Berlin. Wegen des Klimawandels sind Kanonen für den Schnee auf Pisten gefragt. Drei Hersteller verdienen Millionen mit den künstlichen Flocken.

An der Küste hat „Axel“ mit Sturmfluten gewütet, für Wintersportfans aber ist das Tiefdruckgebiet ein wahrer Segen. Endlich liegt über den Alpen eine dicke Schneeschicht. Davon war in diesem Winter bislang wenig zu sehen. Im Dezember blieben die Hänge grün. Es war im ganzen Alpenraum einer der trockensten Dezember seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Ob wegen mangelnden Niederschlags oder zu warmer Temperaturen, der Klimawandel macht Pistenbetreibern und Wintersportfans in den Alpen seit Jahren zu schaffen.

Damit Skitouristen dennoch weiße Abfahrten hinuntersausen können, pusten die Pistenbetreiber immer häufiger Kunstschnee auf die Hänge. Davon profitiert vor allem eine Branche: Die Hersteller von Schneekanonen. Sie sind die wahren Schneekönige. Ohne sie geht im Skitourismus immer weniger. Ein Millionengeschäft, vor allem für drei Unternehmen, die sich den Markt weitgehend aufgeteilt haben.

Mindestens die Hälfte der Alpenpisten künstlich beschneit

Kaum ein nennenswertes Skigebiet verzichtet heute noch auf Schneekanonen. Nach Daten des Deutschen Alpenvereins wird mindestens die Hälfte der 100.000 Hektar Pistenfläche in den Alpen künstlich beschneit. In Österreich sind es 67 Prozent, in Südtirol fast 100. Dabei ist ein Ende im Alpenraum nicht in Sicht, sagt Tobias Hipp, Geowissenschaftler vom Deutschen Alpenverein. „Die künstliche Beschneiung wird in den meisten Alpenregionen weiterhin ausgeweitet. Sie wird als der Weg angesehen, um auch in niedrigeren Skigebieten den Betrieb zu gewährleisten.“

Für die Pistenbetreiber sind damit enorme Kosten verbunden. Je nach Wetterlage zahlen sie für einen Kubikmeter Kunstschnee zwischen 50 Cent und fünf Euro. Allein in Österreich wurden zur Vorbereitung auf die Skisaison 2015/16 rund 154 Millionen Euro investiert, um die Pisten zu beschneien. Damit die Abfahrten auch in dieser Saison weiß sind, gaben die Betreiber sogar 171 Millionen Euro aus.

Die erste Kanone besteht aus Landmaschinenteilen

Geld, das zu großen Teilen auch bei den Schneekanonenherstellern landet. Weltmarktführer ist die Firma Technoalpin aus Bozen in Südtirol. Deren Anfänge reichen in die Achtzigerjahre zurück: Auf der relativ warmen Südseite der Alpen kam es schon damals immer wieder zu Schneeausfällen vor und an Weihnachten – der Hauptsaison im Skitourismus.

In den Dolomiten lag Mitte Dezember in einigen Gebieten kaum Schnee.
In den Dolomiten lag Mitte Dezember in einigen Gebieten kaum Schnee. © REUTERS | STEFANO RELLANDINI

Die damaligen Betriebsleiter des Dolomiten-Skigebietes Obereggen, Walter Rieder und Georg Eisath, grübelten bei der Suche nach einer Lösung immer wieder über ein Thema: Kunstschnee. Zwar gab es schon Schneemaschinen in den USA, im warmen Südtirol erwiesen diese sich jedoch als untauglich. Gemeinsam mit dem Dorfschmied entwickelten sie schließlich aus Landmaschinenbauteilen eine eigene Schneekanone. Das Interesse am Gerät aus Südtirol war von Beginn an enorm.

Jahresumsatz wächst stetig

Heute setzt das Unternehmen 170 Millionen Euro um und wächst jährlich um zehn Prozent. 500 Beschäftigte arbeiten weltweit für die Südtiroler Firma, deren Schneekanonen in 1800 Skigebieten in 48 Ländern eingesetzt werden. Mit einigem Abstand folgt als zweitgrößter Anbieter die österreichische Firma DemacLenko aus Telfs. Dort setzte man im Geschäftsjahr 2015 rund 40 Millionen Euro um.

Für 2016 stehen die abschließenden Zahlen noch aus. Das Unternehmen rechnet aber mit einem Umsatzplus von 15 Prozent. Gemeinsam mit dem österreichischen Unternehmen Sufag, das mittlerweile zum französischen Konzern MND Group gehört, machen die Anbieter den Schneekanonenmarkt zu großen Teilen unter sich aus.

Wachstum in Europa ist aber begrenzt

Der alpine Skisport – zum Beispiel bei Olympischen Spielen – erschließt neue Märkte (Symbolbild).
Der alpine Skisport – zum Beispiel bei Olympischen Spielen – erschließt neue Märkte (Symbolbild). © Getty Images | Christophe Pallot/Agence Zoom

Bis heute verdienen die Hersteller das meiste Geld im Alpenraum. Das Wachstum in der Mitte Europas ist aber begrenzt. „Neue Skigebiete entstehen hier nicht, es geht vor allem um den Ausbau und die Optimierung bestehender Anlagen“, sagt Patrizia Pircher von Technoalpin. Enorme Hoffnungen setzt das Unternehmen daher in die USA. „Der US-Markt hat in den nächsten Jahren sicher am meisten Potenzial, da noch einige große Projekte anstehen. Wir pushen dort mit zunehmendem Erfolg unsere automatischen Anlagen“, sagt Pircher.

Daneben heißt die große Hoffnung aller Hersteller Asien. 2018 richtet Südkorea die Olympischen Winterspiele aus, vier Jahre später China. Entsprechend stark wird in den Ländern in Skigebiete investiert. DemacLenko verkaufte im vergangenen Jahr schon gut ein Fünftel seiner 1400 ausgelieferten Schneekanonen ins Reich der Mitte.

Olympische Spiele erschließen neue Märkte

Ähnlich ist die Stimmung bei Marktführer Technoalpin: „In den asiatischen Märkten, vor allem in China, ist derzeit viel in Bewegung. Die Olympischen Spiele in Südkorea und China tragen natürlich viel dazu bei. In beiden Ländern konnten wir 2016 richtungsweisende Aufträge sichern“, sagt Sprecherin Pircher. Und die Hoffnungen gehen bei Technoalpin noch weiter. „Wenn es gelingt, den Wintersport in China als Volkssport zu etablieren, entsteht ein enormes Marktpotenzial.“

Bei allen Wachstumsfantasien, der Schnee aus den Kanonen ist ökologisch nicht unbedenklich. „Kunstschnee verändert den Wasserhaushalt und die Vegetation in den Skigebieten“, sagt Geowissenschaftler Hipp. Für die Produktion werden in den Bergen Seen angelegt, das Wasser dafür aus den Tälern hochgepumpt. „In trockenen Alpenregionen wie Südtirol kann die künstliche Beschneiung so zur Wasserknappheit beitragen“, sagt Hipp.

Touristen müssen mehr für den Skipass zahlen

Und auch Skitouristen kommt der künstliche Schnee teuer. Die steigenden Kosten für die Beschneiung reichen die Pistenbetreiber an sie weiter. In Österreichs größtem Skigebiet bei St. Anton am Arlberg etwa stieg der Preis für einen Tagesskipass in den vergangenen fünf Jahren um 14 Prozent auf mittlerweile 52 Euro.