Frankfurt/Main. Die drohende Rekordstrafe in den USA gefährdet die Sanierung der Deutschen Bank. Staatshilfe-Spekulationen weist die Regierung zurück.

Die Hiobsbotschaft über die milliardenschweren Strafzahlungen in den USA ist erst gut eine Woche alt, da muss Deutsche-Bank-Chef John Cryan schon den nächsten Rückschlag verkraften. Am Montag sackte die Aktie des Geldhauses auf ein Rekordtief und hielt sich nur knapp über zehn Euro.

Anlass waren Gerüchte, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Bankvorstand über staatliche Hilfen für das Geldhaus gesprochen haben soll. „Es gibt keinen Anlass für solche Spekulationen“, dementierte der Regierungssprecher Steffen Seibert. Auch die Bank stellte klar: Cryan habe zu keinem Zeitpunkt die Bundeskanzlerin um Hilfe gebeten.

Milliardensumme übersteigt Rücklagen

Das US-Justizministerium droht dem Geldhaus mit einer Strafe von mehr als 14 Milliarden Dollar (12,4 Milliarden Euro) wegen Geschäften mit hypothekengedeckten Wertpapieren. 2008 führte der Ausfall der Papiere zur weltweiten Finanzkrise. Diese Summe würde die Rücklagen des Instituts weit übersteigen.

Zwar weisen Analysten darauf hin, dass derlei Strafen auch Verhandlungssache seien: „Die Behörden gehen mit einer hohen Nummer rein in das Spiel“, sagt Christoph Schalast, Bankenexperte der Frankfurt School of Finance and Management. Am Ende aber könne eine Summe zwischen vier und acht Milliarden Euro stehen. Auch das wäre noch zu viel für eine Bank, die ihre Rückstellungen dafür auf nur fünf bis sechs Milliarden Euro beziffert.

Deutsche Bank in Rechtsstreitigkeiten verwickelt

Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), warnt jedoch, normalerweise würden in Verhandlungsprozessen um Strafen in den USA erst am Ende Zahlen an die Öffentlichkeit gelangen. Dass in diesem Fall schon zu Beginn die Strafhöhe genannt wurde, berge die Gefahr, dass der Verhandlungsspielraum viel kleiner sei als sonst.

Der Rechtsstreit in den USA ist nicht der einzige, den das Bankhaus derzeit führt. Insgesamt ist die Deutsche Bank weltweit in etwa 6000 Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Besonders brisant ist ein Geldwäscheskandal in Russland, der ebenfalls zu einer hohen Strafe führen könnte.

„Diese Geißel der Vergangenheit lähmt John Cryan“, beobachtet Nieding. Die anderen Kreditinstitute eilten davon, sagt er mit Verweis auf die amerikanischen Wettbewerber, aber auch auf die Schweizer Bank UBS.

Teure Regulierung, gefährlich niedrige Zinsen

Statt viel Geld für Strafen auszugeben, wären Investitionen dringend nötig: Schon vor knapp einem Jahr hatte Cryan den schlechten Zustand der IT beklagt. Was die Digitalisierung angeht, so sei die Bank deutlich im Hintertreffen, sagen Analysten. Auch habe die Bank bislang Personalkosten nicht reduziert, moniert Dieter Hein, Analyst von Fairesearch. Noch schlimmer: Diese seien sogar gestiegen. Nicht zuletzt leidet die Deutsche Bank wie auch ihre Konkurrenten unter der teuren Regulierung und den Auswirkungen der niedrigen Zinsen.

Die Deutsche Bank braucht also schlicht Geld, um die Strafzahlungen begleichen zu können. Nur woher das Kapital nehmen? Der fest vereinbarte Verkauf der Beteiligung an der chinesischen Hua-Xia-Bank sollte über die Bühne gehen, hofft Analyst Markus Rießelmann von Independent Research. Das könnte der Bank gut drei Milliarden Euro einbringen. Der Verkauf der Postbank hingegen kommt nicht voran. Die Deutsche Bank kann sie derzeit am Markt nicht zu gewünschten Preisen verkaufen.

Analyst rät zu Neustart mit anderem Management

Am Ende könnte die Bank auf eine Kapitalerhöhung nicht herumkommen. Doch auch die dürfte problematisch sein: „Die Bank hat in den letzten acht Jahren 25 Milliarden Euro an frischem Kapital eingesammelt“, sagt Analyst Hein. Im Moment seien die Aktionäre nur bereit, pro Euro Eigenkapital 26 Cent zu zahlen. An einer solchen Kapitalerhöhung müsste sich etwa das Emirat Katar als Großaktionär beteiligen. „Auch China käme da in Betracht“, mutmaßt Anlegeranwalt Klaus Nieding, „aber wäre das politisch vermittelbar?“

Analyst Hein rät gar zu einem kompletten Neustart. John Cryan verfolge die Strategie seiner Vorgänger Anshu Jain und Jürgen Fitschen, kritisiert Hein. Man brauche Manager, die nicht vorbelastet seien. Damit das gelinge, müsse auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner gehen.