Washington. VW einigt sich mit US-Justizministerium auf Milliarden-Bußgeld. Fünf weitere Manager mittlerer Ebenen sind wegen Betruges angeklagt.

So viel musste in den USA noch nie ein Automobilhersteller auf den Tisch legen, um technische Fehler oder Umweltfrevel auszugleichen: Mindestens 22,3 Milliarden Dollar zahlt Volkswagen im Diesel-Skandal für den am Mittwoch amtlich gewordenen Vergleich mit dem Justizministerium und die schon länger ausverhandelte Einigung mit den Umweltbehörden sowie rund 550.000 betroffenen Diesel-Besitzern.

Die von der scheidenden Justizministerin Loretta Lynch im Beisein von hohen Regierungsfunktionären und der Bundespolizei FBI im Stile eines Tribunals verkündete Verständigung beinhaltet allein für das Ministerium ein Bußgeld aus Wolfburg in Höhe von 4,3 Milliarden Dollar.

VW bekennt sich des Betrugs schuldig

Damit seien strafrechtliche Konzsequenzen für den deutschen Konzern, der sich ausweislich von Gerichtsdokumenten offiziell des Betruges von Behörden und Kunden, der Verschwörung sowie der Behinderung der amerikanischen Justiz kriminellen Handelns schuldig bekannt hat, beigelegt.

„Wir können Unternehmen nicht ins Gefängnis stecken“, sagte ein ermittelnder FBI-Agent, „aber wir können demonstrieren, dass kein Konzern zu groß oder zu global ist, um ihn zu belangen, wenn Umwelt und Gesetze in Gefahr sind.“

Mehrere VW-Manager angeklagt

Die Verfolgung von Einzelpersonen, darauf legte Lynch Wert, ist von dem Schlussstrich ausgenommen. Neben dem bereits am Wochenende in Florida verhafteten ehemaligen Regulierungschef für Umweltauflagen bei VW Amerika, Oliver Schmidt, hat das Justizministerium gestern fünf weitere, teilweise höher angesiedelte Manager wegen Betruges und Verschwörung angeklagt. Heinz-Jakob Neusser (56), Jens Hadler (50), Richard Dorenkamp (68), Bernd Gottweis (69) und Jürgen Peter (59) sollen demnach aktiv an der Vertuschung der über einen Zeitraum von fast zehn Jahren geplanten und praktizierten Abgas-Manipulation von Diesel-Fahrzeugen beteiligt gewesen sein.

Ob die teilweise nicht mehr bei VW beschäftigten Experten für Motoren, Motoren-Entwicklung, Produktsicherheit und Regeleinhaltung, die sich allesamt nicht in den USA aufhalten, jemals vor einem US-Gericht stehen werden, ließ Lynch offen. Deutschland liefert in der Regel Staatsbürger nicht an ausländische Gerichtsbarkeiten aus. Man sei aber zuversichtlich, mit den zuständigen Stellen in Berlin kooperieren zu können, sagte die Demokratin.

Sie betonte dabei mehrfach, dass mit dem Zugriff auf Vertreter des mittleren Managements die Sache für höhere Ränge nicht automatisch nicht erledigt sei. „Wir folgen den Fakten“, hatte Vize-Generalbundesanwältin Sally Yates bereits im vergangenen Sommer die Richtung vorgegeben.

Winterkorn von Kronzeugen der Mitwisserschaft bezichtigt

Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn wird von Kronzeugen in den USA der Mitwisserschaft beim Abgasbetrug bezichtigt.
Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn wird von Kronzeugen in den USA der Mitwisserschaft beim Abgasbetrug bezichtigt. © dpa | Peter Steffen

Das bedeutet, dass sich der ehemalige VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn, der von VW-Kronzeugen in den USA der Mitwisserschaft bezichtigt wird, und andere Top-Manager nicht vor Strafverfolgung sicher fühlen können. „Die Ermittlungen sind noch lange nicht beendet“, sagte Ministerin Lynch.

Hintergrund: Sollte zum Beispiel der bis auf weiteres in US-Haft bleibende Oliver Schmidt die Führungsebene belasten, hätten die US-Fahnder ein Handhabe, auch in die ersten Reihen des weltgrößten Autokonzerns zu greifen.

Dort wurde bislang beteuert, erst mit Bekanntwerden des Skandals im September 2015 von der Nutzung einer Software erfahren zu haben, die den tatsächlichen Stickoxid-Ausstoß bei Dieselwagen im Testlabor verschleiert. Winterkorn und Markenvorstand Herbert Diess, der gerade auf der Auto Show in Detroit für neues Vertrauen in VW geworben hatte, sollen laut mehrerer Klageschriften in den USA bereits im Sommer 2015 detailliert informiert worden sein und den Schwindel trotzdem weiter gedeckt haben.

Winterkorn soll am 19. Januar im Abgas-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages vernommen werden. Er bestreitet bisher jedes Fehlverhalten. Sein Nachfolger Matthias Müller erklärte gestern zur Baustelle USA: „Volkswagen bedauert die Handlungen, die zur Dieselkrise geführt haben, zutiefst und aufrichtig.“