Berlin. Weniger Betriebe, mehr Aufträge: Wer Handwerker im Haus beauftragt, muss mit steigenden Preisen und längeren Wartezeiten rechnen.

  • Weniger Betriebe, mehr Aufträge
  • Wer Handwerker im Haus beauftragt, muss mit steigenden Preisen und längeren Wartezeiten rechnen

Arbeiten am Haus oder im Garten, ein neues Dach, eine neue Garage - wer derzeit ein solches Projekt vor hat, sollte früh mit der Planung beginnen. Weil es im Handwerk so gut läuft wie lange nicht mehr, kommen viele Betriebe mit dem Abarbeiten ihrer Aufträge nicht mehr hinterher. Das bedeutet lange Wartezeiten und häufig Frust bei den Kunden.

„Das Handwerk blickt auf ein Rekordjahr 2016 zurück“, heißt es im jüngsten Konjunkturbericht des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Das Geschäftsklima sei so gut wie noch nie. 94 Prozent der vom Verband befragten Betriebe gaben an, dass die Geschäfte gut oder zumindest zufriedenstellend liefen. Neben den Lebensmittelbetrieben profitierten vor allem das Ausbau- und Baugewerke von der guten Konjunktur. Doch was die Betriebe freut, ist für die Kunden häufig ein Ärgernis.

Zehn Wochen Wartezeit auf Termin

Vor allem bei Bau- und Ausbauarbeiten müssten sie derzeit bis zu zehn Wochen auf einen Termin warten, sagt ein ZDH-Sprecher. „Bei Baumaßnahmen sollte man deswegen spätestens drei Monate vor dem Termin den Betrieb kontaktieren“, rät er. Und bei Notfällen? „Kleine Aufträge oder Nothilfen werden auch kurzfristig erledigt.“

Prognostiziert deutlich steigende Preise für Aufträge im Handwerk: Karl Brenke, Wissenschaftlicher Referent beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
Prognostiziert deutlich steigende Preise für Aufträge im Handwerk: Karl Brenke, Wissenschaftlicher Referent beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). © dpa | Anna Blancke

Ähnliche Angaben machen die Handwerkskammern in Berlin und München. In der Hauptstadt liegt die Wartezeit im Baugewerbe ebenfalls bei rund zehn, in München bei mehr als acht Wochen. „Die Auftragsbücher werden immer dicker“, sagt auch Karl Brenke, Konjunktur-Referent beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Das liegt vor allem am wachsenden Sanierungs- und Wohnungsbedarf.“

Deutlich mehr Baugenehmigungen

So wird in den Ballungszentren dank des Immobilienbooms viel gebaut. Deutschlandweit stieg die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im vergangenen Jahr um rund 60.000 auf knapp 375.600. Nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei Sanierungen zeigt der Trend nach oben, wie aus Angaben des Statistischen Bundesamts hervorgeht. „Viele Hausbesitzer und Hausbauer investieren lieber in eine energetische Sanierung, anstatt ihr Kapital zu Nullzinsen zu parken“, schreibt die Berliner Handwerkskammer in ihrem aktuellen Frühjahrsbericht.

„Das führt natürlich dazu, dass Kunden derzeit zum Teil sehr lange auf ihren Termin warten müssen“, sagt DIW-Experte Brenke. Er geht zudem davon aus, dass die Preise deutlich steigen werden. „Denn gleichzeitig nimmt die Zahl der Betriebe gerade im Baubereich immer weiter ab.“

Weniger Lehrlinge

Das liegt aus Brenkes Sicht zum einen daran, dass ausscheidende Betriebe keinen Nachfolger finden. „Zudem werden Lehrlinge gerade im baunahen Bereich knapper, etwa bei den Heizungsbauern.“ Das sei dem demografischen Wandel geschuldet sowie dem Umstand, dass ein wachsender Teil der Jugendlichen ein Studium anpeile.

Auch der ZDH sieht Fachkräftemangel in der gesamten Handwerkerschaft als eine Ursache der langen Wartezeiten. „Die Betriebe suchen händeringend nach Personal, um ihre hohen Auftragsbestände abarbeiten zu können.“ Hätten die Betriebe genügend Fachkräfte und Auszubildende beschäftigen können, wäre 2016 ein noch höheres Wachstum möglich gewesen, so der Verband. (dpa)