Berlin. Die Namen insolventer Firmen leben im Internet weiter, wie das Portal Hertie.de. Es verkauft Spielzeug. Auch Praktiker ist wieder da.

„20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“ – für diesen Slogan war die Baumarktkette Praktiker bekannt, bis die Strategie nicht mehr aufging: 2013 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Jetzt ist die Marke mit dem blau-gelben Logo wieder zurück: Seit Oktober betreiben Christoph Kilz und Dirk Oschmann unter Praktiker.de einen Online-Baumarkt. Die Seite startet als Preisvergleichsportal für Heimwerkerprodukte und soll im zweiten Schritt ein größeres Baumarkt-Sortiment anbieten als die Konkurrenz.

„Nach unseren aktuellen Erhebungen und Recherchen ist der Name Praktiker bei den Konsumenten weiterhin äußerst positiv besetzt und hat noch eine überragende Bekanntheit“, sagt Gründer Dirk Oschmann.

Quelle und Neckermann leben online weiter

Praktiker ist das jüngste Beispiel des Trends, untergegangene Marken wiederzubeleben: Als im August 2009 die letzten Hertie-Warenhäuser schlossen, ging ein Stück deutscher Einzelhandelsgeschichte zu Ende. Doch der Name der von Oscar Tietz Ende des 19. Jahrhunderts gegründeten Kaufhauskette lebt im Internet weiter: Das Osnabrücker Unternehmen HDK AG sicherte sich die Namensrechte an der Marke Hertie und verkauft seit 2013 im gleichnamigen Online-Shop Spielzeug, Technik und Haushaltsgeräte.

Ähnlich verlief es beim Traditionsversandhaus Quelle. Nach der Insolvenz 2009 kaufte Konkurrent Otto die Namensrechte und startete 2011 den Online-Marktplatz Quelle.de. Der wurde 2013 in einen Universalversandhandel umgewandelt, in dem auch wieder Waschmaschinen und Kühlschränke der einstigen Quelle-Eigenmarke Privileg zu finden sind. Ähnlich bei Neckermann: Das frühere Kaufhaus ist seit rund drei Jahren ein Online-Versandhandel und gehört zur Otto-Gruppe.

Großer Markenname hilft beim Marketing

Warum sind Markennamen auch nach der Insolvenz noch attraktiv? „Große Marken, die lange im Verkehr sind, graben sich ins kollektive Gedächtnis ein“, erklärt Kai-Uwe Hellmann, Soziologe und Konsumforscher an der Technischen Universität Berlin das Phänomen. Indem die Online-Händler das Kapital der Traditionsmarke wiederbelebten, sparten sie viel Geld. „Eine neue Marke aus dem Nichts heraus bekannt zu machen, produziert immense Kosten“, sagt der Soziologe.

Die Strategie scheint in vielen Fällen aufzugehen: „Wir sind mit der Entwicklung im laufenden Jahr mehr als zufrieden“, sagt ein Hertie-Sprecher , allerdings ohne Umsatzzahlen zu nennen. Ein großer Markenname sei vor allem im Hinblick aufs Marketing hilfreich: „Die Kaufwahrscheinlichkeiten sind einfach höher, als wenn man Meinkaufhaus24.org heißen würde.“ Darüber hinaus helfe eine bekannte Marke beim Produktmanagement, im Einkauf und dem Gewinnen von Personal.

Quelle.de sprudelte zunächst nicht

Auch bei Quelle.de ist man zufrieden: Das Portal entwickle sich „sehr dynamisch“, teilt die österreichische Unito mit, Tochter der Otto-Gruppe. Im vergangenen Geschäftsjahr habe man mit Quelle in Österreich, Deutschland und der Schweiz erstmals einen dreistelligen Millionenbetrag umgesetzt. Neckermann.de scheint ebenfalls zu funktionieren: Besucherfrequenz und Umsatz hätten von Anfang an über Plan gelegen, heißt es bei der Otto-Group.

Allerdings ist die Neubelebung alter Marken kein Erfolgsgarant. Der Marktplatz Quelle.de wurde zunächst wegen mangelnden Erfolgs eingestellt – erst nach der Neuausrichtung als Online-Händler, der Teile des Otto-Sortiments verkauft, lief es.