Berlin. Slack war angetreten, die E-Mail abzuschaffen. So ist es nicht gekommen und trotzdem sorgt die App für Aufsehen in der Tech-Szene.

Die Macher der Chat-App Slack haben Berichten zufolge 80 Millionen US-Dollar (72,5 Millionen Euro) in andere Start-ups investiert. Wie das Online-Portal „Recode“ berichtet, könnte die Investition ein Hinweis darauf sein, wie das Unternehmen sich ausrichtet, das angetreten war, die E-Mail abzuschaffen. Das Geld stammt aus einem Fonds, den das Unternehmen zuvor aufgelegt hatte.

Laut dem Bericht werden die 80 Millionen Dollar an insgesamt elf Firmen ausgeschüttet, von denen sich Slack eine künftige Kooperation erhofft. Bislang ist Slack ein Chat-Programm, das Arbeitsabläufe in Firmen vereinfacht. Mit dem Chat können elend lange Meetings, E-Mails zur Kenntnisnahme oder Telefonkonferenzen mit bescheidener Tonqualität vermieden werden. Mit dem Tool kann man auch Dokumente teilen – es erkennt sogar Word-Dateien, die dann in einer eigenen Ansicht erscheinen und gemeinsam bearbeitet werden können.

Für Slack gehört die Zukunft den Robotern

Mit dem Millionen-Investment will Slack nun wohl von Firmen mit Namen wie „Abacus“, „Butter.ai“ und „Howdy“ profitieren, wie das „Fortune-Magazine“ berichtet. Ein Großteil der Start-ups hat sich auf Bots spezialisiert. Bots sind Computerprogramme, die in Chats automatisch mit Menschen kommunizieren. Das soziale Netzwerk Facebook nutzt diese Technik schon länger, um Nutzern beispielsweise Reisebuchungen über einen Chat mit Fluglinien zu ermöglichen.

Das Alleinstellungsmerkmal von Slack war – wie sich auch an diesem Beispiel zeigt – nicht so sehr die eigene Innovationskraft, sondern die Fähigkeit, Techniken schnell und unkompliziert in das eigene Programm einzubauen. Die Konkurrenz auf dem Markt der Chat-Programme und Messenger-Dienste bleibt aber groß. WhatsApp hängt als Marktführer unter den Messengern (etwa eine Milliarde Nutzer) Slack locker ab (2,3 Millionen tägliche Nutzer). Auch der Konkurrent mit dem Namen Line steht in Statistiken vor Slack. Wie das Branchenmagazin „TechCrunch“ berichtet, wird die japanische App Line mit sieben Milliarden US-Dollar (6,35 Milliarden Euro) bewertet. Slack wird auf „nur“ 3,8 Milliarden Dollar (3,44 Milliarden Euro) taxiert, wie „Recode“ schreibt. Line aus Japan verzeichnet vor allem aufgrund seiner relativ einfachen Bedienung und der Integration unzähliger Emojis und Bild-Dateien zum Austausch hohe Nutzerzuwächse.

Konkurrenz investiert verhaltener

Auch Line hat jüngst in kleine Unternehmen investiert, doch waren es bei den Japanern nur zehn Millionen Dollar gegenüber dem 80-Million-Investment von Slack. Doch nicht nur die reinen Zahlen, auch die Art des Investments unterscheiden sich bei den Firmen. Zwar kann man in Slack den Kollegen auch Smileys schicken, doch in Zukunft könnte der Ton professioneller und rauer werden. Denn Slack setzt unter anderem auf „Growbot“, ein Programm, das Mitarbeiter motivieren soll. Zudem wird in „Lattice“ investiert, ein Chat-Roboter, der Nutzer an Deadlines und Projektziele erinnern soll. Es scheint, als könnten Roboter so Aufgaben von Projektmanagern und Chefs übernehmen.

Mit dem Investment schärft Slack in jedem Fall sein Profil als Firmen-Chat-Programm und setzt sich ab von Messengern, die sich auf Privatkunden konzentrieren. In diesem Segment scheinen aber nicht nur andere Apps, sondern vor allem noch die E-Mail der größte Konkurrent zu sein.