Berlin. Facebook überrascht mit einem Milliardenprofit und steht blendend da. Das Wachstum dürfte trotz vieler oft genervter Nutzer weitergehen.

Mark Zuckerberg blieb bei der Vorstellung der neuen Geschäftszahlen ganz cool. Ein „gutes Quartal und ein gutes erstes Halbjahr“ habe der Konzern abgeliefert, sagte er am Mittwochabend (US-Ortszeit) mit ruhiger Stimme. Das ist weit untertrieben: Gemessen an allen wirtschaftlichen Maßstäben geht es dem größten sozialen Netzwerk der Welt fantastisch – und Gründer und Chef Zuckerberg hätte viele Gründe, seinen Triumph öffentlich auszukosten.

Als Facebook 2012 Anteilsscheine an die Börse brachte, blamierte sich das Unternehmen mit Pannen bei der Zuteilung. Dazu schien sich das Wachstum zu verlangsamen. Zweifel kamen auf, ob Facebook viel Geld mit Werbung verdienen kann, wenn die Nutzer auf mobile Geräte umsteigen. Und die „Facebook Fatigue“, Facebook-Müdigkeit, machte als Schlagwort die Runde.

Vier Jahre später ist alles anders. 370 Milliarden ist der Konzern an der Börse wert, mehr als Amazon und der Ölriese Exxon – und Microsoft dicht auf den Fersen. Der Umsatz in einem Quartal ist höher als damals in einem ganzen Jahr. Der Gewinn hat sich mehr als verhundertfacht auf mehr als zwei Milliarden Dollar im zweiten Quartal 2016. Die Nutzer sind so häufig auf der Seite wie eh und je. Zwei Drittel aller User, die den Dienst mindestens einmal im Monat aufrufen, loggen sich täglich ein, ein Wert, der zuletzt sogar noch leicht gestiegen ist. Diese Kerngruppe der Facebook-Intensivnutzer ist inzwischen auf mehr als 1,1 Milliarden Menschen angewachsen. Angesichts der besonders guten Quartalszahlen sprang der Aktienkurs zeitweise um sechs Prozent nach oben. Zuckerberg hob die Zahl 1,7 Milliarden hervor: So viele Menschen, wie vor 100 Jahren auf der Erde lebten, seien nun im Monat auf Facebook aktiv.

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Algorithmus bestimmt den Werbedruck

Der Sog des Netzwerkeffekts ist enorm. Was nützt ein besseres Konkurrenzprodukt, wenn dort sonst kaum jemand ist? Selbst wer auf Facebook keine Einblicke in sein Privatleben gestattet und auch kein Interesse daran hat, die Hundewelpen des Bekanntenkreises zu betrachten, kommt nicht um Facebook herum. Uni-Gruppen, Sportvereine, Hilfsnetzwerke, örtliche Veranstalter: Facebook ist als Termin­manager für viele unverzichtbar. Auch Nachwuchsprobleme hat Facebook nicht. Viele Jugendliche nutzen zwar häufig neue Angebote wie das frechere Snapchat. Aber letztlich kommen auch sie nicht um Facebook herum.

Facebook hat über die Jahre die Werbeschraube immer stärker angezogen und erzielt pro Nutzer in den USA inzwischen einen Umsatz von knapp fünf Dollar pro Monat. Begeistert sind die User nicht gerade – zum einen, weil die Werbeblöcke und -videos einen erheblichen Teil der Benachrichtigungen ausmachen, die man durchschaut. Zum anderen, weil sie durch die Infos, die Facebook über seine Nutzer sammelt, besonders genau auf die eigenen Vorlieben abgestimmt sind – viele finden das unheimlich.

Das „Netz im Netz“ auf dem Siegeszug

Facebook glaubt aber, das Problem im Griff zu haben – per Algorithmus. Mit der „Ad-Load“-Formel, die ein wohl so gut behütetes Geheimnis wie das Coca-Cola-Rezept ist, gelingt es Facebook offenbar, den „Werbedruck“ richtig zu dosieren, so dass die Nutzer nicht allzu genervt von der Reklame sind. Dieses Ausreizen bringt mehr Geld in die Kassen. Neuerdings setzt der Konzern verstärkt auf Videos, die der klassischen Fernsehwerbung vor allem in den USA inzwischen spürbar das Wasser abgraben. Ein weiteres Wachstumsfeld: Facebook will sich nun verstärkt um kleinere Unternehmen kümmern. 60 Millionen Firmen sind bei Facebook, und ein Drittel davon hat nicht einmal mehr eine eigene Webseite. Ihnen sollen noch bessere Werbeangebote gemacht werden.

Selbst den anderen Internet­giganten könnte da angst und bange werden. Denn Facebook etabliert sich immer mehr als „Netz im Netz“. An Firmen und Kunden, die sich nur noch bei Facebook tummeln, kommt selbst Google mit seiner marktbeherrschenden Suchmaschine nicht mehr heran. Auf Facebooks Seiten selbst werden pro Tag inzwischen zwei Milliarden Suchanfragen eingegeben. Das ist zwar nur ein kleiner Bruchteil des von Google verarbeiteten Volumens, aber für ein soziales Netzwerk ein hoher Wert, der zudem schnell ansteigt.

Rund 60 Milliarden Textnachrichten pro Tag

Auch Nachrichten-Apps sind ein Bereich, in dem sich ein Facebook-Monopol herausbildet. WhatsApp, ein Zukauf von 2014, und der hauseigene Facebook Messenger verarbeiten inzwischen die enorme Zahl von 60 Milliarden Textnachrichten pro Tag. Das ist dreimal so viel wie der weltweit je erreichte Höchstwert bei SMS-Nachrichten. Facebook will nun auch in diesem Bereich die Werbung ausbauen. Das Geschäft stecke aber noch in den Kinderschuhen, hieß es vom Finanzvorstand des Konzerns. Es gibt also noch jede Menge Raum für Wachstum.

Mark Zuckerberg konnte sich in der Konferenz dann doch einen kleinen Seitenhieb auf seine Kritiker nicht verkneifen, die ihn lange Zeit für überfordert hielten. Die Entscheidung, den Messenger aus Facebook herauszulösen und als eigenes Produkt anzubieten, sei vor zwei Jahren „ziemlich umstritten“ gewesen, habe aber letztlich zu ganz neuen Möglichkeiten geführt.