Berlin. Die Volks- und Raiffeisenbanken stimmen Privatkunden auf Mehrkosten und weniger Filialen ein. Strafzinsen sollen vermieden werden.

Die Bundesbürger müssen zunehmend die Zeche der Niedrigzinsphase bezahlen. Die Volks- und Raiffeisenbanken haben ihre Kunden in Deutschland auf weiter steigende Gebühren vorbereitet. „Bankdienstleistungen sind nicht kostenlos“, sagte der Präsident des Genossenschaftsverbandes, Michael Bockelmann, am Freitag in Frankfurt.

Und er ist überzeugt: „Die Verbraucher verstehen und akzeptieren das auch.“ Angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen gerieten immer mehr Banken unter Ertragsdruck, da die Gewinnspannen schmelzen. Vor allem kleinere Häuser befänden sich „im Zangengriff sinkender Erträge durch die Niedrigzinsphase und steigender Kosten durch die Regulierung“, begründete Bockelmann.

Strafzinsen im Einzelfall auch für vermögende Privatkunden

Gebühren für Girokonten, Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäfte sind bei der Mehrheit der insgesamt 262 Geldinstitute mit ihren rund elf Millionen Kunden im Verbandsgebiet bereits Alltag. Der Genossenschaftsverband vertritt Institute in allen Bundesländern – mit Ausnahme von Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. In welcher Größenordnung die Gebühren für einzelne Leistungen für Bankdienstleistungen – wie Kontoführung, Überweisungen oder Aktienhandel – erhöht werden, bestimmt dabei jedes einzelne Institut selbst. Insgesamt haben nach Verbandsangaben bundesweit knapp 30 Millionen Kunden ein Konto bei Volks- oder Raiffeisenbanken.

Kunden müssen sich mit weniger Filialen begnügen

Für die Mehrheit der Privatkunden drohen nach Einschätzung von Bockelmann jedoch keine Strafzinsen. Im Klartext: Sie müssen kein Geld für die Aufbewahrung ihres Bargelds entrichten. „Die Banken tun alles, um Negativzinsen auf breiter Front zu vermeiden.“

Etliche Banken geben die Strafzinsen, die die Europäische Zentralbank (EZB) von ihnen für geparktes Geld verlangt, jedoch bereits weiter – allerdings zumeist nur an Großkunden, in Einzelfällen aber auch an vermögende Privatkunden. „Mit Blick auf die Wettbewerbssituation ist es klug, die Privatkunden nicht oder allenfalls sehr selektiv zu belasten“, sagte Bockelmann.

Die Kunden müssen sich allerdings mit immer weniger Filialen begnügen: Im vergangenen Jahr schrumpfte die Zahl der Zweigstellen – inklusive Selbstbedienungsstellen – weiter von 4992 auf 4789. Auch die Zahl der Kreditgenossenschaften beschleunigte sich deutlich und sank von 281 vor Jahresfrist auf 262. Die meisten Institute verschwanden durch Fusionen mit anderen Banken. Für das laufende Jahr sind bereits elf weitere Verschmelzungen angemeldet. „Nachdem wir bisher von einem Rückgang der Mitgliedsbanken auf 200 bis Ende 2020 ausgingen, erwarten wir jetzt nur noch 175“, prognostizierte Bockelmann.

Viele Kunden kommen nur zur Beratung in die Filialen

Allerdings erledigten gleichzeitig immer mehr Kunden ihre Bankgeschäfte online und kämen nur noch für Beratungen wie zur Immobilienfinanzierung oder zur Altersvorsorge in die Filialen. Um qualifiziertes Personal dafür vorzuhalten, würden vor allem Kleinstfilialen geschlossen, während die Zahl der Zweigstellen mit mehr als fünf Mitarbeitern zugenommen habe.

Trotz geringer Sparzinsen erhöhten sich die Kundeneinlagen bei den Volks- und Raiffeisenbanken 2016 um 5,5 Prozent auf rund 162,5 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Zwei Drittel davon sind täglich fällige Gelder, die Kunden im Fall von Zinsänderungen rasch abziehen könnten. Das Kreditvolumen der bei den Volks- und Raiffeisenbanken erhöhte sich um 5,2 Prozent auf 131,1 Milliarden Euro.