Berlin/Rüsselsheim. Peugeot signalisiert der Bundesregierung, die deutschen Opel-Standorte zu erhalten. Doch verbindliche Zusagen darüber stehen noch aus.
Noch längst keine Entwarnung für die rund 18.000 Opel-Beschäftigten in Deutschland: Der französische Autobauer PSA Peugeot Citroën hat sich gegenüber Politik und Gewerkschaften noch nicht festlegen lassen, was bei der sich abzeichnenden Übernahme mit den deutschen Standorten und Arbeitsplätzen passiert.
Schriftliche Zusagen aus Paris stünden noch aus,hieß es aus Verhandlungskreisen. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte aber auf Anfrage, die Gespräche mit den Franzosen verliefen „sehr konstruktiv“. Nach Informationen der „Bild am Sonntag“ hat Peugeot der Bundesregierung signalisiert, Opel bei einer Übernahme eigenständig weiterzuführen und alle deutschen Standorte zu erhalten.
Dudenhöffer sieht 6000 Jobs in Gefahr
Demnach könnten bis Ende 2018 in Deutschland betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden, bis mindestens 2020 würden Investitionszusagen für die Werke in Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach sowie das Ersatzteilzentrum in Bochum gelten. Nun müsse sich zeigen, ob diese Botschaft von PSA-Generalsekretär Olivier Bourges am Ende auch in den Verträgen stehe, hieß es aus mit den Gesprächen vertrauten Kreisen. Bis spätestens zum Genfer Autosalon in zweieinhalb Wochen sollen die Verträge unterzeichnet sein.
Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen, zeigt sich skeptisch. „Die einzige Möglichkeit, die Übernahme und die neue PSA-Opel-Gruppe ökonomisch darzustellen, ist ein harter Einschnitt bei den Beschäftigten“, sagte er. Dudenhöffers Analyse zufolge sind mehr als 6000 Arbeitsplätze in Gefahr. Auch die Schließung ganzer Werke sei nicht undenkbar, denn eine Übernahme werde nur dann funktionieren, wenn die Franzosen durch „knallharte“ Streichung von Doppelfunktionen im Konzern Kosten einsparen könnten.
Özdemir plädiert für Konzentration auf Elektroautos
Grünen-Chef Cem Özdemir forderte die Regierungen in Berlin und Paris auf, die Entwicklung von Opel zu einem reinen Hersteller von Elektroautos zu unterstützen. Eine Übernahme durch den Autobauer PSA Peugeot Citroën solle die Strategie des Unternehmens, bis 2030 zu einer reinen Elektromarke zu werden, „unterstützen und nicht konterkarieren“, sagte Özdemir dieser Zeitung. Opel habe die Chance, zu einer grünen Innovationsmarke zu werden. Daher solle es zu einer „genaueren industriepolitischen Abstimmung“ zwischen Deutschland und Frankreich kommen.
Opel-Modelle im Wandel der Zeit
Özdemir appellierte zudem an Energieversorger, sich am Umbau von Opel zu beteiligen. Es könnte sich für große Energieunternehmen, Stadtwerke und Netzbetreiber lohnen, Branchengrenzen zu überschreiten und darüber nachzudenken, „welche Rolle sie mit ihrer Expertise beim Umbau Opels zu einer reinen Elektromarke spielen könnten“. Eine Branche allein werde die Herausforderungen durch Elektromobilität und Digitalisierung nicht meistern, betonte der Grünen-Chef. Die Zukunft liege in der Zusammenarbeit verschiedener Partner, die kapitalstark und innovativ seien.
Bereits am Donnerstag könnten Eckpunkte vorliegen
Unklar ist, ob die Franzosen bereits am kommenden Donnerstag Eckpunkte für die bevorstehende Übernahme des traditionsreichen Rüsselsheimer Autoherstellers vorlegen. Zunächst will auch Großbritanniens Premierministerin Theresa May mit PSA-Vorstandschef Carlos Tavares beraten. „Opel ist eine deutsche Industrie-Ikone. PSA wird sie nicht zerstören, sondern pflegen“, zitierte die „Automobilwoche“ einen Mitarbeiter aus dem Umfeld von PSA-Chef Tavares. Der Konzern wolle nicht nur die Marke erhalten, sondern deren Bedeutung international ausbauen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist für Gespräche mit Tavares ebenfalls offen. Bereits am Freitag hatte sie betont, es werde alles politisch Mögliche getan, „dass die Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland gesichert sind“. Am Donnerstag fliegt Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) nach Paris, um mit ihrem Amtskollegen Michel Sapin auch über Opel zu reden. Der Opel-Koordinator von Bund und Ländern, Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD), sagte dem „Spiegel“, er sehe in der Übernahme große Chancen. „Durch den Zusammenschluss würde der zweitgrößte Autokonzern Europas entstehen“ Dadurch ergäben sich auch zusätzliche Möglichkeiten für Investitionen, Innovationen und Wachstum.