München. Das Fernbus-Angebot ist laut Experten erstmals seit Freigabe des Marktes gesunken. 2016 stieg Flixbus praktisch zum Monopolisten auf.

Was war das für ein Wettbewerb: Nachdem die Bundesregierung vor vier Jahren den Fernbusmarkt in Deutschland liberalisierte, rangen grüne, gelbe und blaue Busse mit Kampfpreisen um die Vormachtstellung auf den Autobahnen des Landes. Doch spätestens im Jahr 2016 ist dem Fernbusmarkt die Vielfalt abhandengekommen:

– und kommt jetzt auf einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent. Ist die Firma nun ein gefährlicher Monopolist? War gar die ganze Liberalisierung des Marktes ein Fehler, wie es etwa Politiker der Linkspartei sagen?

Deutsche Bahn nimmt Linie komplett vom Markt

Zumindest verzeichnet das Portal Fernbusliniennetz.de zurzeit ein merklich kleineres Angebot bundesweit. „Im November 2016 ist die Zahl der angebotenen Fernbusfahrten zum ersten Mal seit der Liberalisierung deutlich zurückgegangen“, sagt Rüdiger Knobel, der die Fernbus-Angebote in Deutschland seit der Freigabe des Marktes analysiert. Demnach wurden im November 32 Prozent weniger Fernbusfahrten angeboten als noch im Vorjahr.

Auch die Deutsche Bahn hat ihre Marke Berlin-Linienbus komplett vom Markt genommen; gleichzeitig hat Marktführer Flixbus einen Großteil der alten Postbus-Linien zusammengestrichen.

Zahl der Fahrgäste dürfte weiter gestiegen sein

Marktführer Flixbus hat sowohl den Konkurrenten Postbus als auch die Megabus-Linien übernommen.
Marktführer Flixbus hat sowohl den Konkurrenten Postbus als auch die Megabus-Linien übernommen. © imago/Jürgen Ritter | imago stock

Dennoch erwartet der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer, dass die Zahl der Fernbus-Fahrgäste im Jahr 2016 weiter gestiegen ist: von 23,2 Millionen auf etwa 25 Millionen Menschen bundesweit. Offizielle Zahlen veröffentlicht das Statistische Bundesamt erst später im Jahr. „Die Auslastung der Fernbusse ist also gestiegen“, sagt Christoph Gipp, Geschäftsführer des Iges-Instituts, „und damit auch die Wahrscheinlichkeit, mit Fernbus-Angeboten in Deutschland Geld zu verdienen.“ Das Iges-Institut erforscht den Markt regelmäßig seit der Liberalisierung im Jahr 2013.

Gipp sieht keinen Grund, die Freigabe des Fernbusmarktes als gescheitert anzusehen. „Das Ziel der Liberalisierung, eine preiswerte Mobilitätsalternative zu schaffen, wurde und wird nach wie vor erreicht“, sagt der Marktforscher.

Schließlich hat etwa die Deutsche Bahn mit Sonderangeboten und kostenfreiem Internet auf die Konkurrenz reagiert; die Zahl der Fahrgäste in Fernzügen ist im ersten Halbjahr 2016 um gut zehn Prozent auf einen neuen Rekordwert gestiegen. „Der Wettbewerb im Fernbusverkehr funktioniert weiterhin, weil trotz eines Marktführers auch andere Busanbieter und Alternativen wie Bahn, Auto und Flugzeuge bestehen“, sagt Gipp.

Monopolisierung noch nicht in Sicht

Wäre der Fernbusmarkt wirklich zu einem Monopol verkommen, könnte der Marktführer seine Stellung ausnutzen und viel höhere Preise verlangen. Zwar beobachten Marktforscher, dass die Normalpreise der Fernbusse seit einigen Monaten leicht steigen, und Anbieter nicht mehr mit Preisen von unter fünf Euro werben. „Aber bislang ist nicht zu beobachten, dass etwa Flixbus seine Marktposition ausnutzen würde“, sagt Gipp.

Das sei auch künftig nicht wahrscheinlich, weil die Kunden preissensibel seien. „Zudem müssen Fernbus-Anbieter immer eine gewisse Preisdistanz zum Wettbewerber Bahn wahren, weil sie deutlich langsamer unterwegs sind.“