Berlin. Möblierte Wohnungen sind in den Großstädten auf dem Vormarsch. Denn so versuchen Vermieter, trickreich die Mietpreisbremse zu umgehen.

Schicke Dielen, aber alte Möbel und ein Bad, das wohl seit Jahrzehnten nicht saniert wurde: Dafür sind in Berlin-Schöneberg satte 900 Euro kalt fällig – für 50 Quadratmeter. Die Wohnung wird als möbliert vermietet. Auf Immobilienseiten im Netz häufen sich ähnliche Angebote. Sie nähren den Verdacht, dass Vermieter möblierte Wohnungen gezielt einsetzen, um damit die Mietpreisbremse zu unterlaufen. Diese soll dafür sorgen, dass auch bei Neuvermietungen nicht mehr als ein zehnprozentiger Aufschlag auf die ortsüblichen Mieten verlangt werden darf. Doch nach einer Auswertung des Beratungsunternehmens Empirica werden in den sieben größten deutschen Städten immer mehr Wohnungen möbliert angeboten – und dann gilt die Bremse nur sehr eingeschränkt.

Gerade in Berlin sind möblierte Wohnungsangebote laut der Analyse auf dem Vormarsch. Ihr Anteil an den Inseraten hat sich seit Anfang 2012 verdoppelt, von 17 Prozent auf 35 Prozent. Im gleichen Zeitraum stiegen die Preise für diese Wohnungen um 23 Prozent. In Stuttgart (61 Prozent) und München (60 Prozent) werden nun sogar deutlich mehr als die Hälfte der Wohnimmobilien als möbliert vermietet, auch dort hat sich der Anteil etwa verdoppelt. Frankfurt/Main und Hamburg dagegen blieben etwa stabil, auch in Köln gab es keine drastischen Verschiebungen. In Düsseldorf ging der möblierte Anteil sogar zurück.

Maßstab für Preisaufschlag sollte nicht Wert der Möbel sein

Grundsätzlich kann die seit Juni vergangenen Jahres geltende Mietpreisbremse nicht einfach unterlaufen werden, indem dort billige Möbel abgestellt werden. Jedoch: Es gilt eine großzügige und unpräzise Einzelfallregel, nach der ein gewisser Aufschlag verlangt werden darf. Vom Bundesjustizministerium heißt es, „Maßstab für den Aufschlag ist nicht der Anschaffungswert der Möbel, sondern der Wert, um den die möblierte Wohnung üblicherweise teurer vermietet wird“.

Die Marktforscher von Empirica warnen davor, den drastischen Anstieg der möblierten Vermietungen allein als trickreiches Manöver der Vermieter zu interpretieren. Der Anteil möblierter Wohnungen steige schon seit 2012, also weit vor der Einführung der Mietpreisbremse. Zudem wurde das Bestellerprinzip eingeführt, das heißt, Maklergebühren muss zwingend der Vermieter zahlen und nicht der Mieter. Diese Kosten würden bei möblierten Wohnungen in die Mietpreiskalkulation einfließen, deshalb seien die Preise möglicherweise so stark angehoben worden.

Der Deutsche Mieterbund hingegen hält es für durchaus möglich, dass verstärkt möblierte Wohnungen eingesetzt werden, um trotz der Preisbremse die Quadratmeterpreise nach oben zu schrauben. Rechtswidrige Preissteigerungen könnten „verschleiert“ werden, sagte Geschäftsführer Ulrich Ropertz dieser Redaktion. „Ich bezweifle aber, dass das wirklich tragfähig ist, um im großen Stil die Bremse zu umgehen.“

SPD will Verschärfung der Regeln

Die Mietpreisbremse leidet aus Sicht der Mieterschützer unter zahlreichen Schwächen. So würden auch angebliche Modernisierungen und Renovierungen angeführt, um hohe Preise zu begründen. Auch würden sich Vermieter häufig auf eine hohe Vormiete berufen, diese aber nicht nachweisen. Insgesamt, sagte Ropertz, gehe der Mietpreisanstieg besonders in den Ballungsräumen ungebremst weiter, die Mietpreisbremse wirke bislang kaum. Der Deutsche Mieterbund setzt sich deshalb dafür ein, dass die Mietpreisbremse verschärft wird und Vermieter verpflichtet werden, die vorherige Miete offenzulegen.

Auch die SPD will erreichen, dass die Regeln strenger werden. Die Union hingegen ist bislang gegen ein zweites „Mietrechtspaket“, unter anderem, weil darin vorgesehen ist, dass Modernisierungen nur zu kleineren Mietpreissteigerungen führen können.

Reiner Braun von Empirica sieht in der Mietpreisbremse jedoch vor allem ein Instrument um gegen Symptome vorzugehen, nicht jedoch gegen Ursachen. So müsse in den immer beliebteren Ballungsgebieten mehr Bauland ausgewiesen werden, um die steigende Nachfrage zu bedienen. Gleichzeitig sei es nötig, ländliche Räume zu stärken, zum Beispiel indem der öffentliche Nahverkehr verbessert werde und Breitband-Internet verfügbar sei.