Berlin. Der neue Vorstandschef baut die Fluggesellschaft Air Berlin kräftig um und räumt Altlasten weg. Für die Zukunft sucht er einen weiteren Partner.

Zunächst das Wichtigste für die Kunden von Air Berlin: Die Flüge sind sicher, Kunden können beruhigt buchen. So sagt es Firmenchef Thomas Winkelmann, der das Unternehmen gerade radikal umbaut. Die Zahlen, die die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft am Freitag vorlegte, sind jedoch beunruhigend: Air Berlin verkündet einen Rekordverlust von 781,9 Millionen Euro für 2016, 335,3 Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor.

Winkelmann, seit Februar an der Spitze des Unternehmens, nennt das Finanzergebnis in einer Telefonkonferenz „hochgradig unbefriedigend“. Auch die anderen Zahlen fallen schlecht aus: Der Umsatz schrumpfte um 7,2 Prozent auf 3,79 Milliarden Euro. Das Unternehmen transportierte mit 28,92 Millionen 4,4 Prozent weniger Passagiere. Der Ertrag pro Passagier ist gesunken, der durchschnittliche Ticketpreis ebenfalls, was den Fluggast freut, das Unternehmen aber belastet.

Zeiten der eierlegenden Wollmilchsau sind vorbei

Air Berlin litt 2016 im Feriengeschäft unter der Terrorgefahr und dem steigenden Dollar-Kurs. Zudem haben Winkelmann und sein neuer Finanzchef Dimitri Courtelis angefangen, radikal Altlasten aus der Bilanz zu räumen. Der Chef baut das Unternehmen „schneller, als bisher geplant“ um. Das Konzept dafür hatte Großaktionär Etihad im Herbst 2016 mit durchgesetzt. Die alte Air Berlin, für Winkelmann eine „eierlegende Wollmilchsau, die alles macht und alle Ansprüche erfüllt“, wird radikal geschrumpft.

Künftig fliegen die Berliner mit 75 statt 135 Maschinen, konzentriert sich auf die Flughäfen Berlin und Düsseldorf sowie Langstreckenflüge in die USA. Statt 387 fliegt das Unternehmen weniger als 100 Strecken. 38 Maschinen sind einschließlich Besatzung an Lufthansa vermietet, die Urlaubsstrecken sind mit Flugzeugen auf die Tochter Niki übergegangen. Gemeinsam mit dem Reiseveranstalter TUI soll ein neuer Ferienflieger entstehen. Winkelmann setzt auf mehr Digitalisierung und vor allem mehr Qualität.

Chaos bei den Koffern hat viel Vertrauen gekostet

Daran haperte es zuletzt immer mehr. So wechselte das Unternehmen die Abfertigungsfirma in Tegel, offiziell um den Passagieren besseren Service zu bieten. Zudem ist der neue Anbieter günstiger. Allerdings auch überfordert. Noch Wochen später gibt es Verzögerungen. „Das hat leider viel Vertrauen gekostet“, sagt Winkelmann.

Erste Erfolge der neuen Strategie sollen im dritten Quartal sichtbar werden. Dass das Unternehmen sofort schwarze Zahlen schreibt, glaubt auch Winkelmann nicht. „Ich bin kein Freund nur bunter Bilder“, sagt er. „Ich bin Realist.“ Aber: „Wir machen aus Air Berlin wieder eine attraktive Gesellschaft.“

„Wir sind ungeduldig und wir wollen Erfolg“

Dafür sucht Winkelmann einen Partner – zusätzlich zu Etihad, die 29,12 Prozent der Anteile besitzen und Air Berlin seit 2012 mit viel Geld in der Luft halten. Namen nennt er nicht, der Partner müsse zu Etihad, Air Berlin und dem Luftverkehrsstandort Deutschland passen. Das lässt wenig Wahlmöglichkeiten. Ein Kandidat könnte die Lufthansa sein. Winkelmann kündigt Gespräche in nächster Zeit an. „Wir sind ungeduldig und wir wollen Erfolg.“

Ein Problem: Die Finanzlage ist angespannt. Die Nettoschulden belaufen sich auf inzwischen 1,176 (2015: 0,88) Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren half Etihad immer wieder aus. Und sie will Air Berlin weiter unterstützen. Ganz dramatisch wollen Winkelmann und Courtelis die Lage denn auch nicht sehen: „Wir haben 220 Millionen Euro liquide Mittel“, sagt der Finanzvorstand. Winkelmann ergänzt: „Die Frage des Überlebens stellt sich derzeit nicht.“