments und wo es ausgestellt wurde.

Wie lief es bisher?

Sim-Karten gibt es in Elektronikmärkten, an der Supermarkt-Kasse, in Tankstellen, Telefonläden und auch an Kiosken. Sie lassen sich unkompliziert kaufen. Wer eine Sim-Karte erstanden hat, muss sie beim jeweiligen Anbieter registrieren lassen, bevor er telefonieren kann. Die Anmeldedaten werden aber selten überprüft, manch einer gibt Fantasienamen oder eine falsche Adresse an. Das wird jetzt anders.

Wie läuft es künftig?

Vom 1. Juli an muss sich der Kunde bereits beim Kauf der Sim-Karte ausweisen – mit einem gültigen amtlichen Ausweis wie Personalausweis oder Reisepass. Dann muss er die Karte registrieren lassen. Kauft er sie in einem Laden der großen Anbieter, werden die Ausweisdaten gleich im Laden erfasst und die Karte freigeschaltet. Ähnlich gehen die großen Elektronikketten wie Saturn und Media-Markt vor. Wer die Karte woanders kauft, kann seine Identität zum Beispiel mit dem Postident-Verfahren der Deutschen Post bestätigen lassen. Dazu muss er eine Postfiliale aufsuchen. Das Verfahren dauert etwas, weil die Bestätigung per Brief verschickt wird.

Schneller geht das VideoIdent-Verfahren, das etwa WebID, IDNow und die Bertelsmann-Tochter Arvato anbieten. WebID-Chef Thomas Fürst erklärt das Verfahren so: „Nötig ist ein Internetzugang. Sie verbinden sich mit Videotelefonie mit unserem Servicecenter in Solingen, geben die Vorgangsnummer des Kaufs an, wir prüfen den Ausweis, den sie in die Kamera halten, ihr Aussehen und während des Gesprächs auch 22 unbewusste Verhaltensweisen, um festzustellen, ob Sie die Wahrheit sagen. Stimmt alles, geben wir Vodafone das Ok, und Ihre Karte ist freigeschaltet.“ Das Ganze soll weniger als drei Minuten dauern. Das Verfahren ist bereits bei verschiedenen Banken erprobt.

Was bringt die neue Regelung?

Für die Freischaltung erst einmal Mehraufwand. Ob es sinnvoll für die Terrorbekämpfung ist, ist unklar. Denn die Regel in dieser Form gilt nur in Deutschland, nicht im umliegenden Ausland. Thomas Fürst von WebID rechnet aber damit, dass ähnliche Gesetze auch in anderen Ländern eingeführt werden. Belgien hat die Regeln bereits verschärft. Die neue deutsche Regelung verhindert allerdings auch nicht, dass sich jemand mehrere Karten kauft und freischalten lässt. Er könnte sie dann nutzen, um etwa einen Selbstmordanschlag vorzubereiten. Die Ermittlungsbehörden erführen erst hinterher davon: Denn Daten geben die Telekommunikationsunternehmen nur auf Anfrage und gegen richterliche Verfügung heraus.

Wie groß ist der Markt?

Ende 2016 waren rund 130 Millionen SIM-Karten der drei großen Netzbetreiber Deutsche Telekom, Telefonica und Vodafone im Umlauf. Allein 16,6 der 42,1 Millionen Telekom-Karten sind Prepaid. Bei Vodafone sind es 13,9 von rund 43,7 Millionen Karten. Thomas Fürst von WebID erwartet nicht, dass nennenswert weniger Karten verkauft werden. Zum einen gebe es keine Alternative, zum anderen seien die Freigabeverfahren einfach. Die Telekom, die bereits seit März das Video-Ident-Verfahren nutzt, hat gute Erfahrungen gemacht. „Die Kunden kennen das schon von Banken und nehmen es sehr gut an“, sagte ein Sprecher.