Köln. Auf der Motorradmesse „Intermot“ in Köln liegen die DDR-Mopeds mit E-Antrieb im Trend. Die neue Schwalbe hat aber auch ihren Preis.

Die Schwalbe mit ihrem blauen Abgasfähnchen des Zweitaktmotors war einer der wenigen Millionen-Seller der DDR-Fahrzeughersteller: Nach der Wende war sie wegen ihrer Schnelligkeit auch im Westen sehr beliebt. Alle Wiederbelebungsversuche des Ost-Markenprodukts im vereinigten Deutschland scheiterten. Doch im nächsten Sommer kehrt die Schwalbe zurück, rauchfrei als E-Bike der etwas anderen Art, noch bis Sonntag zu sehen auf der Motorradmesse Intermot in Köln. Preisgünstige Elektroroller liegen im Trend, zu haben fast schon an jeder Internetecke, bei Start-ups und in Berlin auch zum Ausleihen nach dem Carsharing-Prinzip.

5000 Euro Basispreis für die modernisierte Schwalbe

Wieder auf die großen Räder gestellt wird die Schwalbe von Govecs aus München, gebaut im polnischen Wroclaw, wo das Münchener Unternehmen seit 2009 Elektroroller zusammensetzt. Warum gerade im ehemaligen Breslau statt in Suhl oder Zschopau, den alten Zentren der untergegangenen DDR-Motorradindustrie? „Weil Breslau sich zum Start-up-Zentrum für Elektromobilität entwickelt“, sagt Govecs-Sprecher Daniele Cesca. Die Schwalbe sei ihr „erstes Lifestyle-Produkt“, sagt Govecs-Geschäftsführer Thomas Grübel.

Das hat mit mindestens 5000 Euro seinen Preis. Dafür soll es ab nächsten Frühsommer außer dem historischen Schwalbe-Schriftzug auf dem charakteristischen Spritzwasserschutz hochwertige Bosch-Technik geben und 100 Kilometer Reichweite dank sechs Kilowattstunden aufnehmender, moderner Lithium-Ionen-Batterie. Wie bei anderen Elektrorollern zum Laden herausnehmen lassen sich die Akkus nicht. Nähere technische Details stehen noch nicht endgültig fest, ebenso die Ausstattungsvarianten. Schwalbe-Shops sollen in den Metropolen entstehen, der sogenannte „Onsite-Service“ beim Kunden vor der Haustür reparieren. Absetzen möchte man von dem 45 Stundenkilometer schnellen Zweirad im ersten Jahr „eine vierstellige Anzahl“.

Mit umweltfreundlichen Leih-Mopeds durch Berlin

Auch in Berlin haben Fans des E-Rollers ihre Nische entdeckt. Das Start-up Unu verkauft seine schicken Mopeds im Retro-Design ab rund 1700 Euro. Lackierung und Sitzfarbe können Kunden sich online selbst zusammenstellen, der Akku ist herausnehmbar und lässt sich an der heimischen Steckdose aufladen. Das Unternehmen eMio – ebenfalls mit Sitz in der Hauptstadt – bringt die rauchfreien Roller per Verleihsystem an den Mann. Nutzer können sich im Netz registrieren, ihren Führerschein per Videochat vorlegen und den Roller anschließend an einer der in der Stadt verteilten Stationen abholen. Entriegelt wird das Gefährt per Smartphone-App, Helm und Hygienekappe sind mit im Preis enthalten, verspricht der Anbieter.

Mit anderem Preismodell aber gleichem Ausleihprinzip ging in diesem Jahr auch eine von Elektrogeräte-Hersteller Bosch gestellte E-Roller-Flotte unter dem Namen Coup an den Start. Die Scooter der Marke Gogoro stehen derzeit in Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Kreuzberg.

Näher am Original arbeiten drei polnische Jungunternehmer aus Breslau. Sie bauen echte Schwalbenteile aus Deutschland, Polen und dem Internet zu Elektrorollern um und vertreiben sie unter dem Namen „Retro Electro“. „Elektromobilität auf zwei Rädern liegt im Trend“, sagt Achim Marten vom Industrieverband Motorrad in Essen. Bei „richtigen“ Motorrädern ist der E-Anteil bei 150.000 Neuzulassungen jährlich und der Bestand (zu Jahresbeginn 14.000 Stück) ebenso verschwindend gering (unter einem Prozent) wie bei Pkw. Auch die Gründe sind ähnlich: zu teuer, zu geringe Reichweite, fehlende Ladeinfrastruktur und außerdem sind Fahrer in der Höchstgeschwindigkeit eingeschränkt. Bei den zulassungsfreien und deshalb nicht vom Kraftfahrt-Bundesamt erfassten Rollern mit kleinem Versicherungskennzeichen gibt es keine Bestandszahlen, „nicht einmal Schätzungen“, so Marten.

E-Roller sollen an den Erfolg des Pedelecs anknüpfen

Pedelecs, Fahrräder mit unterstützendem, aber nicht alleine antreibendem Elektromotor, haben nach explosivem Wachstum 2015 bereits 12,5 Prozent Anteil am Neufahrradgeschäft erobert. Das entspricht mehr als einer halben Million Stück – Tendenz steigend. Aufgrund der stark sinkenden Batteriekosten – 200 statt vor Jahren noch 1000 Euro pro Kilowattstunde Speicherkapazität – wird kleinen Elektrorollern ein Boom zugetraut. Vor allem da China-Importe nicht mehr kosten müssen als ein ganz normales Pedelec.