Hannover. Für Tausende Tuifly-Reisende fiel 2016 der Urlaub aus. Über Tage meldeten sich die Besatzungen krank. Die Kunden wollen Entschädigung.

Nach Hunderten Flugausfällen im Herbst treffen sich der Ferienflieger Tuifly und seine Kunden jetzt vor Gericht. An diesem Dienstag verhandelt das Amtsgericht Hannover über einige der ersten Fälle. Kunden fordern Entschädigungszahlungen nach dem EU-Fluggastrecht. Die Tuifly will nur den Reisepreis erstatten. Das Gericht will am Mittwoch eine Entscheidung verkünden.

Tuifly lehnt das ab. Hintergrund ist der Verdacht eines wilden Streiks von Piloten und Flugbegleitern. Besatzungen von Tuifly hatten sich reihenweise krankgemeldet, nachdem Pläne für ein Bündnis mit der Touristiksparte von Air Berlin und der arabischen Fluglinie Etihad bekanntgeworden waren.

Krankheitswelle bei Tuifly – was war da los?

Am 7. Oktober 2016 musste Tuifly den Betrieb wegen massenhafter Krankmeldungen der Besatzungen fast komplett einstellen. Auch an den Tagen davor und danach gab es bis 9. Oktober viele Flugausfälle. Auch Air Berlin war betroffen. Denn 14 Tuifly-Jets samt Personal sind seit Jahren im Streckennetz der Berliner eingeplant – und blieben an diesen Tagen ebenfalls am Boden.

Wie viele Kunden insgesamt strandeten, ist von Tuifly nicht zu erfahren. Für den heftigsten Tag, den 7. Oktober, hatte die Tochtergesellschaft des Reisekonzerns Tui von 9700 betroffenen Fluggästen berichtet.

Was ist jetzt vor Gericht in Hannover zu erwarten?

Bis Ende vergangener Woche waren allein beim Amtsgericht Hannover rund 600 Zivilklagen auf Entschädigung nach Flugausfällen anhängig. Die Menschen wollen eine finanzielle Entschädigung und nicht nur den reinen Ticketpreis erstattet bekommen. Die Zahl der Verfahren steigt immer noch. Entscheidungen gab es laut Gerichtssprecherin Catharina Erps bisher nicht.

Die Verhandlungen am Dienstag sind mit die ersten in der Sache. Tuifly-Sprecher Jan Hillrichs will keine Angaben dazu machen, mit wie vielen Verfahren das Unternehmen deswegen bundesweit zu tun hat. Neben der Klage in Hannover – dem Sitz des Unternehmens Tuifly – können Reisende auch am Abflugort klagen.

Lenkt Tuifly im Streit um die Entschädigungen ein?

Bisher nicht. Das Unternehmen beruft sich nach Gerichtsangaben darauf, dass die hohe Zahl an Krankmeldungen ein wilder Streik gewesen sei. Entschädigungen lehnt das Unternehmen ab und argumentiert damit, dass die massenhaften Krankmeldungen ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne höherer Gewalt gewesen seien.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs sind Fluglinien bei einem Streik von Entschädigungszahlungen befreit. Reiserechtler sahen bereits im Oktober die Airline in der Pflicht. Eine Krankheitswelle sei Sache der Fluggesellschaft – außer, sie könne nachweisen, dass es sich dabei um einen „wilden Streik“ handle, sagte Reiserechtler Ronald Schmid vom Fluggastportal Fairplane.

Gibt es ein Entgegenkommen hinter den Kulissen?

Dazu gibt es widersprüchliche Aussagen. Während die Kommunikationsabteilungen von Tui und Tuifly die abwehrende Linie vertreten, sagte Tui-Konzernchef Fritz Joussen im Dezember: „Natürlich werden die Passagiere gemäß den gesetzlichen Vorgaben entschädigt.“ Was das genau bedeutet, blieb aber offen.

Wie die Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX aus dem Veranstalterbetrieb der Tui erfuhr, soll das Unternehmen betroffenen Kunden solche Entschädigungen im Herbst durchaus schon gewährt haben. Vom Konzern gab es dafür aber bisher keine Bestätigung.

