Im Fall Unister sitzt inzwischen der erste Verdächtige in U-Haft. Unterdessen schauen Interessenten in die Bücher von Tochterfirmen.

Es ist ein menschliches Drama und Wirtschaftskrimi zugleich: Die Geschichte des verstorbenen Thomas Wagner und seines Leipziger Internetunternehmens Unister. Nun sitzt seit Sonnabend ein erster Verdächtiger in U-Haft. Ein Finanzmakler aus Unna in Nordrhein-Westfalen, der bereits am 28. Juli verhaftet wurde. „Es besteht Fluchtgefahr“, sagt der Sprecher der Sächsischen Generalstaatsanwaltschaft, Wolfgang Klein, in Dresden. Dem Verdächtigen werde Beihilfe zum Betrug in einem besonders schweren Fall vorgeworfen.

Thomas Wagners Unternehmen wird unterdessen ab dem heutigen Montag verkauft: Die Bücher der insolventen Unister-Töchter wie ab-in-den-urlaub.de und fluege.de sind für Kaufinteressenten geöffnet. Der vorläufige Insolvenzverwalter Lucas Flöther hofft auf Einnahmen von mehr als 100 Millionen Euro.

Rückblick: Unister-Chef Thomas Wagner will sich aus Angst um seine klamme Firma einen Millionenkredit aus dubiosen Quellen besorgen und reist Mitte Juli mit 1,5 Millionen Euro in bar als Garantie nach Venedig. Er erhält im Gegenzug einen Koffer mit größtenteils falschen Schweizer Franken. Wagner bemerkt den Betrug und erstattet Anzeige bei der italienischen Polizei.

Kontakt zu israelischem Diamantenhändler

Auf der Rückreise von Italien kommen Wagner und Unister-Mitgesellschafter Oliver Schilling bei einem Flugzeugabsturz in Slowenien ums Leben. Der nun in U-Haft sitzende Rentner soll den Kontakt zu einem israelischen Diamantenhändler hergestellt haben, der Wagner das Falschgeld offenbar übergab.

Die Unister Holding war insgesamt Deutschlands größtes Onlinereiseportal. Der Konzern hatte nach Wagners Tod Insolvenz angemeldet. Neben der Holding befinden sich aber inzwischen auch zahlreiche Töchter im vorläufigen Insolvenzverfahren. 90 Prozent der rund 1000 Mitarbeiter sind betroffen. Zuletzt hatte der vorläufige Insolvenzverwalter von steigenden Buchungszahlen auf den Unister-Reiseportalen berichtet. Unister stand für ein erfolgreiches Internetunternehmen aus dem Osten: Wagner, Schilling und einige andere gründeten Unister 2002 als Studienplatztauschbörse. Wagner hatte gerade sein Betriebswirtschaftsstudium abgebrochen. In der Folge bauten sie eine Firmengruppe aus Reise-, Finanz- und Versicherungsportalen auf. Doch richtig rund lief es nach dem enormen Wachstum nicht mehr: Seit 2012 wurde gegen Wagner und drei weitere Manager unter anderem wegen Steuerhinterziehung ermittelt.

Vorwurf des Verkaufs von Kundendaten

Und es droht weiterer Ärger: Laut „Bild am Sonntag“ verkaufte Unister Kundendaten an eine Inkassofirma. Die Flightright GmbH soll Flugbuchungsdaten von Kunden auf potenzielle Entschädigungsansprüche wegen Verspätung oder Ausfall prüfen und bei Erfolg etwa einer Klage bis zu 53 Prozent als Provision erhalten. Lufthansa kündigte an, den Vorgang gerichtlich zu prüfen.