Bonn. Banken müssen wegen niedriger Zinsen der Zentralbanken anders Geld verdienen. Sie tun dies über Kundengebühren – mit wenigen Ausnahmen.

Nach vielen Sparkassen will auch die Postbank Kontoführungsgebühren für das Girokonto einführen. Dabei folgt die Bank einem Trend, dem sich wohl nur wenige Geldhäuser widersetzen werden können.

Die Kontogebühren befinden sich bereits seit Monaten im Höhenflug. Kostenlose Girokonten dürften selten werden. „Der Kunde wird selbst entscheiden, wie viel er künftig für ein Konto zahlen möchte“, sagte Postbankvorstand Susanne Klöß zu der Wiedereinführung der Kontoführungsgebühren. Die Tochterfirma der Deutschen Bank, die sich auch dem Sprung an die Börse befindet, hat ihre Kontolandschaft grundlegend überarbeitet: Ein neues Online-Konto wird eingeführt und Preise werden gesetzt. Kostenlos-Konten wird es nur noch für junge und reiche Kunden geben.

Kontogebühren als Mittel zu schnellem Geld

Neben vielen Sparkassen gehören auch namhafte Institute wie die Hypovereinsbank zu den Geldhäusern, die gegen die Gratiskultur ankämpfen. Höhere Entgelte werden dabei oft nicht nur für das reine Girokonto, sondern auch für Kreditkarte, Bargeldabhebung oder die Bedienung von SB-Terminals gefordert. Kontoführung war immer schon eine Dienstleistung und sie werde es bleiben, beteuert Klöß. Die Finanzberater von FMH in Frankfurt sehen in der Strategie der Banken, an der Gebührenschraube zu drehen, dagegen eine „einfache und bequeme Möglichkeit, möglichst viel Geld zu verdienen“.

Dabei drückt der Schuh allen Instituten an der gleichen Stelle: Die anhaltende Niedrigzinsphase der Europäischen Zentralbank (EZB) hat Banken und Sparkassen in die Bredouille gebracht. Auch müssen sie für Geld, das sie bei der EZB parken, Strafzinsen zahlen. Zins- und Provisionsgeschäfte sind normalerweise die wichtigsten Ertragsquellen einer Bank. Da das erstere aber wegbricht, wird nach Möglichkeiten gesucht, das Provisionsgeschäft anzukurbeln – dazu gehören eben auch die Dienstleistungen rund um Konto und Kreditkarte.

Postbank hatte Kostenlos-Konten als erste angeboten

Erst Anfang März hatte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, die Lawine richtig losgetreten. Sparkassenkunden müssten sich auf höhere Gebühren einstellen, „die Zeit der kostenfreien Girokonten ist vorbei“, urteilte der oberste Verbandschef der Sparkassen. Angesichts der aus seiner Sicht falschen Zinspolitik müssten alle Marktteilnehmer neue Ertragsquellen erschließen. Und Klöß von der Postbank schlussfolgert: „Wenn sich das Zinsniveau in den vergangenen sieben Jahren nicht kontinuierlich nach unten bewegt hätte, dann würden wir solche Bewegungen wie heute auch nicht sehen“.

Fast 20 Jahre ist es nun her, als die Postbank mit Gratis-Girokonten an den Markt ging. Das Vorgehen des Pioniers kam gut an, nicht nur bei den Kunden. Überall gab es schnell Nachahmer. Es zeigte sich zudem, dass das kostenlose Konto ein probates Mittel der Kundenakquise war. Bei den Direktbanken wie ING-DiBa, Consorsbank, DKB oder Comdirect, die im Zuge der Digitalisierung des Bankgeschäfts wie Pilze aus dem Boden schossen, gehören sie zum Standard. Zudem haben sie den Vorteil, keine teuren Filialbetriebe unterhalten zu müssen.

Bank-Wechsel wird bald einfacher

Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass auch sie vom derzeitigen Trend irgendwann eingeholt werden. Aber die reinen Online-Banken haben offenbar noch Luft zum Atmen. „Unser Girokonto und die dazugehörigen Karten bleiben auch künftig kostenlos“, heißt es bei der DKB. Und Alexander Baumgart von der ING-DiBa sagt: „Aktuell planen wir weder Gebühreneinführungen noch Gebührenerhöhungen.“

Die Fachzeitschrift „Finanztipp“ und Verbraucherschützer raten zum Wechsel, wenn man mit seinem Girokonto nicht zufrieden ist oder die Bank die Gebühren erhöht. Tatsächlich könnte sich schon bald die Wechselstimmung unter den Bankkunden ändern, wenn Mitte September eine Gesetzesänderung in Kraft tritt, mit der Deutschland eine EU-Richtlinie umsetzt. Diese verpflichtet die Banken, ihren Kunden den Kontowechsel zu erleichtern. Dazu gehören vor allem die Weitergabe von Daueraufträgen und Lastschriftmandaten an die neue Bank. (dpa)