Berlin. Angesichts der Nullzins-Politik steigen die Kosten für Girokonten. Die Preisspanne der Anbieter ist groß – bis zu 250 Euro pro Jahr.

Die von der Europäischen Zentralbank praktisch abgeschafften Zinsen machen nicht nur den Sparern zu schaffen, sondern auch den Instituten, denen sie ihr Geld anvertrauen. Besonders jene, die sich noch ein einigermaßen dichtes Filialnetz leisten, tun sich mit jedem weiteren Jahr im Null-Leitzins-Modus schwerer im Privatkundengeschäft. Kostenlose Girokonten werden seltener, die Filialbanken lassen sich zuvor gebührenfrei erbrachte Dienstleistungen häufig wieder extra bezahlen. Gleichzeitig haben sie ihre Dispo-Zinsen, die sie für das Überziehen des Kontos verlangen, kaum gesenkt.

Wie teuer ein Konto bei durchschnittlicher Nutzung des Dispos mit Konto- und Kartengebühren (Girocard und Kreditkarte) unterm Strich ist, hat der Düsseldorfer Finanzexperte Udo Keßler untersucht. Das Ergebnis spiegelt die Schwierigkeiten der Filialbanken wieder: Im zu Ende gehenden Jahr hat fast jede Filialbank die Preise für mindestens eines ihrer Girokonten erhöht – und zwar um bis zu 249 Prozent.

Weil die Direktbanken, die ohne Filialen und deshalb mit deutlich weniger Personal auskommen, nicht teurer wurden, geht „die Preisschere bei den Girokonten immer weiter auseinander“, sagt Studienautor Keßler. Zwischen dem preiswertesten Direktbank-Konto (Skatbank) und dem teuersten Premiumkonto (HypoVereinsbank/HVB) einer Filialbank liegt bei durchschnittlicher Dispo-Nutzung ein Kostenunterschied von 258 Euro im Jahr.

Berliner Sparkasse erhöht um 29,50 Euro

Untersucht wurden 22 Institute, deren Kontogebühren der Experte zuletzt im Sommer 2015 gecheckt hatte. Zwölf der getesteten 16 Filialbanken erhöhten seitdem mindestens eine Gebühr rund ums Girokonto oder kündigten dies für Anfang 2017 an.

Größte Preistreiberin war die HVB: Sie schaffte ihr günstiges „HVB Konto Online“ ab, das einschließlich der beiden Karten 20 Euro im Jahr kostete. Beim ebenfalls online zu führenden Nachfolge-Konto „HVB Aktiv“ stieg der Preis für die Kontoführung von null auf 34,80 Euro, für die „HVB ec-Karte“ von null auf fünf Euro und für die Standard-Kreditkarte von 20 auf 30 Euro – macht zusammen 69,80 Euro im Jahr. Das entspricht einem Gebührenanstieg von 249 Prozent.

Dieselbe Preisstrategie verfolgt auch die Berliner Sparkasse. Sie nutzt den Namenswechsel beim Girokonto zu „Giro Digital“ für eine Erhöhung der Preise um insgesamt 29,50 Euro oder 55 Prozent.

Unterschiedliche Namen für die Gebührenerhöhung

Die Geldhäuser sind recht kreativ bei der Gebührenerhöhung. Die Postbank etwa hat beim „Giro plus“ einfach den Passus gestrichen, es ab einem monatlichen Geldeingang von 1000 Euro zum Nulltarif zu führen. Statt bisher null fallen nun 46,80 Euro im Jahr an. Weil zugleich die Gebühr für die Kreditkarte stieg, verlangt die Postbank unterm Strich 75,80 Euro statt zuvor 22 Euro – ein Aufschlag von 245 Prozent.

Den höchsten Aufpreis für eine Girocard (ehemals EC-Karte) verlangt in der Studie die Sparda Bank Berlin, sie nimmt nun zwölf statt zuvor 7,50 Euro im Jahr. Dennoch kostet dort das komplette Girokonto mit Kontoführung, Girocard und Kreditkarte nicht einmal die Hälfte wie bei der Berliner Sparkasse: 41 statt 83,50 Euro.

Noch weit höhere Kosten als für Kontoführung und Karten können bei einer Nutzung des nach wie vor teuren Dispokredits anfallen. Fast jeder sechste Bundesbürger nutzt seinen genehmigten Dispokredit auch regelmäßig. Das Minus beläuft sich dabei auf 1180 Euro im Zwölf-Monats-Schnitt, wie eine Bankenumfrage von Keßler und der FMH-Finanzberatung ergab.

Einige Konten kosten jetzt dreistellige Euro-Beträge im Jahr

Angesichts des nach wie vor hohen, oft zweistelligen Dispo-Zinssatzes fallen bei den geprüften Filialbanken für die durchschnittliche Nutzung des Kredits meist dreistellige Euro-Beträge im Jahr an, im Schnitt 118 Euro. Die Dispo-Zinssätze der Filialbanken sanken im Schnitt trotz der Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank nur minimal von 10,2 auf glatte zehn Prozent.

Etwa die Hälfte der untersuchten Filialbanken bietet ihren Kunden unterschiedliche Dispo-Zinssätze für verschiedene Kontomodelle an – so auch Commerzbank und Postbank. Den höchsten Dispo-Zins zahlen Kunden in der Regel für das günstigste Kontomodell. Umgekehrt gehen niedrigere Dispo-Zinsen oft mit höheren Kontogebühren einher. Und dieser Aufschlag fällt Keßler zufolge meist mehr ins Gewicht als die eingesparten Dispo-Zinsen.

Unterm Strich zahlen die Kunden der getesteten überregionalen Geldhäuser, Sparkassen und Genossenschaftsbanken für das Girokonto-Gesamtpaket durchschnittlich 199 Euro im Jahr. Um mehr als die Hälfte günstiger sind im Schnitt die Direktbanken mit 92 Euro. Sie hielten ihre Preise für das Girokonto und die Karten stabil, das bedeutet: in der Regel kostenfrei. Bleibt hier nur der Dispo-Zinssatz als Unterscheidungsmerkmal: Mit 4,19 Prozent ist die Deutsche Skatbank im Test am günstigsten, gefolgt von der Deutschen Kreditbank (DKB) mit 6,90 und der ING-DiBa mit 6,99 Prozent.