Berlin. Die Wirtschaft in der EU wächst trotz Brexit-Votum. Deutsche Firmen verzeichnen aber schon Einbußen, beklagt der Außenhandelsverband.

Eine Firma, die in Großbritannien gerade mit dem Gedanken spielt, Mitarbeiter mit neuen Computern auszustatten, überlegt sich das gerade zweimal. Die Firma Microsoft kündigte jüngst an, die Preise für britische Geschäftskunden um bis zu 22 Prozent zu erhöhen.

Computer sind nicht das einzige Beispiel. Die Preise auf der Insel stiegen zuletzt so stark wie seit rund zwei Jahren nicht mehr. Die Inflationsrate erhöhte sich im September auf 1,0 Prozent. Seit dem Referendum im Juni büßte das Pfund zum Dollar fast 20 Prozent an Wert ein.

Bruttoinlandsprodukt wuchs

Dessen ungeachtet setzte die Wirtschaft in der Euro-Zone ihr Wachstum im Sommer fort und steckte den Brexit-Schock somit erst mal ganz gut weg. Nach Daten der Behörde Eurostat stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den 19 Ländern zwischen Juli und September um 0,3 Prozent zum Vorquartal an.

Für den deutschen Außenhandel ist das jedoch kein Grund zum Aufatmen. Schließlich ist Großbritannien Deutschlands drittwichtigster Absatzmarkt mit Exporten von 89 Milliarden Euro. Wuchsen im vergangenen Jahr die Ausfuhren dorthin noch um 12,3 Prozent, so waren es im ersten Halbjahr dieses Jahres nunmehr nur noch 0,5 Prozent. „Der politische und wirtschaftliche Flurschaden ist gewaltig“, sagte Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, unserer Redaktion.

Britisches Pfund verteuert Exporte

Unabhängig vom Brexit sei schon im ersten Halbjahr eine deutliche Abkühlung in diesen wichtigen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu verzeichnen gewesen. Besonders die Unsicherheit über das Wie und Wann des britischen Ausstiegs aus der EU werde sich in den nächsten Monaten lähmend auf die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen auswirken, prophezeit Börner.

Der GBA-Präsident weiter: „Solange dies unklar bleibt, ist davon auszugehen, dass einige, sicher nicht nur deutsche Unternehmen, ihre Investitionspläne zumindest vorläufig auf Eis legen. Zudem verteuert der Wertverlust des britischen Pfunds unsere Exporte erheblich.“ Schlimmer wiege noch, dass sich die Briten eben deutlich weniger leisten könnten. „Die Briten sind die Ersten, die unter den wirtschaftlichen Folgen zu leiden haben.“

Briten werden besonders leiden

Hochrechnungen zufolge müsse sich Großbritannien auf bis zu 30 Prozent Verminderung des Wohlstands bis 2030 einstellen. Entscheidend sei nun, auf welchen Modus Vivendi sich die EU und Großbritannien in ihren Austrittsgesprächen verständigen. „Es bleibt dabei, dass dies ein katastrophales Ergebnis für Großbritannien und auch für Europa und Deutschland ist“, so Börner.