Schinken und Bier: Bordservice früher

Noch bis in die 1980er Jahre war der Bordservice in Flugzeugen fast unvorstellbar luxuriös. Bilder aus den Archiven von Lufthansa und Scandinavian Airlines zeigen frisches Fassbier und Hummer.
Noch bis in die 1980er Jahre war der Bordservice in Flugzeugen fast unvorstellbar luxuriös. Bilder aus den Archiven von Lufthansa und Scandinavian Airlines zeigen frisches Fassbier und Hummer. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Anfang 1960 wurde das Bier bei der Lufthansa nicht in Dosen, sondern frisch gezapft serviert.
Anfang 1960 wurde das Bier bei der Lufthansa nicht in Dosen, sondern frisch gezapft serviert. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Dazu gab es bei der deutschen Fluglinien einen frisch geschnittenen Schinken und einen Schnaps als „Absacker“.
Dazu gab es bei der deutschen Fluglinien einen frisch geschnittenen Schinken und einen Schnaps als „Absacker“. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
In den 1960er Jahren bei SAS sehr beliebt als Snack an Bord: Garnelen.
In den 1960er Jahren bei SAS sehr beliebt als Snack an Bord: Garnelen. © Scandinavian Airlines | SAS
Etwas später gab es dann auch immer wieder Hummer, wie dieses undatierte Foto zeigt.
Etwas später gab es dann auch immer wieder Hummer, wie dieses undatierte Foto zeigt. © Scandinavian Airlines | SAS
Um diesen luxuriösen Service zu bieten, wurde in den Bordküchen weit mehr gebraten und aufgewärmt, als es heute der Fall sein dürfte.
Um diesen luxuriösen Service zu bieten, wurde in den Bordküchen weit mehr gebraten und aufgewärmt, als es heute der Fall sein dürfte. © Scandinavian Airlines | SAS
Die warmen Speisen wurden direkt aus dem Topf oder von Platten am Platz serviert.
Die warmen Speisen wurden direkt aus dem Topf oder von Platten am Platz serviert. © Scandinavian Airlines | SAS
Das Personal konnte die Gäste der skandinavischen Airline vom Gang aus beraten.
Das Personal konnte die Gäste der skandinavischen Airline vom Gang aus beraten. © Scandinavian Airlines | SAS
Die Köche hantierten mit heißen Soßen ...
Die Köche hantierten mit heißen Soßen ... © Scandinavian Airlines | SAS
... und an großen Büfetts.
... und an großen Büfetts. © Scandinavian Airlines | SAS
Auch die Lufthansa hatte lange Zeit Köche an Bord, wie auf diesem Foto aus dem Jahr 1958 zu sehen ist.
Auch die Lufthansa hatte lange Zeit Köche an Bord, wie auf diesem Foto aus dem Jahr 1958 zu sehen ist. © Lufthansa Bildarchiv | Gundlach
In separaten Lounges speisten die Gäste an Bord der Lockheed L 1049 G „Super-Constellation“ der Lufthansa.
In separaten Lounges speisten die Gäste an Bord der Lockheed L 1049 G „Super-Constellation“ der Lufthansa. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Einen Drink konnte man entweder am Platz oder an der Bar zu sich nehmen.
Einen Drink konnte man entweder am Platz oder an der Bar zu sich nehmen. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Nach Essen und Getränken ein kleiner Nachtisch? Für diesen Gast gab es ein kleines Stück Käse an Bord von SAS.
Nach Essen und Getränken ein kleiner Nachtisch? Für diesen Gast gab es ein kleines Stück Käse an Bord von SAS. © Scandinavian Airlines | SAS
Statt aktueller Kinofilme auf kleinen Bildschirmen sah das Unterhaltungsprogramm der Lufthansa 1958 Kartenspiele vor.
Statt aktueller Kinofilme auf kleinen Bildschirmen sah das Unterhaltungsprogramm der Lufthansa 1958 Kartenspiele vor. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Für Kleinkinder hatten Lufthansa-Maschinen um 1957 Babykörbe an Bord.
Für Kleinkinder hatten Lufthansa-Maschinen um 1957 Babykörbe an Bord. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Auch größere Betten waren vorhanden.
Auch größere Betten waren vorhanden. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Bei SAS wurde sogar Frühstück ans Bett gebracht.
Bei SAS wurde sogar Frühstück ans Bett gebracht. © Scandinavian Airlines | SAS
Bei den Skandinaviern galt auch nach dem Ende der Schwarz-Weiß-Foto-Ära ein ausgiebiges Essen als guter Service.
Bei den Skandinaviern galt auch nach dem Ende der Schwarz-Weiß-Foto-Ära ein ausgiebiges Essen als guter Service. © Scandinavian Airlines | SAS
Frische Gerichte bot die Lufthansa auch 1984 noch an.
Frische Gerichte bot die Lufthansa auch 1984 noch an. © Lufthansa Bildarchiv | Fritz Dessler
Besondere alkoholische Getränke mussten die Fluggäste separat bezahlen.
Besondere alkoholische Getränke mussten die Fluggäste separat bezahlen. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
Mit der Einführung von unterschiedlichen Klassen nahm der luxuriöse Bordservice etwas ab.
Mit der Einführung von unterschiedlichen Klassen nahm der luxuriöse Bordservice etwas ab. © Lufthansa Bildarchiv | Lufthansa AG
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Wer hat die besseren Karten, die Reisenden oder das Unternehmen?

Wie die Richter entscheiden, ist völlig offen. Reiserechtler glauben, dass Tui eher schlechte Karten hat, Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu verweigern. Bei einer über dreistündigen Flugverspätung haben Reisende je nach Flugstrecke Anspruch auf eine Entschädigung von 250 bis 600 Euro, wenn die Fluggesellschaft die Verzögerung zu verantworten hat. Wer gar nicht fliegen kann, obwohl er pünktlich am Abfertigungsschalter war, hat Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 600 Euro.

Wann ist mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen?

Das kann noch dauern. Gegen die Entscheidungen eines Amtsgerichtes in erster Instanz kann die unterlegene Partei Berufung einlegen, wenn der Streitwert höher als 600 Euro ist. Da vergleichsweise wenige Menschen allein in Urlaub fliegen, dürfte diese Summe in einem Großteil der Fälle überschritten sein.

Wie teuer könnte die Angelegenheit für Tuifly werden?

Würde das Unternehmen die Betroffenen entschädigen, käme nach Einschätzung von Reiserechtlern schnell eine Millionensumme zusammen. Erhielte etwa jeder der 9700 Fluggäste vom 7. Oktober die für Verspätungen bei kurzen Flügen geltenden 250 Euro, hätte Tuifly bereits mehr als 2,4 Millionen Euro zu zahlen. (dpa)