Frankfurt/Main. Der Aktienkurs der Commerzbank ist abgestürzt. Der Gewinn schrumpft drastisch. Die Strategie des neuen Konzernchefs ist bisher unklar.

Martin Blessing hat sich mit der ersten Dividende seit 2007 und sehr guten Zahlen für 2015 als Chef der Commerzbank verabschiedet. Sein Privatkundenvorstand Martin Zielke, der für den Erfolg mitverantwortlich war, übernahm. Die Investoren freuten sich. Inzwischen sieht das etwas anders aus, und Zielkes Strategie für die nächsten Jahre steht noch aus.

Der Aktienkurs der Commerzbank hat dieses Jahr rund 36 Prozent verloren. Das absolute Niveau von derzeit rund sechs Euro ist auch nur einem Trick zu verdanken: Ende April 2013 hatte die Bank zehn alte Aktien zu einer neuen zusammengelegt. Sonst wäre das Papier der zweitgrößten börsennotierten deutschen Bank nur ein Pennystock, weniger als einen Euro wert. Deutlich weniger. Es gab Zeiten, da wurden für diese alten Aktien nicht 60 Cent, sondern 30,50 Euro gezahlt. Ende 2000 war das.

Nach Trendwende sieht es nicht aus

Es würde schon genügen, den Rutsch zu stoppen. Aber danach sieht es nicht aus. Die Halbjahreszahlen zeigen ein um 42 Prozent niedriges Konzernergebnis, eine gegenüber dem Vorjahr zwar gestiegene, gegenüber dem ersten Quartal aber gefallene Eigenkapitalquote. Mutig plant der Vorstand, auch für dieses schwierige Jahr die Dividende von 20 Cent je Aktie zu halten. Er wünsche ihm „ganz, ganz viel Glück bei deiner Aufgabe“, hatte Martin Blessing seinem Nachfolger noch zugerufen.

Commerzbank-Chef Martin Zielke.
Commerzbank-Chef Martin Zielke. © imago/Sven Simon | imago stock&people

Nun heißt es also warten auf Zielkes Pläne. Möglicherweise ist es im September so weit. Bastelt er an einem großen Wurf? Oder kann er nicht viel anderes tun als das Übliche: sparen, Filialen schließen, digitalisieren und hoffen, dass der Bund seine Aktien nicht auf den Markt wirft? Immer noch gehören dem Staat gut 15 Prozent der Commerzbank-Aktien. Das sind nach Börsenwert gut 1,1 Milliarden Euro. Die Bank muss viel liefern, wollte der Bund seine 18 Milliarden Euro Rettungshilfe von 2008 wieder heraushaben.

Privatkundengeschäft mit guten Zahlen

Zielke hat den Job bekommen, weil er das Geschäftsfeld als Privatkundenvorstand aufgemöbelt hat. Seit 2013 ist ihr Kundenstamm um 940.000 Kunden gewachsen – netto, die Kunden, die gegangen sind, schon abgerechnet. Allein im zweiten Quartal kamen 62.000 Neukunden dazu. Begrüßungsgeld für neue Girokontokunden war eine Methode. Das operative Ergebnis im Privatkundengeschäft stieg von 221 Millionen Euro 2013 auf 751 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Solche Steigerungsraten für die Gesamtbank wären schön. Zielke wird sie durch sinkende Kosten zu erreichen versuchen. Im ersten Halbjahr 2016 musste die Bank gut 79 Cent einsetzen. Im Vorjahr hatten 70 Cent genügt. Ziel in der Branche sind 60 Cent. Zielke müsse sich entscheiden: „Will er die Mitarbeiter bei Laune halten oder sind ihm eine höhere Profitabilität beziehungsweise steigende Aktienkurse wichtiger?“ fragt Philipp Häßler, Bankanalyst bei der Equinet Bank. Wer 500 Millionen Euro sparen wolle, müsse „schon ordentlich Leute freisetzen“. Es sei fraglich, ob der Großaktionär Staat das billige. Derzeit beschäftigt die Commerzbank rund 50.000 Mitarbeiter. Vor vier Jahren waren es 56.000. Von den 1200 Filialen sind 1050 übrig geblieben.

Buhlen um reiche Privatkunden

Neue Kunden zu gewinnen, dürfte auch auf Zielkes Plan stehen. Interessant sind vor allem die reichen Privatkunden. Deren Vermögen zu verwalten, hat die Commerzbank als Wachstumsmarkt erkannt und die Zahl der Filialen, in denen das angeboten wird, seit Mitte des Jahres verdoppelt. Freilich ist die Commerzbank dabei nicht allein. Die Gewinne in der Vermögensberatung sänken, klagt die Branche.

Sicherer ist damit zu rechnen, dass die Preise steigen. Die Postbank hat vorgelegt, das dürfte den anderen gefallen haben. Und die Commerzbank hat schon lange verbreitet, dass es eine Subvention sei, Strafzinsen nicht an Privatkunden weiterzugeben.