Köln. Während sich im Streit um Kaiser’s Tengelmann eine Einigung abzeichnet, deutet sich ein neuer Konflikt zwischen Edeka und Rewe an.

Gute Nachrichten für die 15.000 Beschäftigten von Kaiser’s Tengelmann: Edeka und Rewe haben im Streit um die Zukunft der Supermarktkette die wohl größte Hürde aus dem Weg geräumt. Die Supermarktketten verständigten sich am Dienstag untereinander über die Aufteilung der Filialen von Kaiser’s Tengelmann. Das bestätigten Sprecher beider Unternehmen.

Abgeschlossen sind die Verhandlungen damit aber noch nicht. Nach wie vor offen sei der Kaufpreis. Und auch Details des Kaufvertrages müssten noch ausgehandelt werden, hieß es bei Rewe. Dies soll nach Informationen unserer Redaktion innerhalb der nächsten zwei Wochen geschehen. Dennoch war in mit den Verhandlungen vertrauten Kreisen von einem wichtigen Fortschritt die Rede.

Ex-Kanzler Schröder hatte vorzeitige Einigung verkündigt

Tengelmann, Edeka und Rewe hatten sich bereits vor zwei Wochen in einem von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geleiteten Schlichtungsverfahren auf die Grundzüge eines Kompromisses geeinigt. Im Mittelpunkt stand schon damals die Aufteilung des Kaiser’s Tengelmann-Geschäfts in Berlin auf die beiden Handelsriesen. Doch erwies sich das Aushandeln der Details danach als schwieriger als erwartet.

Zeitweise war sogar von einem möglichen Scheitern der Gespräche die Rede. Dieser Konflikt ist zumindest gelöst. Ob es auch Änderungen bei den Filialen in Bayern und in Nordrhein-Westfalen gibt, war zunächst offen. Mit der Einigung scheint ein Ende des nun schon seit zwei Jahren schwelenden Konflikts um die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka in greifbare Nähe gerückt. Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub hatte vor zwei Jahren beschlossen, seine tiefrote Zahlen schreibende Supermarktkette an Edeka zu verkaufen.

Juristischer Streit führte zum Stillstand

Der Plan stieß jedoch bei Wettbewerbshütern auf heftigen Widerstand. Sie befürchteten durch einen Verkauf der Kette ausgerechnet an den Marktführer Edeka weniger Wettbewerb und steigende Preise im deutschen Lebensmittelhandel. Im April 2015 untersagte das Bundeskartellamt deshalb den Zusammenschluss.

Zwar gelang es Tengelmann und Edeka nach monatelangem Ringen, das Veto der Wettbewerbshüter durch eine Ministererlaubnis von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auszuhebeln. Doch wurde die Ausnahmegenehmigung im Juli vom Oberlandesgericht Düsseldorf auf Antrag von Rewe sowie der Wettbewerber Markant und Norma, die mittlerweile ihre Klage zurückgezogen haben, gestoppt.

Rewe zieht Klage erst zurück, wenn Einigung besiegelt ist

Rewe will seine Klage allerdings erst zurückziehen, wenn die Einigung unter Dach und Fach ist. Kaiser’s Tengelmann beschäftigt heute in gut 400 Filialen noch rund 15.000 Mitarbeiter. Der Vollzug der Ministererlaubnis würde den Kaiser’s Tengelmann-Beschäftigten dank der Vorgaben der Ministererlaubnis eine fünfjährige Arbeitsplatzgarantie bescheren.

Bei einem Scheitern der Verhandlungen hätten eine schnelle Zerschlagung der Kette und der Verlust Tausender von Arbeitsplätzen gedroht. Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub hatte die ersten Maßnahmen dazu bereits vor dem Schlichtungsgespräch eingeleitet, die Verkaufsbemühungen aber während der Verhandlungen ausgesetzt.

Nächster Streit zwischen Edeka und Rewe steht bevor

Unterdessen bahnt sich zwischen Edeka und Rewe schon der nächste Konflikt an. Denn Edeka hat Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts eingelegt, dem Rivalen die Übernahme von rund 200 Supermärkten der Handelskette Coop zu erlauben.

Ein Sprecher des Oberlandesgerichts Düsseldorf bestätigte am Dienstag den Eingang der Klage. Die neuerliche juristische Auseinandersetzung spiegelt nach Einschätzung des Handelsexperten Thomas Roeb das angespannte Verhältnis zwischen den Konzernen wider: „Die Klage ist für Edeka ein Mittel, um Druck auf Rewe auszuüben.“

Kaiser’s Tengelmann im Vergleich ein Zwerg

Verglichen mit Edeka oder Rewe ist die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann ein Zwerg. Sie betrieb Ende 2015 noch 418 Filialen in Deutschland und erwirtschaftete mit knapp 15.300 Mitarbeitern einen Nettoumsatz von 1,78 Milliarden Euro. Einst bundesweit vertreten, finden sich die Filialen heute nur noch im Großraum Berlin, in München und Oberbayern sowie in Teilen Nordrhein-Westfalens.

Die meisten Geschäfte – insgesamt 187 – gab es zum Jahresanfang noch in Bayern. Im Großraum Berlin betrieb die Kette weitere 124 Supermärkte, 107 Filialen lagen im Rheinland. Aktuell dürften es allerdings schon wieder einige weniger sein.

Einer der ältesten Lebensmittel-Einzelhändler

Das Familienunternehmen kann auf eine Geschichte bis ins Jahr 1876 zurückblicken. Damit ist Kaiser’s Tengelmann nach eigenen Angaben das älteste Lebensmittel-Handelsunternehmen Deutschlands. Die Verluste summierten sich seit der Jahrtausendwende auf mehr als 500 Millionen Euro.