Berlin. Das Bundeswirtschaftsministerium will die Kosten für den Netzausbau gleichmäßig auf Stromkunden verteilen. Das zeigt ein Gesetzentwurf.

Bei den Stromkosten soll es künftig gerechter zugehen. Die Bundesregierung plant, die Kosten für den Ausbau des Höchstspannungsnetzes bundesweit gleichmäßig auf die Stromkunden zu verteilen. Das geht aus einem Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, der die Netzentgelte regelt.

Danach würden Privathaushalte und Unternehmen in Ost- und Mitteldeutschland in den kommenden Jahren entlastet, Verbraucher in Westdeutschland dagegen zusätzlich belastet. Vor allem die Stromrechnung der Kunden in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz dürfte künftig etwas höher ausfallen. Denn etwa in NRW betreibt die Firma Amprion die Netze. Bei Transnet BW in Baden-Württemberg änderten sich die Kosten kaum.

Schluss machen mit Flickenteppich

Einen Vorteil hätten die Verbraucher in einem Streifen von Schleswig-Holstein über Niedersachsen und Hessen bis Bayern. Das sind die Gebiete, in denen die Unternehmen 50Hertz und Tennet große Überlandleitungen betreiben.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will nun offenbar Schluss machen mit dem Flickenteppich und die „Übertragungsnetzentgelte bundesweit vereinheitlichen“. Dass Privatleute und Wirtschaft unterschiedliche Gebühren entrichten, obwohl sie das zusammenhängende Höchstspannungsnetz nutzen, betrachtet Gabriel als mangelnde „Kosten- und Verteilungsgerechtigkeit“.

Milliarden-Ausgaben für neue Leitungen

Bisher werden die unterschiedlichen Kosten, die in den Gebieten der vier Unternehmen entstehen, überwiegend auf die Kunden in der jeweiligen Region umgelegt. Deshalb müssen Verbraucher in den Gebieten von 50Hertz und Tennet im kommenden Jahr mit erheblich steigenden Aufwendungen rechnen. Diese Firmen geben Milliarden Euro zusätzlich für die neuen Leitungen aus, die den Windstrom aus Nord- und Ostsee zur Industrie Bayerns und Baden-Württembergs bringen sollen.

Bei Amprion und Transnet BW steigen die Ausgaben für die Übertragungsnetze dagegen kaum. Nach dem aktuellen Berechnungsverfahren bleibt die netzbedingte Preissteigerung dort deshalb gering. Infolge der geplanten Vereinheitlichung allerdings würden die Netzkosten für Industrieunternehmen etwa um 30 Prozent wachsen, sagte ein Sprecher von Amprion.

Privatkunden dürften Vereinheitlichung spüren

Genau lässt sich das noch nicht beziffern. Denn die Netzkosten der Großkunden sind nur einer der Bestandteile der Kosten für die Stromversorgung. Für Privathaushalte hingegen dürfte sich die Vereinheitlichung bemerkbar machen. Haushalte im Bereich von 50Hertz und Tennet könnten etwa sechs Euro pro Jahr sparen, Kunden in Westdeutschland in einer ähnlichen Größenordnung zusätzlich belastet werden.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, begrüßte den Plan des Wirtschaftsministers. Es sei niemandem zu erklären, warum nur die Verbraucher, in deren Netzgebiet die Leitung steht, dafür zahlen sollen. „Bundeseinheitliche Netzentgelte sind seit langem überfällig“, sagt der Politiker.

Lage hat sich geändert

Um die Stromkosten weiter zu senken, will Gabriel außerdem die sogenannten vermiedenen Netzentgelte neu regeln. Bisher müssen sich dezentrale Stromproduzenten wie etwa Bauern­höfe, die Solaranlagen betreiben, zunächst an den Investitionen des Stromnetzes beteiligen. Sie erhalten diese Ausgaben später jedoch zurück. Denn der erzeugte Strom wird nicht ins Netz eingespeist, sondern auf dem Hof direkt verbraucht. Die Rückerstattung macht zehn bis 20 Prozent der gesamten Netzkosten aus, die die Verbraucher gemeinsam tragen.

Mittlerweile habe sich die Lage jedoch geändert, heißt es im Wirtschaftsministerium. Die Größenordnung soll nun auf dem Stand von 2015 eingefroren und dann innerhalb von zehn Jahren schrittweise abgeschafft werden.