Berlin. Deutsche Verbraucher könnten bis 280 Millionen Euro pro Jahr sparen bei Abtrennung sparen. Opposition beklagt Versagen der Regierung.

Die Bundesregierung will Österreichs Strommarkt abkoppeln, um das deutsche Stromnetz zu entlasten. Nach Informationen der Berliner Morgenpost ist die Bundesregierung „bestrebt, an der Grenze zu Österreich ein Engpassmanagement einzuführen“, wie aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervorgeht. Das würde bedeuten, dass Strom nicht wie bisher zu einem Preis in Österreich und Deutschland gehandelt wird, sondern die Preise unterschiedlich ausfallen, sobald die knappen Kapazitäten der Grenzleitungen überschritten werden.

Die Regierung ist demnach zum Alleingang bereit: „Ein einseitiges Vorgehen ist prinzipiell möglich“, heißt es in der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums. Damit würde die Bundesregierung Verhandlungen auf EU-Ebene unterlaufen, die derzeit unter anderem mit Österreich stattfinden. Folge der Trennung wäre, dass die Strompreise im Großhandel in Österreich im Schnitt deutlich steigen und in Deutschland leicht sinken würden. Hohe Wind- und Solarstrommengen drücken hierzulande die Preise häufig in den Keller, dann kauft Österreich besonders viel Strom in Deutschland ein.

Dringend benötigte Leitungen sind frühestens 2025 fertig

Die Stromnetze in Deutschland geraten immer öfter an den Rand der Leistungsfähigkeit. Das hat drei Gründe: Erstens steigt der Anteil erneuerbarer Energien, die bei kräftigem Wind und viel Sonne enorme Strommengen bereitstellen, die inzwischen übers Jahr gerechnet mehr als ein Drittel des Bedarfs decken. Zweitens können die fossilen Kraftwerke, insbesondere die alten Kohlekraftwerke, darauf nicht flexibel genug reagieren. Und drittens kommt der Ausbau der Stromnetze kaum voran. Die drei großen und umstrittenen Nord-Süd-Leitungen, die das Problem entschärfen würden, werden frühestens 2025 fertig, erwarten die Netzbetreiber – auch weil sie nach heftigen Bürgerprotesten nun teuer unter die Erde verlegt werden. Die hohe österreichische Nachfrage nach Billigstrom verschärft das Problem.

Aus den Antworten des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass die deutschen Verbraucher rund 280 Millionen Euro pro Jahr durch die Abkopplung Österreichs sparen würden. Die Netzbetreiber müssen dann viel seltener Kraftwerke im Süden anfordern, um die Unwuchten im Netz auszugleichen. Österreichs Wirtschaft hingegen läuft Sturm gegen die Abkopplung und klagt in Brüssel auch dagegen. Der größte Energiekonzern Verbund schätzt, dass die Mehrkosten für die dortigen Stromkunden 300 Millionen Euro pro Jahr betragen werden.

Grüne greifen Regierung und CSU an und beklagen „Populismus“

Für die grüne Opposition im Bundestag, die die Anfrage gestellt hatte, ist das Vorgehen der Bundesregierung „der energiepolitische Offenbarungseid“, wie Fraktions-Vize Oliver Krischer der Berliner Morgenpost sagte. Statt die europäischen Strommärkte näher zusammenzubringen, treibe die Energiepolitik von Wirtschaftsminsiter Sigmar Gabriel (SPD) sie weiter auseinander. Das entscheidende Problem sei keinesfalls die Energiewende, so Krischer: „Die Große Koalition hat den Netzausbau durch die Seehofer-Blockade um Jahre zurückgeworfen. Die Bundesregierung hat es seit 2011 nicht dank der Blockadepolitik von Seehofer und dem Einknicken von Gabriel nicht einmal geschafft, auch nur einen Meter Leitung zu planen, geschweige denn zu bauen. Angesichts dieses Versagens ist die Einrichtung von zwei Strompreiszonen wohl die unweigerliche Konsequenz, wenn man Marktwirtschaft halbwegs ernst nimmt.“ Für höhere Strompreise in Bayern und Österreich könne sich die stromverbrauchende Industrie bei Horst Seehofer bedanken. „Nicht erst seit dem Brexit ist klar, Populismus wird am Ende teuer“, sagte Krischer.