Washington. VW erwarten in den USA neue Turbulenzen: Eine Behörde hegt den Verdacht, dass der Autokonzern Beweismittel absichtlich vernichtet hat.

Am 16. Dezember wollte Richter Charles Breyer in San Francisco noch schnell das Problem mit den 80.000 ebenfalls manipulierten 3-Liter-Dieselmotoren gütlich beilegen – und dann ab in die Weihnachtspause. Das war der Plan von VW Amerika am Ende eines turbulenten Verhandlungs-Jahres, das den Wolfsburger Konzern in den USA im Zuge der Diesel-Betrugsaffäre mindestens 17 Milliarden Dollar kosten wird.

Aber dann kam der VW-Zeuge Manuel Sanchez ins Spiel. Und was er der Handelsbehörde FTC in den vergangenen Monaten sagte, fand man dort entweder „unsinnig oder ausweichend“. 250 Mal, so geben es Unterlagen der „Federal Trade Commission“ her, soll Sanchez in Vernehmungen mit „Ich weiß es nicht“ geantwortet haben.

Behörde vermutet, dass Beweise vernichtet wurden

Die FTC hatte im Frühjahr ein Verfahren wegen irreführender Werbung eingeleitet. Tenor: VW habe Dieselkunden in USA das Blaue vom Himmel versprochen. In Wahrheit verpesteten die insgesamt zur Debatte stehenden 550.000 Autos die Umwelt, weil VW-Ingenieure die Abgasvorrichtungen manipuliert hatten.

Richter Breyer ist nun am 22. Dezember aufgefordert, den wichtigen Zeugen erneut für eine Befragung freizugeben. Der Hintergrund ist möglicherweise brisant. Laut FTC, einer von mehreren staatlichen Beteiligten bei der strafrechtlichen Aufarbeitung des Diesel-Skandals, sind 23 Mobiltelefone von hochrangigen VW-Funktionären entweder verschwunden. „Oder ihre Speicher wurden gelöscht.“

Mitarbeiter beschuldigen Arbeitgeber

Während die VW-Anwälte den Vorgang als nebensächlich abtun, hegt die FTC den Verdacht, dass bei VW mit Absicht Beweise über die Mitwisserschaft beim Abgasbetrug vernichtet worden sein könnten. US-Behörden gingen im Gespräch mit unserer Redaktion schon kurz nach Bekanntwerden des Skandals um getürkte Abgaswerte am 18. September 2015 davon aus, dass „bis in höchste Management-Ebenen seit Jahren bekannt gewesen sein muss, dass VW mit hoher krimineller Energie die strengen Abgas-Vorschriften in den USA unterläuft“.

Neben Zeuge Sanchez hat die FTC auch noch eine andere Person im Visier. Im März dieses Jahres hatte ein IT-Experte des Autobauers seinen Arbeitgeber bei den US-Behörden offiziell angeschwärzt. Schon damals war die Rede von Datenlöschungen im großen Stil in einem VW-Rechenzentrum in Michigan.

„Empfindliche Strafen“ drohen

Dem unbekannten Mitarbeiter wurde fristlos gekündigt. Wolfsburg sah in ihm einen Maulwurf, der die US-Justiz mit unliebsamen Material füttern könnte. Die FTC will genauer wissen, wie und warum es zur Kündigung kam. Die Behörde ist dabei Nutznießer einer Regelung, die VW in den USA per se sehr verwundbar macht. Die vom Wolfsburger Konzern mit der internen Aufklärung des Skandals beauftragte Kanzlei Jones Day berichtet nicht nur diskret an den Vorstand um Matthias Müller. Auch das Justizministerium in Washington wird regelmäßig ins Bild gesetzt.

Sollte sich dort der Eindruck festsetzen, dass VW vertuscht und Kritiker (Whistleblower) mundtot macht, könnte das Justizministerium, das nach der Amtseinführung von Präsident Donald Trump von dem Republikaner Jeff Sessions geführt wird, „empfindliche Strafen verhängen“, hieß es gestern im Umfeld des Ministeriums.