Bedburg-Hau. Weil Mitarbeiter von dm gezielt viele Angebote beim Rivalen Rossmann kaufen, gibt es Streit. Jetzt droht der Konflikt zu eskalieren.

Einer dm-Mitarbeiterin wurde in einer Filiale des Konkurrenten Rossmann zu Jahresbeginn untersagt einzukaufen. Jetzt hat Giannina Zentrich ihren Unmut auf der Facebook-Seite von Rossmann zum Ausdruck gebracht. Dort beschreibt sie die Demütigung und Diskriminierung, die sie im Umgang mit den Mitarbeitern in der Filiale erfahren habe, weil man ihr die Waren nicht verkaufen wollte.

„Ohne böse Hintergedanken“ habe sie „viele Produkte aus der aktuellen Werbung“ kaufen wollen, für sich, ihre Mutter und Bekannte aus den Niederlanden. Hintergrund für das Eingreifen von Seiten Rossmanns ist, dass das Unternehmen dm im November 2016 eingestanden hatte, dass die Firmenzentrale ihre Mitarbeiter gezielt auf den Ankauf von Sonderposten beim Konkurrenten Rossmann ansetzte.

Kundin beteuert als Privatperson einzukaufen

Mit vollem Einkaufswagen an der Kasse wäre der Kauf jedoch abgebrochen worden: „Von hinten aus dem Lager kam eine Frau, lauthals durch den Laden wurde gerufen: Bonabbruch, sofort Storno. Diese Kundin bekommt hier nichts!“, beschreibt Zentrich den Vorfall. Es sei ihr „ganz persönlicher Albtraum“ gewesen, denn man habe ihr unmittelbar unterstellt, im Auftrag für dm einzukaufen.

Sie beteuerte die Einkäufe für den Privatgebrauch zu tätigen. Und obwohl die Filialleitung Rücksprache mit dem Kundendienst hielt, wurde ihr nicht die haushaltsübliche Menge von je drei Artikeln pro Angebot verkauft. „Statt nun meine Ware kaufen zu dürfen wurde ich von den Mitarbeitern beleidigt und verhöhnt“, beschreibt die Kundin das Geschehen im Kassenbereich vor den Augen aller Kunden. Sie sei „nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Privatperson, Endverbraucher und Kundin.“

Rossmann unterstellt Kundin systematischen Aufkauf

Die Darstellung von Rossmann lässt dagegen einen anderen Schluss zu. Der Konzern wirft der Kundin vor, sie habe systematisch die Sonderangebote in der niederrheinischen Filiale aufkaufen wollen. Sie soll außerdem die dm-Filialleitung im Ort Bedburg-Hau innehaben.

„Frau Zentrich gehört nachweislich zu den dm-Aufkäufern in Bedburg“, äußert sich Stephan-Thomas Klose, Pressesprecher von Rossmann, zu den Vorwürfen. Den Nachweis solle der Storno-Kassenbon über die Produktzusammenstellung gegeben haben, der dem „bisherigen dm-Aufkauf-Schemata in zahlreichen anderen Rossmann-Märkten entsprach“, gibt Klose an.

Rossmann-Sprecher entkräftet Vorwand

Den Einwand mit dem Einkauf für den Hausgebrauch, weiß Klose zu entkräften. Sie „wollte zwei randvoll gefüllte Einkaufswagen mit Markenartikeln einkaufen: 28 mal Perwoll, 25 mal Odol, 75 mal Guhl.“

Mitarbeiter in den Rossmann-Filialen hätten nur in seltenen Fällen wie diesem einen Grund zum Handeln, wenn dm-Aufkäufer die Regale leerkaufen würden. Und Hausmarken, wie Frau Zentrich angibt, hätten sich nicht unter den Einkäufen befunden, „da sagt sie in ihrem Facebook-Post die Unwahrheit“, sagt Klose.

Kein Gesetz kann handelsübliche Abgabe regeln

Die Drogeriekette dm schickt Mitarbeiter gezielt zum Einkaufen in Filialen des Konkurrenten Rossmann.
Die Drogeriekette dm schickt Mitarbeiter gezielt zum Einkaufen in Filialen des Konkurrenten Rossmann. © dpa | Peter Steffen

Dass dm-Mitarbeiter zu Käufen dieser Art angehalten sind, hatte Christoph Werner, dm-Geschäftsführer für „Marketing und Beschaffung“, gegenüber unserer Redaktion schon im November eingeräumt. „Wir stellen unseren Kolleginnen und Kollegen in den dm-Märkten Informationen zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, die günstigste Einkaufsquelle für ihren Markt zu nutzen“, bezog Werner schriftlich Stellung.

Tatsächlich bestätigt der Handelsverband, dass es keinen Gesetzestext gibt, der die Abgabemengen einheitlich regeln könnte. Zu unterschiedlich bewerten Richter, welches Produkt in welcher Menge handelsüblich ist und den Bedarf einer Familie deckt. Hier hätte jeder einzelne Händler einen Ermessensspielraum.

Strafanzeige gegen Rossmann-Mitarbeiter

Der Vorwurf der Beleidigung durch das Rossmann-Personal schwebt weiter im Raum. Pressesprecher Klose stellt sich aber entschieden vor die Mitarbeiterin, die „sich absolut korrekt und höflich verhalten haben.“ Belegbar sei dies durch Video-Aufzeichnungen und Protokolle der Mitarbeiter, die nun zum Gegenstand polizeilicher Ermittlungen werden könnten.

Auf Nachfrage bestätigte Klose, dass Zentrich Anzeige gegen die Rossmann-Mitarbeiter gestellt habe. Kriminalbeamte hätten bereits die Personalien aller Mitarbeiter aufgenommen. Giannina Zentrich war bisher leider nicht für eine persönliche Stellungnahme zu erreichen.

Skepsis auf Facebook

Bei Facebook stößt die Darstellung der dm-Mitarbeiterin auf Skepsis. Ihre öffentliche Nachricht hat zahlreiche Nutzer bewogen, das Geschehen zu kommentieren. Dabei schlagen sie sich größtenteils auf die Seite des Konzerns, weil sie hinter der Beschwerde eine Marketingstrategie vermuten.

Dieser Fall zeige, dass Preis- und Konkurrenzdruck im Einzelhandel zunehmen, bestätigte der Handelsverband. Kaufen Einzelhändler die Produkte untereinander auf, könnten sich Verbraucher verärgert zeigen, wenn Sonderangebote schon frühzeitig ausverkauft sind.

Dieser Artikel ist zuerst auf WAZ.de erschienen.