Berlin. Mit Registrierkassen kann die leicht Buchhaltung manipuliert werden. Bundestag und Bundesrat wollen nun ein Gesetz dagegen beschließen.

Der Auftritt der Steuerfahnder vor zwei Monaten vor dem Finanzausschuss des Bundestags war eindrucksvoll: Tobias Teutemacher vom Finanzamt Münster berichtete den Abgeordneten von einem Fall, in dem ein Gastwirt nur die Hälfte seiner Einnahmen versteuert hatte. Die andere Hälfte tauchte in der Buchhaltung nicht auf, weil die Registrierkasse mithilfe einer Software manipuliert war.

Auch Edo Diekmann von der Oberfinanzdirektion Niedersachsen berichtete von einem Fall, in dem die Kasse ein geheimes Programm enthielt, mit dem der zu versteuernde Umsatz beliebig wählbar war: Der Geschäftsinhaber musste einfach einen virtuellen Schieberegler hin und her bewegen und konnte so den Wert einstellen, den er beim Fiskus angeben wollte.

Solche Fälle sollen nun der Vergangenheit angehören. An diesem Donnerstag will der Bundestag ein Gesetz gegen die Manipulation an Registrierkassen beschließen. Am Freitag sollen auch die Länder im Bundesrat zustimmen.

Gesetz ist ein Einstieg, um Steuerausfälle zu begrenzen

„Ich gehe davon aus, dass das Gesetz im Bundesrat eine Mehrheit finden wird“, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans dieser Zeitung. Der SPD-Politiker hatte die Diskussion um die manipulierten Kassen vor zweieinhalb Jahren angestoßen. Er habe sich zwar noch weiter gehende Regelungen vorstellen können, aber: „Das Gesetz ist ein wichtiger Einstieg, um Steuerausfälle zu begrenzen.“ Jetzt müsse man Erfahrungen mit dem Gesetz sammeln.

Der Bundesrechnungshof hatte schon lange gemahnt, den Mogelkassen den Kampf anzusagen. Bund und Länder verlieren hohe Summen, weil Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen, Schummelsoftware oder fingierten Rechnungen nicht oder falsch erfassen — vor allem geschieht dies in der Gastronomie und in anderen Branchen, in denen Kunden bar bezahlen. Die Steuergewerkschaft, die die Finanzbeamten vertritt, schätzt den Schaden auf zehn Milliarden Euro pro Jahr. Diese Summe bekräftigte Gewerkschaftschef Thomas Eigenthaler bei der Anhörung im Bundestag. Das Bundesfinanzministerium hält das für viel zu hoch, aber Handlungsbedarf sah auch Minister Wolfgang Schäuble (CDU) ein.

Registrierkassen müssen nun alle Eingaben verschlüsselt erfassen

Das Gesetz schreibt nun vor, dass Registrierkassen alle Eingaben verschlüsselt erfassen müssen. Nachträgliche Änderungen sollen nicht mehr möglich sein. Das gilt für Kassen, die ab 2020 neu angeschafft werden. Ältere Modelle müssen bis dahin nachgerüstet sein. Wenn das nicht geht, können Kassen noch bis 2022 in Betrieb sein. Schon ab 2018 dürfen die Finanzbeamten bei Geschäftsleuten unangekündigt prüfen, ob alle Umsätze verbucht sind.

Union und SPD hatten lange um Details des Gesetzes gestritten. Erst vor wenigen Tagen hatte es den Kompromiss gegeben. Nun muss nicht jeder, der etwas verkauft, eine elektronische Kasse anschaffen. Die SPD hatte das gefordert, die Union war dagegen.

Forderung nach einer Kassenpflicht

Die Ausgabe von Quittungen aber soll für elektronische Kassen ab 2020 zur Regel werden. Ausgenommen sind sogenannte offene Handkassen. Die Würstchenverkäufer auf Sportplätzen oder Schützenfesten sind also nicht betroffen. Eine solche Ausnahme muss aber beim Finanzamt beantragt werden. Generell muss jeder Gewerbetreibende künftig dem Finanzamt melden, was für ein Kassensystem er einsetzt.

Alle Maßnahmen könnten aber nur dann wirksam sein, sagt die CDU-Finanzpolitikerin Antje Tillmann, „wenn die Landesfinanzverwaltungen auch von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen“. Walter-Borjans glaubt nicht, dass die Debatte beendet ist. Das Gesetz müsse wohl nachgebessert werden: „Ich halte eine Kassenpflicht grundsätzlich für besser“, sagt er. „Vor allem müssen die Taxameter in Taxis endlich sicher vor Manipulationen werden.“ Aber das sei eine neue Baustelle.