Frankfurt am Main. Der Konzern regelt die Altersvorsorge neu. Die Piloten erhalten deutlich mehr Gehalt. Streiks sollen bis 2022 ausgeschlossen sein.

Für Bettina Volkens ist es schlicht „ein großartiger Tag“: Der im Lufthansa-Vorstand für Personal und Recht zuständigen Managerin und ihrem Team ist in der Nacht zum Mittwoch der Durchbruch im Tarifkonflikt mit den Piloten gelungen. Die Tarifpartner haben sich in allen Streitpunkten geeinigt. Noch ist das nur eine Absichtserklärung, sie soll im Laufe des Jahres konkret ausgestaltet werden. Für die Kunden bedeutet das aber erst einmal, dass keine weiteren Pilotenstreiks drohen – und zwar bis 2022.

14 Streikwellen mussten die Passagiere der Lufthansa im Tarifkonflikt seit 2014 erdulden. Dem Konzern waren dadurch 500 Millionen Euro Kosten entstanden. Die jetzt unterzeichnete Absichtserklärung sieht unter anderem Regelungen­ zur Alters- und Übergangsversorgung der Piloten vor. Die Verträge sollen bis Juni 2022 laufen.

Kostensenkungen waren für die Lufthansa elementar, um konkurrenzfähig zu bleiben

Grundsätzlich haben sich beide Tarifpartner auf Einsparungen im Cockpit um 15 Prozent verständigt. Kostensenkung war der wesentliche Punkt für Lufthansa in diesem Tarifkonflikt: „So können wir unsere Position im Wettbewerb festigen“, sagt Volkens. Die Piloten stimmen nun der Umstellung der Altersvorsorge auf das System der garantierten Beiträge zu, der „defined contributions“. Bisher hatte Lufthansa die Höhe der Auszahlungen garantiert und damit das Zinsrisiko getragen – teuer in einem Niedrigzinsumfeld, wie es derzeit herrscht.

Die Umstellung der Altersvorsorge gehöre zu den Kostenzugeständnissen an den Konzern, sagt Markus Wahl, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit (VC). Auch die Überstundenregeln werden angepasst. „Etwas mehr Arbeit und weniger Freizeit“, sagt Wahl. Auch die Übergangsversorgung bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wird angepasst: Nun sollen die Piloten diese Übergangsrente erst mit einem Durchschnittsalter von 60 Jahren erhalten – bisher liegt dieses Cockpit-Sprecher Wahl zufolge bei etwa 59 Jahren.

Die Piloten kamen dem Konzern bei der Alters- und Übergangsversorgung entgegen

Die Umstellung der Alters- und Übergangsversorgung entlaste Lufthansa im laufenden Geschäftsjahr einmalig um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag, hieß es. Die genauen Zahlen will das Unternehmen an diesem Donnerstag bei der Vorlage der Bilanz bekannt geben, sagt Personalvorstand Volkens.

Im Gegenzug für die Zugeständnisse garantiert die Fluggesellschaft den etwa 5400 Konzernpiloten, dass zu diesen Bedingungen bis Mitte 2022 mindestens 325 Flugzeuge betrieben werden. Das bedeutet für die Piloten die von ihnen geforderten Karrieremöglichkeiten, weil wieder Kapitäne gebraucht werden. 600 Stellen werden geschaffen für Kapitänsanwärter, und 700 fertig ausgebildete Nachwuchspiloten werden eingestellt. Und für den Konzern bedeutet das offenbar auch, dass er die Pläne für ein Langstreckenangebot außerhalb der Kerngesellschaft Lufthansa, also etwa bei der günstigeren Tochter Eurowings, nicht weiter verfolgt.

Die Gehälter steigen rückwirkend von Mai 2012 bis Juni 2022 um 11,4 Prozent

Im Februar hatten sich Lufthansa und Piloten schon nach dem Schlichtungsvorschlag grundsätzlich auf eine Anhebung der Gehälter in vier Stufen von Anfang 2016 bis Ende 2019 um insgesamt 8,7 Prozent verständigt. Diese wird nun ersetzt: Nun sollen die Gehälter der Piloten rückwirkend von Mai 2012 bis Juni 2022 gestaffelt um insgesamt 11,4 Prozent steigen, hinzu kommt eine Einmalzahlung von 1,8 Monats­gehältern.

Noch bis Mitte des Jahres dürfte es dauern, bis die Einzelheiten ausgearbeitet seien, vermutet Cockpit-Sprecher Wahl. Die kommenden Wochen würden sicher sehr anspruchsvoll, sagt Personalvorstand Volkens. Aber man habe zuletzt wieder in einer „konstruktiven und vertrauensvollen“ Atmosphäre gearbeitet und wolle nun die Sozialpartnerschaft leben. Das sei die Mühe wert gewesen, bestätigt auch Wahl.