Berlin. Verkehrsminister Alexander Dobrindt will keine Profitmaximierung bei der Bahn, sondern ein gutes Angebot. Doch es gibt Hindernisse.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) setzt die Deutsche Bahn auf ein neues Gleis. Über zwei Jahrzehnte lang war ein möglichst hoher Profit zentrales Erfolgskriterium für Deutschlands Staatsbahn. Nun soll Gewinnmaximierung nicht mehr das wichtigste Unternehmensziel sein. „Das ist aus meiner Sicht nicht die Aufgabe“, sagte der Minister.

Die Bahn habe eine gesellschaftliche Funktion. Sie müsse Personen befördern und eine flächendeckende Mobilität ermöglichen. Auch der Service soll besser werden. Das sind neue Töne. Mit der Bahnreform 1994 wurde der Konzern darauf getrimmt, möglichst wirtschaftlich zu arbeiten. Im vergangenen Jahr allerdings machte die Bahn einen Milliardenverlust.

„Will keine Behördenbahn mehr haben“

Bahnchef Rüdiger Grube hält indes vorsichtig dagegen. Am Freitag fuhren beide auf ihrer alljährlichen Sommerreise in Begleitung von Journalisten durchs Land. Auf der Fahrt sagt der Bahnchef über die Aussagen des Ministers: „Gewinnmaximierung um jeden Preis wäre sicher ein Fehler“, so Grube, „es wäre aber auch falsch, mit dem Geldverdienen aufzuhören“.

Wie sollten sonst die Milliardeninvestitionen in neue Züge finanziert und die Infrastruktur erhalten werden, lautet die rhetorische Frage. Auch sorgt den Bahnchef die mögliche Rückkehr zu einer Beamtenmentalität im Unternehmen. „Ich kenne niemanden, der die Behördenbahn zurückhaben will, die war in jeder Hinsicht alles andere als erfolgreich“, stellt Grube klar.

Pünktlichkeit muss verbessert werden

Das verlangt Dobrindt auch gar nicht. Gewinne will die Bundesregierung durchaus sehen. Das ist nach Aussage des Ministers auch eines der Kriterien für die am Jahresende anstehende Vertragsverlängerung des Bahnchefs. Dessen Bindung an den Konzerne läuft bis Ende 2017. Üblicherweise werden Verträge ein Jahr vor Ablauf verlängert.

„Es darf kein Defizit mehr geben“, so Dobrindt. Aber er setzt auch andere Ziele: Die Pünktlichkeit müsse verbessert und die Digitalisierung vorangetrieben werden. Dazu gehört zum Beispiel das Internet in den Zügen. Grube bleibt angesichts des Drucks gelassen. Er klebe nicht am Stuhl und habe auch andere Angebote.

Bis Ende des Jahres soll auch in der zweiten Klasse des ICE überall WLAN verfügbar sein. Der zuständige Vorstand Michael Peterson versichert, dass der Zeitplan aus heutiger Sicht eingehalten werden kann.

100 Millionen Euro wendet die Bahn für den Einsatz der neuesten Routertechnik auf, die zehn Mal so leistungsfähig sein soll wie die bisher eingesetzte. Bis zum Herbst laufe auch noch ein Exklusivvertrag mit der Telekom, erläutert Peterson. Danach kommen auch die anderen beiden Netzbetreiber Vodafone und O2 dazu. Die Router würden sich dann in das je stärkste Netz einwählen.

Fahrgastrekord angepeilt

Die Bahn wird an diesem Mittwoch ihre Halbjahresbilanz vorlegen. Im vergangenen Jahr machte der Konzern einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro, vor allem, weil Abschreibungen im schlecht laufenden Güterverkehr vorgenommen werden mussten. In diesem Jahr sieht es Grube zufolge wieder deutlich besser aus. Das Unternehmen steuert durch die Sonderrabattaktionen auf einen Fahrgastrekord zu.

Die Aktion wurde bis zum 12. September verlängert. Dann gebe es erst einmal eine Pause bis zu den Herbstferien, kündigt Grube an. „Das 19-Euro-Angebot finde ich gut“, sagt Dobrindt, der für eine Verlängerung der Aktion plädiert und mit der Aussage auch Grubes Strategie unterstützt.

Die Reisenden können sich freuen. Steigende Preise sind derzeit im Fernverkehr nicht durchsetzbar. Dafür sorgt die Konkurrenz zwischen Bussen und Bahnen. Doch Dobrindt erwartet auf mittlere Sicht steigende Ticketpreise bei den Fernbussen, von denen viele mit Dumpingangeboten derzeit unwirtschaftlich betrieben werden. Dagegen bringt jeder neu gewonnene Fahrgast der Bahn mehr Gewinn ein. Die geringeren Durchschnittserträge will Grube durch eine höhere Effizienz ausgleichen. So sinken die Kosten pro Kilometer Fahrt bei neuesten Zugmodellen deutlich, bei Doppelstockwagen auf 15 Euro statt 25 bis 28 Euro.

Regierung schafft mit Riesen-Lkw Konkurrenz

Auch beim Güterverkehr soll es wieder aufwärts gehen. „Der Grundsatz: Von der Straße auf die Schiene wird nicht infrage gestellt“, betont der Minister. So solle es weitere Mittel für die kombinierten Verkehre geben. Eine höhere Lkw-Maut, die einen Anreiz zur Verlagerung der Transporte setzen würde, sei nicht möglich. Dafür sorge eine EU-Regelung, der zufolge die Mauthöhe auch an den Leitzins der EZB gekoppelt ist. Bleibe dies so, müsse die Gebühr wohl bei der nächsten Berechnung 2019 abgesenkt werden.

Dabei sorgt der Verkehrsminister mit seiner Politik selbst für einen zusätzlichen Konkurrenzdruck im Güterverkehr. Dobrindt will vermehrt Gigaliner, also Riesen-Lkw, auf den Straßen sehen. Mit den langen Fahrzeugen können noch mehr Güter preisgünstig transportiert werden. Denn den Speditionen fehle es zunehmend an Fahrern, lautet Dobrindts Begründung.