Berlin. Die Zahl der Zahn-Zusatzversichungen hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Der Trend geht zu mehr privater Vorsorge.

Die Versicherten gesetzlicher Krankenkassen schließen immer mehr Zahn-Zusatzversicherungen ab. Nach Angaben des Verbands der privaten Krankenversicherungen (PKV) hat sich die Zahl in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Allein im Jahr 2016 wurden rund 400.000 neue Zusatzversicherungen für die Zahnbehandlung abgeschlossen. „Das bestätigt den langjährigen Trend zu mehr privater Vorsorge, um den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung aufzustocken“, sagte ein Sprecher des PKV-Verbands.

Regelmäßige Kontrollen bringen mehr Zuschuss

Den neuesten Zahlen der PKV zufolge, die unserer Redaktion vorliegen, hatten Ende Oktober dieses Jahres 15,3 Millionen Menschen eine Zusatzversicherung für ihre Zähne. Zum 31. Dezember 2015 waren erst 14,9 Millionen Personen zusätzlich versichert. Im Jahr 2005 waren es gerade erst 7,8 Millionen. Damals wurde die Finanzierung für Zahnersatz reformiert.

Seitdem müssen sich die Patienten an den Kosten beteiligen. Die gesetzlichen Kassen zahlen für eine Brücke oder eine Krone nur einen pauschalen Zuschuss, üblicherweise die Hälfte. Patienten, die ihre Zähne regelmäßig vom Zahnarzt kontrollieren lassen, bekommen bis zu 65 Prozent Zuschuss.

Zuzahlung beträgt im Schnitt 854 Euro

Ein Grund für die hohe Nachfrage nach Zusatzversicherungen sind die steigenden Kosten, mit denen sich Kassenpatienten beim Zahnarzt konfrontiert sehen. So ist der Eigenanteil der Patienten, den sie für Zahnersatz leisten müssen, zuletzt deutlich gestiegen. Nach Auskunft der zweitgrößten Krankenkasse, der Barmer, mussten Patienten im Jahr 2012 im Durchschnitt 724 Euro für ihren Zahnersatz dazuzahlen.

Im Jahr 2014 waren es bereits 854 Euro; neuere Zahlen gibt es nicht. Die Daten stammen aus den Heil- und Kostenplänen, mit denen Zahnärzte eine Behandlung bei den Krankenkassen beantragen müssen. Die Rechnungen, die Patienten am Ende tatsächlich zahlen müssen, sind nach Einschätzung von Experten tendenziell noch etwas höher, weil sich Patienten oft für eine bessere Versorgung entscheiden. Sie werden aber nirgends zentral erfasst.

Kassen und Ärzte können mit der Situation gut leben

Es gibt aber einen weiteren Hinweis auf den wachsenden Eigenanteil von Patienten und damit den wachsenden Bedarf nach privaten Extra-Versicherungen: So zeigt die jüngste Statistik der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), dass inzwischen nur noch 48,7 Prozent der Gesamteinnahmen von Zahnarztpraxen über das System der gesetzlichen Krankenkassen kommen.

Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Einnahmen aus Privatrechnungen stammt. Zum Vergleich: 90 Prozent der Patienten sind gesetzlich versichert, und nur zehn Prozent haben eine private Krankenversicherung. Die Kassenpatienten zahlen also einen großen Teil ihrer Zahnarztrechnungen aus eigener Tasche oder über Extra-Versicherungen.

„Niemand weiß, wie viel Zahnpatienten wirklich zuzahlen“, sagt Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung. Daran werde sich auch kaum etwas ändern, denn sowohl die gesetzlichen Kassen als auch die Zahnärzte könnten mit der aktuellen Situation der festen Zuschüsse zum Zahnersatz gut leben: Die Kassen behielten ihre Kosten im Griff, und die Zahnärzte hätten mehr Spielraum, ihren Patienten eine bessere und teurere Versorgung anzubieten. Und die privaten Versicherer verkaufen immer mehr Zusatzversicherungen.