Berlin. Durch illegale Beschäftigung verliert der Staat 2017 rund 50 Milliarden Euro Steuern und Sozialabgaben – weniger als in den Vorjahren.

Der Mechaniker repariert nach Feierabend noch schnell das Auto seines Freundes. Ein Maler streicht am Wochenende die Wände von guten Bekannten. Die Pflegekraft aus Osteuropa betreut eine demente Rentnerin. Eine Putzfrau kommt wöchentlich einmal, um bei der gestressten Familie für Grundordnung zu sorgen. Das Ganze natürlich ohne Rechnung, schwarz – an der Steuer vorbei.

Die Variationen der Schwarzarbeit sind vielfältig. Wie in praktisch jeder Region der Welt gehört das inoffizielle Geldverdienen, ohne dafür Steuern zu bezahlen, auch in Deutschland zum Alltag. In diesem Jahr dürfte die Schattenwirtschaft allerdings weiter um rund 1,8 Prozent auf 330 Milliarden Euro zurückgehen – und damit sechs Milliarden Euro unter dem Vorjahreswert liegen, prognostizierten der Schattenwirtschaftexperte Professor Friedrich Schneider von der Universität Linz und das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) am Dienstag in einer gemeinsamen Studie.

Jeder zehnte Euro geht am Staat vorbei

Damit reduziert sich das Verhältnis der in Schwarzarbeit erbrachten Leistung zur offiziellen Wirtschaft um 0,4 Punkte auf 10,4 Prozent. Es ist zugleich der niedrigste Stand seit dem Beginn der Studienstatistik 1995. Insgesamt gehen dem Staat durch diese illegalen Tätigkeiten 2017 geschätzt 50 Milliarden Euro an Steuereinnahmen und Sozialabgaben verloren.

Es ist bereits das achte Jahr in Folge, in dem die Schattenwirtschaft in Deutschland zurückgeht. Den Hauptgrund dafür sieht Schneider in der günstigen wirtschaftlichen Situation. „Bessere Beschäftigungsmöglichkeiten führen dazu, dass weniger Personen ihre Arbeitskraft in der Schattenwirtschaft anbieten.“ In konjunkturell stärkeren Perioden bleibe den Festangestellten weniger freie Zeit, um sich etwas dazuzuverdienen. Denn: Die meisten Schwarzarbeiter – etwa zwei Drittel bis drei Viertel – gingen tagsüber einer regulären Beschäftigung nach. Das Zubrot werde in der Freizeit verdient, erläutert der Wissenschaftler. Damit seien die meisten Schwarzarbeiter nach Worten von Schneider per se auch „keine Sozialschmarotzer“, da sie nur den schwarz erarbeiteten Zusatzverdienst nicht versteuerten.

Vor allem im Handwerk und auf dem Bau wird illegal gearbeitet

Die meiste Schwarzarbeit entfällt in Deutschland mit 39 Prozent auf das Handwerk, Baugewerbe und Reparaturarbeiten, weitere 16 Prozent werden im Kfz-Gewerbe geleistet. Stark verbreitet ist die Schattenwirtschaft mit 17 Prozent auch bei haushaltsnahen Dienstleistungen – von Putzdiensten über Gartenarbeit bis hin zur Hausaufgabenbetreuung für Kinder. Allein vier Prozent davon entfallen auf die Pflege von Senioren und Kranken. Weitere 16 Prozent werden in der Gastronomie, in Hotels und Taxibetrieben erbracht. Wie viele Flüchtlinge illegal arbeiten, dazu gebe es keine Zahlen.

Eine der Ursachen für Schwarzarbeit sei die „hohe Abgabenbelastung des Faktors Arbeit“, ist Schneider überzeugt. Die Steuerlast zu senken wäre ein Weg, diese zu beseitigen. Schon die für 2017 geplante steuerliche Entlastung führe zu einer Senkung der Schattenwirtschaft um drei Milliarden Euro, so die Experten. Noch viel größer wäre die Wirkung, wenn die sogenannte kalte Progression abgeschafft und der Preisanstieg in die Einkommenssteuergrenzen einbezogen würde.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert unterdessen mehr Personal für den Zoll und die dortige Finanzkon­trolle Schwarzarbeit, um illegale Beschäftigung aufzudecken. Verdi sieht einen Grund für den Rückgang der Schwarzarbeit in der stärkeren Regulierung des Arbeitsmarktes, wie etwa die Einführung des Mindestlohns, so ein Sprecher: „Viele Menschen können von ihrem Lohn jetzt wieder leben.“