Wiesbaden. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der verkauften Zigaretten um 15,4 Prozent gesunken. Statistiker sagen, wegen neuer Schockbilder.

Die Einführung von Schockfotos und größeren Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln scheint zu wirken: Im zweiten Quartal 2016 sank die Menge der in Deutschland hergestellten Zigaretten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15,4 Prozent auf 17,2 Milliarden Stück. Das teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit.

Rückläufig waren demnach auch der Absatz von Zigarren und die Menge des versteuerten Feinschnitts zum Selberdrehen. Einzig beim Pfeifentabak gingen die Zahlen – auf vergleichsweise niedrigem Niveau – nach oben: um 50,2 Prozent auf 634 Tonnen.

Noch werden viele alte Schachteln verkauft

Insgesamt wurden im Zeitraum April bis Juni Tabakwaren im Verkaufswert von 5,9 Milliarden Euro versteuert. Das waren 600 Millionen Euro oder 9,1 Prozent weniger als im zweiten Quartal 2015. Die Wiesbadener Statistiker erklären den Rückgang mit strengeren Warnhinweisen, die die neue EU-Tabakrichtlinie seit Mai vorschreibt. Hersteller mussten ihre Produktion umstellen. Seither ist vorgesehen, dass abschreckende Fotos und Warnhinweise zwei Drittel der Verpackung von Zigarettenschachteln bedecken.

Noch im ersten Quartal hatten Tabakunternehmen noch kräftig Ware nach den alten Regelungen produziert, da diese noch ein Jahr lang weiter verkauft werden darf. Die Vorproduktion hatte im ersten Vierteljahr deutlich mehr Geld in die deutsche Staatskasse gespült als ein Jahr zuvor. Von Januar bis Ende März 2016 wurden Tabakwaren im Verkaufswert von rund 6,7 Milliarden Euro versteuert.

Hersteller kritisieren Wettbewerbsnachteile

„Die Umstellung der Maschinen ist technisch eine große Herausforderung“, erklärte der Geschäftsführer des Deutschen Zigarettenverbandes (DZV), Jan Mücke, den Rückgang im zweiten Quartal. Nach Ansicht des Verbandes werden heimische Hersteller bei der Umsetzung der schärferen EU-Vorgaben benachteiligt: Die Konkurrenz etwa in Polen, Tschechien und Ungarn habe längere Übergangsfristen eingeräumt bekommen. „Das sind deutliche Standortvorteile und geht zulasten der deutschen Standorte“, sagte Mücke.

Anfang Mai hatte der Europäische Gerichtshof eine Klage von Polen und mehreren Tabakunternehmen gegen strengere Vorschriften für Tabakprodukte abgelehnt. Es ging unter anderem um das künftige Verbot von Aromen in Zigaretten, Werbebeschränkungen für elektronische Zigaretten sowie die Umsetzung der 2014 ausgehandelten EU-Richtlinie in britisches Recht. Zu den Schockbildern und Warnhinweisen hieß es in der Begründung der Richter, der Gesetzgeber habe „nicht die Grenzen dessen überschritten, was geeignet und erforderlich“ sei. (dpa)