Berlin/Leipzig. Bei Reiseportalen von Unister soll es Betrug und Steuerhinterziehung gegeben haben. Jetzt beginnt der Prozess gegen drei Manager.

Fußballprofi Michael Ballack warb für ab-in-den-urlaub.de. Reiner Calmund war das Gesicht von fluege.de. Dank prominenter Gesichter in der Werbung und verlockender Angebote suchten Millionen Verbraucher auf den Reisewebseiten des Leipziger Unister-Konzerns nach Urlaubsangeboten.

Doch was versprochen wurde, wurde in vielen Fällen nicht gehalten. In den Verbraucherzentralen gingen bundesweit etliche Beschwerden über die Seiten ein. Der Vorwurf: bewusste Täuschung. Ab Mittwoch müssen sich drei Ex-Manager vor Gericht verantworten.

Das einstige Vorzeige-Start-up aus Sachsen musste im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden, nachdem Gründer und Geschäftsführer Thomas Wagner bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Seit rund vier Jahren ermittelten die Strafbehörden gegen das Unternehmen. Den Angeklagten wird Computerbetrug in Millionenhöhe und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Konkret geht es um den Verdacht, dass Kunden der Unister-Flugportale Preisvorteile bei der Buchung vorenthalten wurden.

Staatsanwalt: Schaden von mehr als 7,6 Millionen Euro

In der Ankündigung des Landgerichts Leipzig ist von mehr als 87.000 Einzelfällen die Rede. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Gesamtschaden von mehr als 7,6 Millionen Euro aus. Hinzu kommt Steuerhinterziehung in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Laut Gericht wird vermutet, dass die Angeklagten Serviceentgelte nicht vollständig bei der Steuer angegeben haben. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.18 Verhandlungstermine sind angesetzt. Vermutlich wird im Juni ein Urteil gefällt.

Im aktuellen Prozess geht es um ein strafrechtliches Verfahren. Probleme gab es Verbraucherschützern zufolge auch an anderer Stelle. Susanne Baumer von den Marktwächtern Digitale Welt bei den Verbraucherzentralen spricht von einem systematischen Vorgehen. „Wir vermuten eine Masche hinter diesen Geschäftspraktiken“, sagt sie.

Gut 60 Prozent der Beschwerden über Online-Dienstleistungen im Reisebereich betrafen die Webangebote des Unternehmens. Am häufigsten beschwerten sich Kunden über Schwierigkeiten bei der Auszahlung von Gutscheinen und Guthaben. Den Verbrauchern war häufig nicht klar, was sie tun müssen, damit sie die Gutscheine einlösen können. In vielen Fällen verfiel das Guthaben schließlich.

Versteckte Gebühren, tückische Fallen

Zudem gab es Beschwerden über versteckte Servicegebühren oder zusätzliche Entgelte für die Art des Zahlungsmittels. Oder auch über besonders tückische Fallen: Der Kunde bricht die Buchung ab, weil er an den Reisedetails etwas ändern will. Doch das klappt nicht. Stattdessen soll für die ungewollte Buchung bezahlt werden, obwohl diese Reise gar nicht stattfinden soll. Der Kunde muss stornieren. Doch die Hotline ist nicht erreichbar – oder erst dann, wenn die Frist für den kostenlosen Widerruf verstrichen ist.

„Viele Dinge, die Unister gemacht hat, sind nicht unüblich in der Branche“, sagt Verbraucherschützerin Baumer. Zum Beispiel, wenn es um zusätzliche Servicegebühren geht oder um weitere Kosten, die erst nach der Buchung für den Kunden ersichtlich werden.

Allerdings nehmen auch die Beschwerden zu, die Veränderungen bei den Leistungen betreffen. Verbraucher werden auf andere Flüge umgebucht, sie werden in einem anderen Hotel untergebracht oder sogar bei den Reisedaten ändert sich einiges. Baumer sieht das Problem aber nicht nur bei den Anbietern, sondern auch bei den Kunden: „Vertragsbedingungen werden online von den Verbrauchern oft nicht gelesen.“

Firmengründer starb bei mysteriösem Flugzeugabsturz

In die Schlagzeilen geriet Unister im vergangenen Jahr nach einem tragischen Todesfall. Der Geschäftsführer und Gründer der Internetfirma, Thomas Wagner, kam im Sommer bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Er galt als zentrale Figur bei Unister, als derjenige, bei dem alle Fäden zusammenliefen. Auch gegen Wagner war ermittelt worden. Nun müssen die Richter klären, was die angeklagten Ex-Manager wussten und welche Entscheidungen sie überhaupt treffen konnten.

Die Umstände von Wagners Tod sind längst nicht geklärt. Offenbar versuchte er sich einen Kredit in Höhe von 15 Millionen Euro für seine strauchelnde Firma zu besorgen. Doch stattdessen bekam er Falschgeld angedreht und fiel auf einen Betrüger herein. Es gibt jede Menge Spekulationen. Die Ermittlungen laufen derzeit noch.

Kurz nach Wagners Tod musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Die Gründe für die Pleite sind vielschichtig, die Aufarbeitung der Geschäftsunterlagen nicht abgeschlossen. Wie hoch die Schulden tatsächlich sind, ist unklar. Es müssen rund 40 Gesellschaften beleuchtet werden. Mindestens rund 100 Millionen Euro stehen aber jetzt schon im Raum.