Berlin. Daimler, Allianz und Deutsche Bank planen eine einheitliche Anmeldung für digitale Dienste, um US-Internetkonzernen Paroli zu bieten.

Bisher setzen US-Technologiekonzerne den Standard im Internet. Google etwa oder Facebook (Whats­App, Instagram) profitieren auch von den Daten. Einige deutsche Unternehmen wollen jetzt die Macht der Amerikaner brechen – und zumindest in Deutschland einen einheitlichen Zugang für Online-Angebote einrichten, eine Art Generalschlüssel für digitale Angebote.

Spätestens in der zweiten Hälfte 2018 soll es erste Anwendungen geben. Vorgesehen ist, Behörden einzubinden, die bei der Digitalisierung bisher etwas hinterherhinken. Auch soll das Angebot europaweit ausgedehnt werden.

Wettbewerbsbehörden müssen noch zustimmen

Der Versicherungskonzern Allianz, das Medienhaus Axel Springer, Daimler, die Deutsche Bank nebst Postbank, der Kartendienst Here und die Berater und Forscher von Core aus Berlin unterzeichneten eine entsprechende Absichtserklärung. Weitere Unternehmen sind willkommen.

„Wir informieren bewusst zu einem sehr frühen Zeitpunkt und verstehen diese Information auch als Einladung an Marktteilnehmer, die die Plattform mit uns gemeinsam vergrößern wollen“, sagt Markus Weik von der Deutschen Bank. Die Wettbewerbsbehörden müssen noch zustimmen.

Datenverwaltung in Deutschland vorgesehen

Bisher muss sich der Nutzer für verschiedene Angebote unterschiedlicher Unternehmen jeweils neu anmelden und alle nötigen Daten eingeben. Manch Anbieter erlaubt eine Anmeldung zum Beispiel mit dem Facebook- oder Google-Zugang – unter anderem, weil das soziale Netzwerk und der Suchmaschinenriese inzwischen sehr weit verbreitet sind und es praktisch wenige Alternativen gibt. Hier setzen die deutschen Unternehmen an.

Macht Facebook dumm?

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    Geplant ist, ein Unternehmen zu gründen, das den „Generalschlüssel“ anbietet und verwaltet. Wer sich anmeldet, kann entscheiden, welche und wie viele Daten er hinterlegt, etwa ­Adresse, Kreditkarten oder andere Zahlungsdaten, Personalausweis, Führerschein. Die Daten sollen in Deutschland liegen, nicht, wie etwa bei Google, in den USA.

    Ob das neue Unternehmen eigene Server betreibt oder mit Partnern zusammenarbeitet, ist noch offen. Gespräche mit der Deutschen Telekom, die solche Dienste anbietet, gibt es offenbar bereits. „Der Kunde soll frei entscheiden können, welche Daten gespeichert sind und welche Daten weitergegeben werden“, sagt Mirko Schiefelbein, Leiter des Core-Research-Instituts.

    Einfachere Anmeldung mit Passwort, Fingerabdruck- oder Irisscan

    Wer angemeldet ist, kann sich dann bei teilnehmenden Unternehmen vereinfacht anmelden – mit Nutzername und Passwort, Fingerabdruck- oder Irisscan, dem elektronischen Ausweis, besonderen Smartphone-Codes, je nachdem, wie der Stand der Technik ist. Die Unternehmen sparen sich komplizierte Kundenkonten- und Datenverwaltung, der Kunde muss sich nur den Generalschlüssel merken und nicht den Überblick über zahlreiche Konten behalten.

    Ähnlich geht bereits der US-Internetkonzern Amazon vor – allerdings innerhalb seines Angebots: Dort gibt es eine Anmeldung, bei der man Daten wie Zahlungsart, Kreditkartendaten, Lieferadressen hinterlegt. Der Kunde meldet sich dann einmal an, kann auch bei Nicht-Amazon-Anbietern bestellen, zusätzliche Dienste dazu- oder abwählen, ohne sich jeweils extra anmelden zu müssen, etwa Prime mit Musik-Streaming, Serien und kostenloser Zustellung oder Cloud-Dienste.

    Fehler wie bei Paydirekt sollen vermieden werden

    Nun soll es beim neuen Angebot der deutschen Konzerne nicht nur um Handel gehen. Schiefelbein nennt etwa Carsharing. Derzeit muss der Kunde ein Konto bei einem Anbieter anlegen, das Auto in der App reservieren, es mit einer Karte oder einem Code auf dem Smartphone öffnen und dann mit einer Pin freischalten. Künftig könnte er mit dem Smartphone und einem entsprechend erzeugten Code direkt ein Auto mieten, ohne vorher beim Anbieter ein Konto zu erstellen.

    Vieles am neuen Angebot ist noch unklar, etwa, wie genau es auf den Markt kommt. Der bisher letzte Versuch, sich gegen die US-Konkurrenz durchzusetzen, verläuft recht schleppend: Paydirekt. Alle deutschen Kreditinstitute haben sich zusammengetan, um ein Konkurrenzprodukt zu Paypal aus den USA auf den Markt zu bringen. Bisher mit sehr mäßigem Erfolg.

    Fraunhofer-Institut und ESMT begleiten Projekt

    „Deutsche Bank und Postbank haben zusammen 20 Millionen Kunden, das ist schon einmal eine große Basis“, sagt Deutsche-Bank-Sprecher Weik. Die Partner wollen auch davon profitieren, dass Banken besonders strengen Sicherheitsstandards bei Daten unterliegen – was die Glaubwürdigkeit des Projekts unterstützt. „Die Kunden haben ein hohes Vertrauen zu den Finanzdienstleistern“, sagt Schiefelbein.

    Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme und der European School of Management and Technology (ESMT), beide aus Berlin. Wo das neue Unternehmen angesiedelt wird, steht noch nicht fest.