Berlin. Der rasante Boom der vergangenen Jahre ist wohl vorbei, Qualität und Konkurrenz bremsen das Geschäft: Der Camping-Markt ist gesättigt.

Die Regenjacke ist ein gutes Beispiel für den Wandel der Branche: Bis in die Neunziger Jahre hinein etwa war sie eine Art Plastiküberwurf, mittlerweile ist eine thermoregulierende Funktionsjacke daraus geworden. Das Geschäft mit Wanderschuhen, Zelten, Rucksäcken und Campingausrüstung, das sogenannte Outdoor-Segment, boomte in den vergangenen Jahren. Ein äußerst lukrativer Markt mit zweistelligen Wachstumsraten. Nach Berechnungen des Europäischen Branchenverbands (EOG) betrug der Umsatz des europäischen Outdoor-Markts im Jahr 2015 rund 5,3 Milliarden Euro.

Doch die erfolgsverwöhnte Branche ist in der Realität angekommen. Der Outdoor-Bereich befindet sich zwar nach wie vor umsatztechnisch auf hohem Niveau und stellt weiterhin das größte Segment bei den Sporthändlern. Doch das starke Wachstum ist passé.

Der Verbund Intersport, in dem sich deutschlandweit mehr als 950 Händler mit einem einen Umsatz von 2,87 Milliarden Euro zusammengeschlossen haben, verzeichnete im ersten Halbjahr 2016 etwa einen Zuwachs von nur drei Prozent zum vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Auch die Konkurrenz von Sport 2000, ein Einkaufsverband von mehr als 900 Sporthändlern, meldet nur ein kleines Plus. Kein Anlass zum Jubeln. Der Absatz von Outdoor- und Wanderschuhen ist zwar überdurchschnittlich, aber allein der Verkauf von Schlafsäcken ging um etwa zehn Prozent zurück.

Die Wanderer sind als Kunden umkämpft

Das Problem: Das Geschäft hat kaum noch Luft nach oben. Der Grund hat nach Ansicht von Experten zum einen mit der Qualität der Ware zu tun. Kleidung, etwa die Funktionsjacke, ist mittlerweile so hochwertig, dass der Kunde nicht alle zwei Jahre eine neue benötigt. Auch einen Schlafsack muss man in der Regel nicht für jeden Ausflug neu kaufen. Der Markt ist in weiten Teilen gesättigt. Und die Ware ist für den Kunden beliebig austauschbar, eine Spezialisierung gibt es nur in wenigen Bereichen.

So ist in der Outdoor-Industrie regelrecht ein Kampf um die Wanderer entbrannt. Ein Beispiel ist die Firma Jack Wolfskin mit dem Logo der Wolfstatze. Das Unternehmen aus Idstein im Taunus, das seit 2011 dem Finanzinvestor Blackstone aus den USA gehört, muss kämpfen. Die Firma besetzte jahrelang die besten Positionen in den Rankings der Outdoor-Lieferanten. Nun muss man sich hinter Konkurrenten wie Vaude, einem deutschen Produzenten von Bergsportausrüstung, oder dem schwedischen Konzern Fjällräven einordnen. In den aktuellen Verkaufszahlen von Sport 2000 ist Jack Wolfskin mit einem Umsatzanteil von neun Prozent im ersten Halbjahr 2016 hinter die italienische Marke CMP und dem Wanderschuhersteller Lowa abgerutscht.

Konkurrenz wächst auch unter den Verkäufern

Intensiver geworden ist auch die Konkurrenz unter den Verkäufern. Etwa durch den Sport-Riesen Decathlon aus Frankreich, der in Deutschland mittlerweile dreißig Mega-Store-Filialen in großen Städten unterhält. Das Konzept: Ein Kaufhaus für Sportartikel, unterteilt nach Disziplinen. Decathlon verzeichnet weltweit einen Umsatz von neun Milliarden Euro, die Kurve von Mitarbeitern und Filialen zeigen steil nach oben.

Konkurrenten, wie etwa der norwegische Anbieter XXL-Sport, stehen kurz vor dem Markteintritt in Österreich – es ist eine Frage der Zeit, bis er sich auch in Deutschland vollzieht. Weder Hersteller noch Verkäufer wollen das Geschäft mit Wanderstock und Co. daher verloren geben. Hoffnung setzt man etwa auf den demografischen Wandel. „Bei immer mehr älteren Menschen wird auch das Thema Gesundsport, wofür sich Sportarten wie wandern oder der E-Bike-Trend sehr gut eignen, immer wichtiger. Für den Sportfachhandel ist diese Zielgruppe sehr interessant, denn sie ist durchaus bereit, in eine gute Ausrüstung zu investieren“, sagt der Sport 2000-Geschäftsführer Hans-Hermann Deters.

Neue Zielgruppen im Visier

Eine Nische ist auch das Geschäft mit den Luxus-Campern, das sogenannte Glamping. Campen war lange mit Klischees behaftet, angefangen von miesen sanitären Bedingungen bis hin zu aufgewärmten Dosen-Ravioli auf dem Gaskocher. Das hat sich gewandelt. „Die Campingplätze haben an der Ausrüstungsschraube gedreht“, sagt Viktoria Groß vom Deutschen Camping Club (DCC). „Mittlerweile gibt es auf vielen Plätzen Schwimmbäder, organisierte Ausflüge, sogar Kuren sind möglich.“

So habe etwa eine dreiköpfige Familie vor rund zehn Jahren noch rund maximal 37 Euro für eine Tag auf dem Campingplatz ausgegeben, heute gehen die Preise bis zu 70 Euro hoch. Auf Outdoor-Messen sorgen Zelte für Aufsehen, deren Inneres eher an luxuriöse Hotelzimmer erinnert, mit sich automatisch aufpumpenden Luftkissenbetten und Fellbezug auf Stühlen.

Neue Zielgruppen sollen es also richten. Oder, wie es der EOG-Präsident John Jansen ausdrückt: „Es gibt Leute, die wollen aussehen wie eine Outdoor-inspirierte Person, auch wenn sie noch nie auf einen Berg gegangen sind.“