Berlin. Italienische Läden sollen Nutella wegen des Krebsrisikos durch das enthaltene Palmöl aussortiert haben. Bestätigt ist das jedoch nicht.

Italiens größte Supermarktkette Coop nimmt Nutella wegen eines möglichen Krebsrisikos aus dem Sortiment – die Nachricht geistert seit einigen Tagen durch Medien und soziale Netzwerke. Doch sie stimmt nicht – zumindest nicht ganz.

Grund für die Spekulationen war die strenge Politik der Italiener in puncto Palmöl, eine der Hauptzutaten von Ferreros Nuss-Nougat-Creme. Im Mai 2016 hatte die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit Efsa eine Studie veröffentlicht, in der sie bestimmte Schadstoffe, die bei der Verarbeitung von Pflanzenölen entstehen können, als potenziell krebserregend einstufte. In Palmöl seien diese Stoffe in besonders hoher Konzentration gefunden worden.

Ferrero startete große Werbekampagne

Obwohl die Erkenntnis nicht neu ist, nahm die italienische Supermarktkette die Nachricht zum Anlass, Palmöl in allen Eigenprodukten durch andere Öle zu ersetzen und rief auch seine Handelspartner dazu auf. Eine weitreichende Forderung, immerhin enthält laut einer WWF-Studie aus 2016 jedes zweite Supermarkt-Produkt Palmöl.

Ferrero sah zum Tausch keinen Anlass und startete stattdessen eine groß angelegte Werbekampagne für die Reinheit seiner Produkte. Dafür, dass die Produkte des Süßwaren-Riesen deswegen nicht mehr in Coop-Filialen verkauft würden, gibt es bislang keine Bestätigung.

Krebserregende Wirkung im Tierversuch nachgewiesen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wies bereits 2009 auf das Risiko sogenannter Glycidol-Fettsäureester (GE) in verarbeiteten Pflanzenölen hin. Sie setzen im Magen Glycidol frei, dessen krebserregende Wirkung im Tierversuch nachgewiesen ist – einen als sicher geltenden Wert gibt es für GE deshalb nicht. Sie gelten für jüngere Altersgruppen schon bei durchschnittlichen Mengen als Grund für „mögliche Gesundheitsbedenken“.

Auch das sogenannte 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) wurde in der Efsa-Studie 2016 kritisch beleuchtet. Im Tierversuch sei der Stoff mit Organschäden in Verbindung gebracht worden, die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) liegt hier bei 0,8 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht. Palmöl gilt als Hauptquelle.

Gelegentliche Überschreitung der TDI-Werte tolerierbar

Die Gehalte beider Schadstoffe lassen sich jedoch bei der Herstellung verringern. So seien die GE-Gehalte in Palmöl zwischen 2010 und 2015 um die Hälfte reduziert worden, schreibt die Efsa. „Eine gelegentliche Überschreitung des TDI-Wertes soll nach Expertenmeinung tolerierbar sein, fortdauernde Überschreitung dagegen bedenklich“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Produkte mit Palmöl zu verbannen oder grundsätzlich durch andere Öle zu ersetzen, müsse jedoch nicht zum Erfolg führen. Dass auch etwa Oliven-, Walnuss- oder Traubenkernöl hohe Gehalte unter anderem an 3-MCPD haben können, zeigten in der Vergangenheit schon Kontrollen der Deutschen Lebensmittelüberwachung. „Die Industrie ist gefordert und muss bessere Verfahren in die Wege leiten, um den Schadstoffeintrag in die Lebensmittel zu reduzieren“, so Valet. (alir)