Berlin/Köln. Der WDR wirft der Telekom vor, mit miesen Tricks Kunden zu ködern. Der Konzern kontert, die TV-Doku sei voreingenommen. Wer hat Recht?

Ein Ehepaar, das seit drei Jahren für ein „Entertainment-Paket“ bezahlt, das man überhaupt nicht habe kaufen wollen. Eine Tierärztin, deren Telefonanlage immer wieder Aussetzer hat, die sie unerreichbar machen. Ein an Parkinson leidender älterer Mann aus dem Sauerland, dessen moderne „Voice over IP“-Technik regelmäßig streikt. Drei Fälle aus der TV-Dokumentation „Aufgedeckt. Die Tricks der Telekom“, die der WDR am Mittwochabend ausstrahlte – und nun für reichlich Ärger sorgt.

Die WDR-Reporter prangern in dem 45-minütigen Beitrag vor allem zwei Punkte an. Zum einen übten Telekom-Mitarbeiter in Callcentern bei Verkaufsgesprächen massiv Druck auf die Kunden aus, um zu Verkaufsabschlüssen zu kommen – und drehen den Kunden dabei auch Produkte an, die diese gar nicht wollen oder brauchen. „Gerade ältere Leute sind Zielgruppe für Telefonverträge“, sagt in dem Film auch eine Verbraucherschützerin. Zudem, so der zweite Kernvorwurf in der Doku, lasse die Telekom Kunden mit fehlerhafter Technik allein.

„Der einzelne Kunde ist letztlich egal“

Die Vorwürfe unterlegt der WDR mit Zitaten von Mitarbeitern aus Telekom-Callcentern und Zitaten aus „internen Dokumenten“ des Konzerns. Demnach seien die Mitarbeiter angehalten, „gnadenlos“ Telekom-Produkte an den Mann zu bringen. Verkaufen geht vor beraten“, heißt es an einer Stelle. Oder: „Die Zahlen sind das Wichtigste.“ Der Telekom sei „der einzelne Kunde letztlich egal“. Insgesamt zeigt die Reportage die Telekom als gewissenloses Groß-Unternehmen, das nur auf den schnellen Profit aus ist.

Insgesamt starker Tobak, der natürlich den Widerspruch der Telekom provoziert. Und der Konzern erhebt nun im Gegenzug seinerseits Vorwürfe gegen die Doku-Macher.

Telekom wirft dem WDR mangelnde Objektivität vor

„Die WDR-Reporter hatten eine voreingenommene Meinung“, sagte Konzernsprecher Husam Azrak gegenüber unserer Redaktion. Die Journalisten hätten „Einzelfälle“ aufgebauscht, manche Recherchen auf „Hörensagen“ beschränkt und ein vom Konzern angebotenes Interview vor laufender Kamera mit einem Sprecher der Telekom abgelehnt.

In der Sache räumt Azrak zwar ein, dass es unter den rund 15.000 Mitarbeitern, die in den Callcentern der Telekom arbeiten, auch schwarze Schafe gebe: „Ich kann nicht ausschließen, dass der eine oder andere auch Druck macht. Doch dies ist nicht unsere Firmenpolitik. Verkaufen um jeden Preis, auch zum Nachteil des Kunden – das gibt es bei uns nicht.“ Aus „punktuellen Erfahrungen“ auf eine generelle Linie zu schließen, wie der WDR es getan habe, sei eine „falsche Unterstellung“.

Und wo liegt nun die Wahrheit?

Jeder Telefonbesitzer kennt die nervigen Anrufe aus den Callcentern, wenn einem mal wieder das neueste Super-Angebot präsentiert wird. Die gibt es bei der Telekom, aber nicht nur dort und nicht nur von Mobilfunk-Anbietern. Und viele haben auch schon die Erfahrung gemacht, dass sich der Anrufer nicht so einfach abwimmeln lässt und womöglich sogar pampig wird. Das ist höchst ärgerlich.

Gänzlich unerträglich ist es, wenn den Kunden – speziell älteren Menschen – teure Produkte aufgeschwatzt werden, die diese gar nicht benötigen. Wer solche Methoden anwendet oder duldet oder nicht abstellt, darf sich über kritische Berichterstattung nicht beschweren.

Allerdings: Solche Vorwürfe, auch gegen die Telekom, sind nicht neu. Entsprechende Foren im Internet sparen nicht mit Kritik. Dafür hätte es also keiner Doku mit „eingeschleustem Reporter“, nachgestellten Szenen und unscharfen Gesichtern bedurft. Da wurde künstlich Dramatik erzeugt, um einen Mangel an Fakten auszugleichen. Denn: Der unterschwellige Vorwurf, dass die Telekom systematisch und gezielt miese Tricks im Umgang mit Kunden anwendet, wurde durch diese Reportage letztlich nicht belegt.

Die Doku „Aufgedeckt. Die Tricks des Telekom“ in der WDR-Mediathek.