Brüssel. Die EU plant neue Sparstandards für viele Haushaltsgeräte. In Europa soll künftig eine einheitliche Musterrechnung für Strom gelten.

  • Angepeilte Maßnahmen sollen 607 Terawattstunden einsparen, ungefähr der Jahresbedarf Schwedens.
  • Für Wasserkocher, Handtrockner und Aufzüge sind Sparstandards geplant
  • EU-Parlament und Ministerrat müssen Gesetzesvorschläge der Kommission noch beschließen

Brüssel entrümpelt den Katalog mit Geräten, für die EU-weite Energiespar-Vorgaben erlassen werden. Das „Öko-Design“ hat schon in der Vergangenheit für viel Ärger über Brüsseler Regelungswut gesorgt, besonders bei der Ausmusterung der Glühbirnen. Deshalb verzichtet die EU jetzt auf Vorschriften, die auch für manchen Duschkopf oder Toaster das Aus bedeutet hätten. Wohl aber sollen Sparstandards entwickelt werden für Wasserkocher, Handtrockner, Aufzüge, Solaranlagen, Gefriertruhen, Hochdruckreiniger und Klimaanlagen.

Insgesamt sehen die Verantwortlichen in Brüssel die Ökodesign-Vorschriften nämlich als sehr erfolgreiches Instrument. So wird nach Darstellung der Kommission durch die bestehenden Vorgaben bis 2020 der Energieverbrauch in der Größenordnung eines Jahresbedarfs Italiens gedrosselt. Mit den jetzt angepeilten weiteren Maßnahmen könnten noch einmal 607 Terawattstunden eingespart werden, ungefähr der Jahresbedarf Schwedens.

Schnellerer Wechsel zu günstigem Stromanbieter

Profitieren soll der Endverbraucher auch von einem schnelleren Weg zum günstigeren Strom-Anbieter. Innerhalb von drei Wochen, so das Konzept, soll der Kunde zu einem neuen Versorger wechseln können, normalerweise ohne Aufschlag. Damit er überhaupt weiß, wo er billiger an seine Energie kommt, müssen die Stromrechnungen nach Mustervorlagen allgemeinverständlich Verbrauch und Preise ausweisen. Auch soll ein Versorger einem Kunden nicht einfach den Strom abdrehen dürfen – dabei muss ein geregeltes Verfahren eingehalten werden.

Haushalte sollen von ihrem Energielieferanten einen „intelligenten Zähler“ anfordern können, mit dem der Verbrauch auf Zeiten mit günstigem Preis konzentriert werden kann. Außerdem will Brüssel Kleinerzeugern unter die Arme greifen: Jeder Bürger hätte das verbriefte Recht, allein oder gemeinsam mit anderen Strom zu produzieren, zu speichern oder ins Netz einzuspeisen.

Nach den Vorgaben der Kommission soll sich die EU das verbindliche Ziel setzen, bis 2030 mindestens 30 Prozent weniger Energie im Vergleich zu 2007 zu verbrauchen – drei Prozentpunkte ehrgeiziger, als bislang vereinbart. Der Anteil der Erneuerbaren Energien soll 27 Prozent erreichen. Dabei will Brüssel weiter auf verbindliche Vorgaben verzichten, welchen Beitrag die einzelnen Mitgliedstaaten leisten sollen.

Grüne: „Kommission schreckt vor konsequenter Energiewende zurück“

Die Kommission sparte bei der Vorstellung des rund 1000 Seiten starken „Winterpakets“ zum Energiemarkt nicht mit Selbstlob. Es gehe um den „wahrscheinlich größten Wandel seit der Errichtung großer Kraftwerke“, sagte der zuständige Vizepräsident Maros Sefcovic.

Die ersten Reaktionen aus Politik, von Verbraucherseite und aus der Wirtschaft fielen indes gemischt aus. Der europäische Verbraucherdachverband BEUC lobte die verbesserten Möglichkeiten zum Preisvergleich und zum Anbieterwechsel. Subventionen für die Einspeisung des Ökostroms von Kleinerzeugern zu streichen sei aber „ein sehr schlechtes Signal für die Verbraucher. Die wissen nicht mehr, wann ihre Investition sich rentiert.“

Industrie warnt vor Wachstumsbremse

Die Grünen im Europa-Parlament waren nicht begeistert: „Die Kommission schreckt vor einer konsequenten Energiewende zurück. Während die Erneuerbaren in Zukunft weitgehend ohne Hilfen am Markt bestehen müssen, werden Kohle und Atomenergie weiter künstlich am Leben gehalten.“ Der Verband der Chemischen Industrie warnte dagegen vor „einer Wachstumsbremse für energieintensive Branchen“.

EU-Parlament und Ministerrat müssen die Gesetzesvorschläge der Kommission noch beschließen.