Toulouse/Berlin. Der europäische Flugzeugbauer Airbus trotzte vielen ökonomischen Turbulenzen – und lieferte jetzt in Toulouse den 10.000. Flieger aus.

Mehr als vier Jahrzehnte nach seinem Start hat der europäische Flugzeugbauer Airbus seine 10.000. Maschine ausgeliefert. Der Jet des Typs A350 XWB ging an die Fluggesellschaft Singapore Airlines. „Wir sind besonders stolz, diesen Meilenstein feiern zu können“, sagte Konzernchef Tom Enders am Freitag in Toulouse. Die Erfolgsgeschichte führte über einen steinigen Weg. Ein Rückblick.

Der schwierige Start

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Flugzeugbau am Boden. Kleine Firmen werkeln vor sich hin. Mitte der 60er-Jahre reifen Überlegungen, einen Jet zu bauen, der auf Kurzstrecken zwischen Metropolen fliegt. 1967 gründet sich die Deutsche Airbus GmbH. Sie soll das Gemeinschaftsprojekt mit Frankreich und Großbritannien finanzieren. 1968 steht es vor dem Aus. Die Franzosen wollen die Concorde bauen, die Unterstützung für Airbus ist gering.

Großbritannien steigt 1969 aus dem Projekt aus. Die Bundesminister Franz-Josef Strauß (Finanzen, CSU), Karl Schiller (Wirtschaft) und Klaus von Dohnanyi (Forschung, beide SPD) wittern die Chance für die deutsche Industrie und setzen durch, dass die Bundesrepublik ihren Anteil auf 50 Prozent erhöht. Am 18. Dezember 1970 wird die Airbus Industrie G.I.E. mit Sitz in Paris gegründet.

Das erste Flugzeug

Der erste zweistrahlige Großraumjet der Welt bietet bis zu 300 Passagieren Platz, daher die Abkürzung A300. 1972 hebt das Flugzeug erstmals ab, eineinhalb Jahre später wird es an Air France ausgeliefert. Aufträge gibt es kaum. Bis Mitte 1976 sind gerade 20 Exemplare ausgeliefert. Das Programm wackelt. Als 1977 die US-Airline Eastern 32 Maschinen ordert, ist das der Durchbruch auf dem wichtigen US-Markt. Bis 2007 produziert Airbus 563 Stück der A300-Reihe, aus der später die verkürzte Version A310 abgeleitet wird.

Der Erfolgsschlager

Mit einer Revolution etabliert sich Airbus als Boeing-Konkurrent. 1984 erfolgt der Start für das A320-Programm. Das Modell ist rund zehn Meter kürzer und 1,50 Meter schlanker als der A300. Das elektronische Flugsteuerungssystem „fly by wire“ ist eine Neuerung, die bis dato nur in Kampfjets eingesetzt wird. Statt zur Steuersäule greifen die Piloten zu einem Sidestick, ähnlich dem Joystick bei Computerspielen. Für Puristen des Fliegens ein Frevel – zumal ein Bordcomputer die Befehle checkt, um Pilotenfehler zu verhindern.

Als 1987 Prinz Charles und Lady Diana den ersten A320 taufen, liegen 261 Festbestellungen und 176 Kaufoptionen vor – damals ein Rekord. Bis heute bleibt die Familie, die später um die kürzere A318 und A319 sowie die längere A321 erweitert wird, ein Bestseller. 12.776 Bestellungen gehen ein – drei Viertel aller Airbus-Aufträge. Weltweit startet oder landet alle zwei Sekunden einer der knapp 7000 ausgelieferten Jets, die zwischen 107 und 185 Passagiere fassen. Aufträge über 5520 Maschinen stehen noch in den Büchern.

Der größte Jet der Welt

Ende der 80er-Jahre denkt Airbus über ein Modell nach, in das mehr Passagiere passen als in eine Boeing 747. Das Programm startet Ende 2000. 50 Festbestellungen gibt es da bereits für den 72,72 Meter langen Jet, der im Vergleich 50 Prozent mehr Kabinenfläche und 35 Prozent mehr Sitzplätze bieten soll. Bis zu 853 Passagiere passen in den Flieger – bis heute so viele wie in keinen anderen.

Im April 2005 hebt der A380 erstmals ab, knapp ein Jahr später schafft er den Evakuierungstest. Die 853 Fluggäste plus 20 Crewmitglieder müssen in 90 Sekunden das Flugzeug verlassen. Nach 78 Sekunden ist der Jet leer. Doch an den Baustandorten werden unterschiedliche Konstruktionsprogramme benutzt. Die Folgen: Kabelstränge sind zu kurz, Sektionen für die Endmontage unvollständig ausgerüstet. Mit einiger Verspätung erhält im September 2007 Singapore Airlines den ersten A380.

Der modernste Flieger

Boeings „Dreamliner“ reißt Airbus aus den Träumen. Die 787 entpuppt sich als Verkaufsschlager. Der zweistrahlige Jet kämpft zwar mit Fertigungsproblemen, punktet aber mit Treibstoffersparnis und leichterer Bauweise aus Kohlefaserverbundwerkstoffen (CFK). Als Reaktion darauf will Airbus den A330 modernisieren. Seine Kunden überzeugt der Konzern damit nicht.

2006 startet das A350XWB-Programm. Das Kürzel steht für Extra Wide Body, einen breiteren Rumpf. Der Vorteil: Neun bis zehn Personen finden in einer Reihe Platz. Beim A380 verbaut Airbus zu rund 22 Prozent CFK, das als günstiger, robuster und leichter als das Traditionsmaterial Aluminium gilt. Die Folge: weniger Wartungsaufwand, geringere Betriebskosten. Der A350 besteht nun zu rund 53 Prozent aus CFK, ein Tick mehr als der „Dreamliner“. 2013 startet der Jungfernflug, anderthalb Jahre später erhält Qatar Airways den ersten A350.