Berlin/Karlsruhe. Richter am BGH in Karlsruhe erklären Darlehensgebühren in Höhe von 2 Prozent für unzulässig. Verbraucher können Rückerstattung fordern.

Viele Bausparer dürfen sich freuen. Bausparkassen dürfen für die Auszahlung eines Darlehens keine Extra-Gebühren mehr verlangen. Eine entsprechende Klausel in den Verträgen erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag für ungültig. Die Kunden würden dadurch unangemessen benachteiligt.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte die Bausparkasse Schwäbisch Hall wegen dieser Praxis verklagt. „Das Urteil ist ein Erfolg für die Verbraucher“, sagte Verbraucherschützer Christian Urban dieser Zeitung. Betroffene Kunden hätten nun die Möglichkeit, zu viel gezahlte Gebühren zurückzufordern. Die Bausparkasse Schwäbisch Hall versicherte: „Berechtigten Ansprüchen unserer Kunden kommen wir selbstverständlich nach.“ Wie viele der bundesweit rund 30 Millionen Bausparer von dem Urteil betroffen sind, ist nicht bekannt. Worum es bei dem Verfahren geht und wie Verbraucher zu ihrem Recht kommen:

Wie funktioniert Bausparen?

Das Bausparen ist eine Kombination aus Geld sparen und Geld leihen. Der Kunde verpflichtet sich, einen Teil der von ihm festgelegten Bausparsumme über die Jahre selbst einzuzahlen. Die Differenz kann er nach einer bestimmten Zeit als Darlehen in Anspruch nehmen, sobald der Vertrag „zuteilungsreif“ ist. Die Ansparphase dauert oft sieben Jahre und länger. Im Unterschied zu einem normalen Immobiliendarlehen steht die Höhe der Zinsen weit im Voraus fest.

Was sagt das BGH-Urteil?

Die Bausparkasse Schwäbisch Hall erhob in der Vergangenheit bei der Auszahlung eine Gebühr in Höhe von zwei Prozent des jeweils gewährten Bauspardarlehens. Bei einem Darlehen von 50.000 Euro betrug die Gebühr 1000 Euro. Diese Praxis betrachtete die Verbraucherzentrale NRW als „Unding“ und klagte dagegen. Während die Vorinstanzen, das Landgericht Heilbronn und Oberlandesgericht Stuttgart, die Klage abwiesen, sprachen die obersten Richter in Karlsruhe nun im Sinne der Verbraucher (Az. XI ZR 552/15).

„Der BGH folgt mit dieser Entscheidung nun auch gegenüber den Bausparkassen stringent seiner bisherigen Rechtsprechung zu Kreditbearbeitungsentgelten“, urteilt Frank-Christian Pauli, Finanzexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Der BGH entschied bereits 2014, dass Banken kein Bearbeitungsentgelt verlangen dürfen, weil sie damit interne Kosten auf die Kunden abwälzen. „Für Bauspardarlehen gilt nichts Abweichendes“, sagte der Vorsitzende Richter.

Welche Verträge sind betroffen?

Die Gebühren für die Darlehensauszahlung sind vor allem in älteren Verträgen festgeschrieben. In neuen Verträgen der 20 Bausparkassen taucht die Klausel nach Verbandsangaben der Branche nicht mehr auf. Schwäbisch Hall hatte sie im Jahr 2000 abgeschafft, Wüstenrot seit Oktober 2013. Jeder Bausparer muss in seinem Vertrag schauen, ob die Klausel vorhanden ist. In der Regel haben die Bausparkassen zwischen ein und drei Prozent der Darlehenssumme als Gebühr erhoben.

Was können Betroffene tun?

Bausparer, die in der Vergangenheit Darlehensgebühren bezahlt haben, sollten sich zügig an ihre Bausparkassen wenden und Erstattung verlangen. Als Vorlage könne ein Musterbrief der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen genutzt werden, empfiehlt Verbraucherschützer Urban. Eile ist vor allem für Betroffene geboten, die schon 2013 die Gebühr bezahlt haben. Hier droht die Verjährungsfrist von drei Jahren zu greifen.

Stellt sich die Bausparkasse quer, sollten verjährungshemmende Schritte eingeleitet werden. Ein einfaches Mahnschreiben reicht laut Verbraucherzentrale nicht. Es müsse ein Mahnbescheid oder eine Klage eingereicht werden. In vielen Fällen hilft es auch, ein Ombudsmannverfahren zu starten. Ob Erstattungsansprüche auch für Bausparer bestehen, die vor 2013 die Darlehensgebühren bezahlt haben, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Möglicherweise sind ihre Forderungen bereits verjährt.

Sind weitere Gebühren rechtswidrig?

Das Abschlussentgelt, das beim Unterschreiben eines Bausparvertrags bezahlt wird, bleibt bestehen. Diese Gebühr hat der Bundesgerichtshof bereits im Dezember 2010 für zulässig erklärt.

Lohnen sich Bausparverträge noch?

Bausparverträge sind derzeit vor allem für Verbraucher interessant, die mittel- bis langfristig eine Immobilie erwerben oder bauen wollen – auch in der Niedrigzinsphase. „Sie bieten die Möglichkeit, sich gegen einen künftigen Anstieg der Hypothekenzinsen abzusichern“, sagt der Finanzexperte von Stiftung Warentest, Jörg Sahr, dieser Zeitung. Bausparverträge können auch eine sinnvolle Rücklage für künftige Modernisierungen sein. „Als reiner Sparvertrag ist ein Bausparvertrag angesichts der niedrigen Zinsen derzeit aber ungeeignet“, meint Sahr. Hier bekomme man nach Abzug von Abschluss- und Kontogebühren nach zehn Jahren in der Regel weniger Geld ausbezahlt, als eingezahlt wurde. Ältere Verträge, für die es noch drei bis vier Prozent Guthabenzinsen gibt, blieben weiter eine gute Renditequelle.